XXXIV EINLEITUNG
und ton sind beide gedichte auf das nächste verwandt, eine genauere
prüfung dieser inneren beschnff"enheit wird entscheiden, ob man beide ge-
dichte demselben dichter zuschreiben dürfe.
Ehe ich aber an diese Untersuchung gehe, wäre noch zu erörtern, in
wie weit der Wolfdietrich selbst das werk eines einzigen dichters sei. dass
dieses gedieht nicht eine Verschmelzung aus verschiedenen ursprünglich selb-
ständigen teilen, sondern nach einem plane entworfen und begonnen sei,
da*s kein folgender abschnitt ohne rückst cht auf die vorhergegangenen ge-
dichtet sein und für sich bestehend gedacht werden könne, ist deutlich, dass
aber avent. XII und das folgende nicht von demselben dichter herrühren,
der zuerst den plan entwarf und bis avent. XII selbst ausführte, hat
Müllenhoff zur gesch. d. Nib. not s. 23 in der kürze überzeugend dargetan,
ausführlicher wird sich der beweis erst geben lassen, nachdem versbau und
Sprachgebrauch der ersten 11 avenfiuren im Zusammenhang dargestellt sind,
fürs erste lasse ich also die fortseizung ganz bei seile und richte die be-
tr achtun g nur auf den ersten teil, es fragt sich, ob dieser von dem dichter
des Ortnit herrühren könne.
Der allgemeine Charakter der dichtung ist sich in beiden werken sehr
gleich, im Ortnit gehört der vorstellungskreis, in dem sich die ganze erfin-
dung bewegt, soweit er nicht unmittelbar aus dem leben gegriffen ist, ganz
der poetischen sagenweit des deutschen heldentums an. nirgends sind die
Vorstellungen dem kreise des spezifisch höfischen rUterlebens entlehnt, noch
weniger ah selbst in den Nibelungen, auch nicht ein einziges mal ist von
turnieren siechen rennen die rede, obgleich bei der hochzeit Ortnits
oder str. 52 wo die jungen knappen swert enphiengon die veranlassung
für einen mhd. dichter stark genug war. das Hesse sich nun wol aus dem
auf enthalt des dichters in Italien erklären, wo das turnierwesen niemals
rechten eingang fand, aber auch nicht einmal die worte hövisch und hö-
vescheit kommen im Ortnit vor; nur einmal er tuot unhovelichen 390,4.
ungefähr denselben begriff auszudrücken gebraucht der dichter an anderen
stellen den ausdruck mit eren tuon (264,3. 418,3), noch häufiger mit
zühten. die sitte die an Ortnits hofe herscht ist nicht die ritterliche sitte
wie sie in jenen tagen bei hofe galt, sondern die schlichtere sitte, die sich
aus alter zeit her in der gangbaren poetischen Vorstellung vom heldentum
lebendig erhalten hatte, der könig und seine hofleute duzen einander; ebenso
der könig und die köw'gin; überhaupt tritt das ihrzen nur in ganz verein-
zelten fällen ein (anm. z. Ortn. 144). in den kriegsscenen herscht aber
nicht mehr die altepische sitte der einzelkämpfe, sondern die ausgebildetere
kriegskunst wie sie der wirklichen sitte jener zeit entspricht, das interesse
haftet nicht mehr so sehr an den ruhmestaten der einzelnen helden als an
der geschickten disposition des fuhrers. mit besonderem behagen verweilt
und ton sind beide gedichte auf das nächste verwandt, eine genauere
prüfung dieser inneren beschnff"enheit wird entscheiden, ob man beide ge-
dichte demselben dichter zuschreiben dürfe.
Ehe ich aber an diese Untersuchung gehe, wäre noch zu erörtern, in
wie weit der Wolfdietrich selbst das werk eines einzigen dichters sei. dass
dieses gedieht nicht eine Verschmelzung aus verschiedenen ursprünglich selb-
ständigen teilen, sondern nach einem plane entworfen und begonnen sei,
da*s kein folgender abschnitt ohne rückst cht auf die vorhergegangenen ge-
dichtet sein und für sich bestehend gedacht werden könne, ist deutlich, dass
aber avent. XII und das folgende nicht von demselben dichter herrühren,
der zuerst den plan entwarf und bis avent. XII selbst ausführte, hat
Müllenhoff zur gesch. d. Nib. not s. 23 in der kürze überzeugend dargetan,
ausführlicher wird sich der beweis erst geben lassen, nachdem versbau und
Sprachgebrauch der ersten 11 avenfiuren im Zusammenhang dargestellt sind,
fürs erste lasse ich also die fortseizung ganz bei seile und richte die be-
tr achtun g nur auf den ersten teil, es fragt sich, ob dieser von dem dichter
des Ortnit herrühren könne.
Der allgemeine Charakter der dichtung ist sich in beiden werken sehr
gleich, im Ortnit gehört der vorstellungskreis, in dem sich die ganze erfin-
dung bewegt, soweit er nicht unmittelbar aus dem leben gegriffen ist, ganz
der poetischen sagenweit des deutschen heldentums an. nirgends sind die
Vorstellungen dem kreise des spezifisch höfischen rUterlebens entlehnt, noch
weniger ah selbst in den Nibelungen, auch nicht ein einziges mal ist von
turnieren siechen rennen die rede, obgleich bei der hochzeit Ortnits
oder str. 52 wo die jungen knappen swert enphiengon die veranlassung
für einen mhd. dichter stark genug war. das Hesse sich nun wol aus dem
auf enthalt des dichters in Italien erklären, wo das turnierwesen niemals
rechten eingang fand, aber auch nicht einmal die worte hövisch und hö-
vescheit kommen im Ortnit vor; nur einmal er tuot unhovelichen 390,4.
ungefähr denselben begriff auszudrücken gebraucht der dichter an anderen
stellen den ausdruck mit eren tuon (264,3. 418,3), noch häufiger mit
zühten. die sitte die an Ortnits hofe herscht ist nicht die ritterliche sitte
wie sie in jenen tagen bei hofe galt, sondern die schlichtere sitte, die sich
aus alter zeit her in der gangbaren poetischen Vorstellung vom heldentum
lebendig erhalten hatte, der könig und seine hofleute duzen einander; ebenso
der könig und die köw'gin; überhaupt tritt das ihrzen nur in ganz verein-
zelten fällen ein (anm. z. Ortn. 144). in den kriegsscenen herscht aber
nicht mehr die altepische sitte der einzelkämpfe, sondern die ausgebildetere
kriegskunst wie sie der wirklichen sitte jener zeit entspricht, das interesse
haftet nicht mehr so sehr an den ruhmestaten der einzelnen helden als an
der geschickten disposition des fuhrers. mit besonderem behagen verweilt