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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Antike Denkmäler (Band 2) — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.655#0005
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i89i-92

TAFEL i. SCHALE DES AISON IM MUSEO ARQUEOLOGICO NACIONAL ZU MADRID.

Die auf Tafel i nach den von mir nachverglichenen Zeich-
nungen des Don Felix Badillo zum ersten Mal veröffentlichte Schale
ist das Prachtstück der recht beträchtlichen und beachtenswerten
Vasensammlung des Musco arqucolögico national zu Madrid
(Nr. ii 265), dessen Vorsteher Don Jose Ramon Melicla Unter-
suchung und Publication in liebenswürdiger Weise gestattete und
unterstützte.

Die Schale stammt aus dem 1874 vom spanischen Staate
erworbenen Kunstnachlasse des Don Jose Marques de Salamanca,
der bereits im Anfang der sechziger Jahre eine Sammlung be-
malter Vasen zusammengebracht hatte, vermutlich in Italien, wo
er Eisenbahnen baute. Vgl. Hübner, Die antiken Bildwerke in
Madrid S. VII.

Bisher ist meines Wissens diese Kylix nur einmal erwähnt
worden und zwar von Don Jose Ramon Melida in seinem Büch-
lein: Sobrc los vasos Griegos, Etruscos c Italo-Gricgos dcl Musco
arqueolögico national (Madrid 1882).

Die Höhe der Schale misst 0,125 m, ihr Durchmesser 0,365 m,
die Henkel mitgemessen 0,46 m. Der Kupferdruck gibt die Bil-
der etwa in 3/4 der wirklichen Gröfse wieder. Die Aufsenbilder
sind durch die von Palmettenornamenten umgebenen Henkel ge-
trennt. Leider gibt unsere Zeichnung die Palmetten nicht wieder.

Aufser Schwarz sind noch Weifs und Dunkelrot verwendet,
jenes nur am Haar der greisen Nymphe Kromyo, wo es ziemlich
gelitten hat, und an den Aufschriften, wo es, meist abgesprungen,
nur matte Stellen in dem sonst glänzend schwarzen Firnis hinter-
lassen hat; wo es erhalten ist, sind die Buchstaben auf unserer
Tafel mit doppelten Linien gezeichnet. Dunkelrot, auf den
schwarzen Grund aufgetragen, ist nur der in unserer Zeichnung
schraffierte Hintergrund der Prokrustes-Scene und der beiden an-
grenzenden Gruppen gefärbt. Obgleich diese Farbe gegenüber für
die Felsen der Skiron-Scene nicht angewandt ist, wird dieser Hin-
tergrund doch wohl als Darstellung bergigen Geländes zu betrachten
sein, wofür auch angeführt werden kann, dafs Diodor IV 29, 5 den
Kampf mit Prokrustes in das Gebirge Korydallos selbst verlegt.

Die schwarze Firnisfarbe ist in verschiedener Stärke verwendet
worden. So sind die Haupthaare dünn bräunlich untermalt, wor-
auf die einzelnen Locken mit vollem Schwarz gesetzt sind, was
in der Zeichnung nicht wiederzugeben war. Bei Sinis und Theseus
ist diese Einzelmalerei des Haupthaars ganz, bei Kerkyon in dem

von den Riemen-umspannten Teil des Kopfs fortgelassen. Ver-
dünnter Firnis ist auch an den in der Zeichnung schraffierten
Stellen des Mäanders im Innenbild angewandt, ferner in der Aus-
malung der Skironklippe und schliefslich auch an Skiron selbst
für die Haarlinie vom Nabel zur Scham. Mehrfach hat der Maler
auch den vollschwarzen Firnis in breiten Pinselstrichen und kräf-
tigen Massen aufgetragen; so an den Gewändern der Athena und
Kromyo und der Chlamys des Theseus, um die Fülle der feinen
Einzelheiten zu besserer Wirkung zu bringen; so an dem Auge
des Stiers, der Keule seines Bändigers, der Schildkröte des
Skiron.

Der Vasenmaler Aison war bisher nicht bekannt. Sein Stil
steht dem der Gigantenschale des Aristophanes und Erginos
(Berlin Nr. 2531) am nächsten.

Die bildlichen Darstellungen gehen, wenn die Arbeit des
Aison nicht das Vorbild ist, auf dieselbe Erfindung zurück wie die
der Londoner Schale: Journal of Hellenic studics vol. II pl. X,
auf der dieselben Scenen aus der Theseussage in denselben Typen,
nur anders angeordnet sich wiederholen.

Aison hat seine Bilder mit folgenden ßeischriften versehen:

I.

Mittelbild: A&jjvaa 9r;aEuc Miviu [seil, xaupoc). Die Säulen sind
im Original stärker verjüngt als auf der Abbildung. Den
Mäander an der Ante des Labyrinthbaus hat schon C.Smith,
Journal of Hellenic siudics II S. 60, mit Verweisung auf
die Münzen von Knossos, als eine Andeutung des
Labyrinths erklärt.

II. Aufsenbilder:

A: 07)]gsu; neben dem Stier
ÖTjCSS'j; [Ipoxpoo.TT)?

0/)cisu; Kcpxucuv (I' und K in Ligatur)
B: ÖTjasus Sxtpeov
0[yj3su?] Kpijjiuü)
QrfiBUi 2ms
Die Inschrift Kpo[iu<u bei der alten Frau in der Scene mit
dem Wildschwein bestätigt Loeschckes Deutung der entsprechen-
den Figur auf der Londoner Schale als alte Ortsnymphe, und
liefert für seine Auffassung der beiden alten Frauen im West-
giebel des Olympischen Zeustempels den ersten urkundlichen Be-
leg. Vgl. Loeschcke, Dorpater Programm 18S7.

Bonn. E. Bethe.

Antike Denkmaeleb 1891—92.
 
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