Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Antike Denkmäler (Band 2) — Berlin, 1908

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.655#0009
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5

sehenen Todten, bekränzt mit einem Kranze von Blättern und
Beeren, auf dem Polster des Kopfendes der Kline und einem
Kissen, das eben, kurz vor der Bestattung (vgl. Lysias gegen
Eratosthenes 18) eine weibliche Figur unterschiebt, welche auf einem
Schemel mit Thierklauen und mit dem anderen Fufse anscheinend
auf dem Untersatze der Kline steht; sie ist mit dem ärmellosen
Chiton bekleidet. Hinter ihr steht, durch den Rand der Platte
abgeschnitten, eine Frau im Mantel; sie senkt den 1. und hebt zu
einem Gestus der Klage den r. Arm.

Zwischen diesem oben unvollständigen r. Ende (3. 4) und
dem nach unten unvollständigen 1. Ende (2) fehlt etwa ein Drittel
der Platte ganz, auf dem neben der Kline klagende Personen,
vorzüglich Frauen dargestellt gewesen sein werden; auch Kinder
kommen auf anderen Prothesis-Darstellungen an dieser Stelle vor,
wie auf einem anscheinend aber nicht zu dieser Platte A (eher
zu E) gehörigen Bruchstücke Taf. 10, 5. Ein Stück des Armes einer
der verlorenen Frauenfiguren ist auf 2 innerhalb des klagend den
Kopf schlagenden r. Armes eines Mannes zu sehen. Der Kopf
dieses Mannes ist ungemein ausdrucksvoll und wie portraitartig;
Haupthaare und Bart sind in Trauer kurz geschoren. Hinter dem
Manne schliefst auch auf dieser Seite eine hohe stehende weib-
liche Figur die Szene ab; wehklagend schlägt sie mit der 1. Hand
auf den Kopf und greift mit der r. Hand an die Wange und
in die gelöst herabhängenden Haarsträhnen.

Auf den Stücken dieser Platte A sind vier Inschriftreste
erhalten:

1. Auf Bruchstück 4 unter der Kline, gemalt, abwärts laufend,
etwa der Schlufs eines weiblichen Namens auf . . Bio (Furtw. .. POO,
deutlich nur . . 100, wenn nicht der erste Strich zu einem Tisch
gehört, dessen übriger Rest links am Rande des Bruches noch
sichtbar ist).

2. Auf Bruchstück 3, eingekratzt, auf der Säule von r. nach 1.
abwärts laufend, abermals der Rest eines Frauennamens ...yapn,
etwa auf die theilweise von der Säule verdeckte Figur bezüglich.

3. Auf Bruchstück 2, gemalt, aber theilweise überkratzt, oben
vor dem Kopfe des Mannes, soweit gemalt 'Ap... oder (Furtw.)
'Apo ..., mit den überkratzten Buchstaben 'Apsa... ('Apsafta;? 'Apso-
[x<uv ?).

4. Auf Bruchstück 2, eingekratzt, links von der Säule über
den Arm der Frau hin, von r. nach 1. abwärts laufend, der An-
fang eines Namens, <I>c.i .. (Furtw. . . MA*).

Platte B. Wehklagende. Taf. 11, 1 = Furtw. i8i2bc.
Das Bruchstück zeigt Reste zweier stehenden Frauen, von
der einen, r., ist ein Theil des Mantels und des r. zum Kopfe
gehobenen Armes, von der anderen auch ein Theil des Gewandes,
aber auch der Kopf und beide Arme erhalten,
der eine auf den Kopf schlagend, der andere
frei gehoben; die Haare hängen in Strähnen,
der Mund ist geöffnet. Das Bruchstück findet
auf Platte A nicht Platz und seine Figuren
weichen in stärkerem Ausdrucke und reicherer
Gewandung von den klagenden Frauen neben
den Wagen (Taf. 9, 1) ab. Ich nehme an,
dass es zu einer Platte gehört, welche nahe
der Prothesis-Platte A Leidtragende darstellte.
Zu derselben Platte mag dann auch das bei-
stehend abgebildete Bruchstück mit r. erhaltenem Rand gehören
(= Furtw. i8i2a = Gazcltc archeol. 1888, S. 227). Es zeigt den
Kopf eines wehklagenden Mannes, der die 1. Hand auf den Kopf
legt, während er die r. klagend (cf. Eurip. Alccst. 783, Sitpplic.
782, '£^(1.'Ap-/. 1888 Taf. 11, Berl. Vasen 1888f. 3999) vielleicht
auch, wie Furtwängler annimmt, den Takt zum Gesänge schla-
gend ausstreckt.

Platte C. Frauenversammlung. Taf. 9, 2 = Furtw.
1813 = Gazette archeol. 1888, Taf. 31 u. S. 229 f. (Collignon).
Vgl. American jonmal 1891, S. 445 (Walter C. Müller).

Die Versammlung wird im Innern des Hauses zu denken
sein. Von acht weiblichen Figuren sitzen fünf in vorderer Reihe,
drei stehen in zweiter Reihe, alle in Unter- und Obergewand
und mit langem, wenn auch etwas verschieden geordnetem Haar.
Von den sitzenden sind zwei, die vordere der drei nach r. ge-
Antike Denkmaeler 1891—92.

wandten und die von den zwei nach 1. gewandten voransitzende,
besonders, offenbar als älter und jünger, als Frau und Mädchen,
charakterisirt. Die erstere, auf lehnenlosem Sessel sitzend, trägt
einen vor der Kleidung aller übrigen durch eingeritzte reiche
Webemuster ausgezeichneten Mantel und hat ihn über den Hinter-
kopf gezogen. Ihre r. Hand liegt am Knie, ihre 1. hebt,, sie zu-
sammengeballt zum Gesichte. Dieser matronalen Gestalt gegen-
über sitzt die andre, ein junges Mädchen, auf einem Stuhle mit
kurzer Rücklehne; aber sie nimmt nur die vordere Hälfte des Sitzes
ein und ihre Füfse erreichen den Boden nicht; mädchenhaft wird
die Tracht des Haares sein, das hinten in einem kleinen Schopf
aufgenommen ist (dass das Haar auch im Nacken herabliegend
gemalt ist, scheint ein Versehen zu sein, nach dem geritzten un-
teren Umrifs des Schopfes zu schliefsen). Diese jugendliche Gestalt
sitzt mehr vornübergebeugt, als die andere; ihre 1. Hand ist seit-
wärts neben dem Schenkel mit dem Arme ganz unter dem Mantel,
während der nackte r. Unterarm zum Gesichte gehoben ist. 1 )ie
drei andern sitzenden weiblichen Figuren gleichen sich mehr, zwei
sitzen auf Klappstühlen mit Rehfüfsen, eine auf einem Stuhle mit
kurzer Rücklehne. Die zwei hinter der matronalen Hauptperson
sitzenden haben das Haar hinten und, in langen Locken, auf die
Schultern herabfallend, während die hinter dem Mädchen Sitzende
(.las Haar nur lang im Nacken hängen hat. Im Hintergrunde über
den Sitzenden sind die drei stehenden Frauen mit einem Knaben
beschäftigt, dessen Haar hinten lang und der kurz bekleidet ist.
Die Eine hält ihn im 1. Arm (vergl. Gerhard A. V. LV. LVI),
indem sie sich nach der Zweiten umblickt, welche beide Arme das
Kind an sich zu nehmen ausstreckt, während che Dritte 1. mit bei-
den Händen den Mantelbausch hebt, um den Kleinen darin auf-
zunehmen.

Anders fasst diesen Vorgang \Y. C. Müller, der ausserdem
in der matronalen Gestalt der einen Sitzenden die Verstorbene
selbst erkennen will, eine Auffassung, welche nicht Stand hält,
wenn unsre Tafeln, wie es scheint und wie schon gesagt, einen
zusammenhängenden Vorgang bilden, in dem die Todte in der
Prothesis dargestellt ist. Es ist dann eine Trauerversammlung
von weiblichen Angehörigen im Hause, wo für das hinterlassene
Kind gesorgt wird; die Platte wird also wohl nahe der Prothesis
platte A und der neben ihr angenommenen Platte B angebracht
gewesen sein.

Platte D. Maulthiergespann. Taf. 10, 4 = Furtw.
1814.

Bruchstück, das r. Ende der Platte in ganzer Höhe, aus vier
Theilen wieder zusammengesetzt. In den Vorderumrissen, nament-
lich in den sehr gut gezeichneten Köpfen, erhalten steht ein Maul-
thierpaar als Gespann nach r. gewandt, während ein aus Raum-
noth klein gerathener bärtiger Mann, nackt, ein Gewandstück
über die 1. Schulter geschlagen, eine weifse Stange zwischen ihnen
mit beiden Händen aufzurichten beschäftigt ist. Das Kopfgeschirr
der Maulthiere besteht in (rothem) Riemenzeug, das in einen
(weifsen) Ring am Maule zusammenläuft, aber ohne Gebifs. Statt
des Joches trägt jedes Thier einen Halsring, entsprechend unserem
sogenannten Kumpengeschirre (vergl. das Maulthiergespann auf
Münzen von Rhegion und Messana, das Vasenbild bei Gerhard
A. V. CCXVII = München 903, das unteritalische Relief bei
Daremberg und Saglio S. 1636, n. 2205 und etwa auch etruskische
Reliefs Mon. deW inst. VIII, Taf. XIX c. Micali, Mon. per servire
etc. Taf. LVII, 1 = Martha, L'art. etrusque Figg. 246. 249). Die
Halsringe mögen die /XiSSvss sein: Plutarch, Coniug. praeeept.
S. 145 B.

Die Stange, welche der Mann vor dem Gespanne aufrichtet,
wird das siljpiYp.«, auch !nzoaxd-zrfi (Plutarch, Coriolan. 24. Photios
53S, 12), auch s-rßi-fi (Lysias, Frgm. 327. Plutarch, Qnacst. Rom.
S. 280 E) oder ober^u: (Pollux X, 157) sein, eine Vorkehrung,
um die Wagendeichsel und das Joch beim Anschirren, aber ge-
wifs auch beim Stillhalten zur Erleichterung der Last des Joches
für tue Zugthiere zu heben und zu stützen. Dem Vorgange sieht
von r. her, durch den Rand der Platte halb abgeschnitten, eine
stehende Frau in Chiton und Mantel zu. Links am Bruche ist im
oberen Felde über den Maulthieren ein Büschel Zweige noch er-
halten.
 
Annotationen