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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Antike Denkmäler (Band 2) — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.655#0045
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hangenen Ruhebetten, vor denen niedrige Bänke (zum Hinaufsteigen)
stehen, liegen je ein bekränzter unbärtiger Mann im Himation
und ein mit Chiton und Himation bekleidetes, reichgeschmücktes
Mädchen. Der Jüngling auf dem ersten Bette (von 1.) spielt die
Lyra, mit den Fingern der Linken leise die Seiten rührend, die
Rechte erhoben, mit der er demnächst dem Instrument kräftigere
Töne entlocken wird; sein Gesicht ist nach rechts, dem Genossen
auf der zweiten Kline zugewandt. Seine Gefährtin begleitet das
Spiel mit zierlichen Bewegungen der Arme und Hände. Der
Jüngling rechts hält mit der Rechten die eben geleerte fufs- und
henkellose Trinkschale empor, als hätte er dem Genossen Beifall
spendend zugetrunken; seine Gefährtin macht eine lebhafte Gebärde
mit den Händen (Beifall klatschend5). Am Fufsende der Kline
steht im Vordergrund eine jugendliche Dienerin, ein gröfseres
Trinkgefäfs in der Rechten haltend; die wie beschwichtigende
Gebärde der vorgestreckten Linken scheint anzudeuten, dafs sie
es dem Jüngling zum Ersatz für die eben geleerte Schale bringt
(oder etwa dessen Gefährtin?). Von dieser überaus charakteristi-
schen Figur hat das Grab seinen Namen erhalten. Eine zweite
dienende Gestalt bemerkt man am Fufsende der Kline zur Linken:
einen nackten bekränzten Knaben, der mit Sieb und Kanne in den
Händen sich nach rechts bewegt. Im Hintergründe sind grofse
Zweige mit Blättern gemalt. Die ganze Scene ist überaus lebendig
und frisch wiedergegeben und alle Einzelheiten mit grofser Sorg-
falt ausgeführt: nicht nur die reichen Verzierungen der Gewänder
und der Schmuck der Frauen, sondern auch das anatomische
Detail an den nackten Teilen der Männer. Von der Mühe, die

der Künstler sich gegeben, zeugen auch die zahlreichen Korrekturen.
I Iervorzuheben ist noch, dafs bei den Frauen die Röte der Wangen
und Lippen wiedergegeben ist.

Genau entsprechend ist die Darstellung auf der weniger gut
erhaltenen Wand B (Mose. 8621, 8622): ebenfalls zwei auf Klinen
gelagerte Paare. Der erste Jüngling (links) streichelt seiner Ge-
fährtin liebkosend das Kinn; das Mädchen auf der zweiten Kline
streckt die Linke aus, wie um die Trinkschale, die der Jüngling
in der Linken hält, in Empfang zu nehmen, während er mit er-
hobener Rechten Staunen oder Abwehr ausdrückt. Ein bedienendes
Mädchen steht links neben der ersten Kline. Auf der Wand C,
die sehr gelitten hat, erkennt man rechts ein Mädchen, links einen
Knaben mit Kanne.

Stilistisch entsprechen die Gemälde dieses Grabes den rot-
figurigen attischen Vasen im Übergang vom strengen zum schönen
Stil. Man fühlt sich an die Meisterschalen des Euphronios und
seiner Genossen erinnert, denen der etruskische Künstler nicht
unwürdig nachgeeifert hat; die Gröfse der Köpfe, namentlich bei
der »pülcella« auffallend, kehrt in den Jugendarbeiten des attischen
Meisters wieder und deutlich erkennt man den von ihm ausge-
gangenen Fortschritt in der Augenbildung (vgl. Hartwig, Meistei-sch.
S. 103 f.). Die Gemälde werden ungefähr um die Mitte des fünften
Jahrhunderts entstanden sein. Von den übrigen Cornetaner Gräbern
stehen ihnen die der tomba del Triclinio, wie auch Brizio erkannt
hat, am nächsten.

Rostock i. M.

G. Körte.

TAFEL 44, 45. VASE DER SAMMLUNG CHIGI.

Die hier zum ersten Male abgebildete Vase befindet sich im
Besitz des Fürsten Don Mario Chigi Albani, in Rom. Seiner be-
reitwilligen, nie versagenden Freundlichkeit verdanke ich die Er-
laubnis zur Publication der Aquarelle, die Herr Enrico Stefani in
Rom mit bewundernswerter Genauigkeit und Sorgfalt angefertigt
hat. Ich habe selbst diese Aquarelle eingehend mit dem Original
verglichen, sodafs nun dieses Meisterwerk antiker Keramik in
durchaus getreuer und fehlerfreier Wiedergabe vorliegt.

Die Vase ist im Jahre 1881 auf einem Gute des Fürsten
Chigi bei Formello, in der Nähe von Veji, gefunden worden,
und zwar in einem alten, schon geplünderten Kammergrabe,
welches nur noch einige Buccherogefäfse und wenige geringe proto-
korinthische Väschen enthielt. Leider war unsre Vase ganz zer-
trümmert und hat nicht vollständig zusammengesetzt werden können,
sodafs gerade einige besonders wichtige Stücke fehlen. In Scherben
sahen sie Ghirardini, der in den Notizie degli Scavi(1882, 291—300)
den ganzen Fund eingehend beschreibt, und Robert, welcher sie
in der Institutssitzung vom 31. März 1882 vorgelegt und dann
im Bulletino delt Institido (1882, 98) kurz behandelt hat. Hier
wie bei einer späteren Erwähnung (Marathonschlacht S. 5) erklärt
er die Vase für spätkorinthisches Fabricat. Seitdem ist sie unbe-
achtet geblieben. Und doch ist dieses nicht nur das schönste

o

archaische Gefäfs, das je in Etrurien gefunden worden ist, sondern
auch das bedeutendste Beispiel der sog. protokorinthischen Gattung.
Ich werde ihre Stellung innerhalb dieser Klasse ausführlich im
Archaeologischen Jahrbuch erörtern, und beschränke mich daher
hier auf eine knappe Beschreibung.

Die Vase ist eine der grofsen schlauchförmigen Kannen, wie sie

bisher nicht in der protokorinthischen, um so häufiger indessen

in der korinthischen Keramik, begegnen. Ihre Höhe beträgt 26,2,

der gröfste Umfang des Bauches 55 cm. Gesamtskizze auf

Antike Denkmaelek 1899-lüul.

Taf. 44. Die Proportionen sind etwas schwer und gedrungen.
Der kurze Hals ist durch einen plastischen Ring vom Leibe ge-
trennt, der breite, dreifach cannelirte Henkel geht oben auf dem
Rande in zwei kleine Rotellen aus.

Der Thon ist warmgelb und nicht sehr fein, also von dem
hellen, grünlichen, feingeschlämmten Thone der gewöhnlichen
protokorinthischen Vasen verschieden; den Malgrund bildet ein
feiner hellgelber Ueberzug. Der Firnis, absichtlich in verschiedenen
Graden der Verdünnung, von tiefschwarz bis hellgelb, verwendet,
ist nicht sehr sorgfältig gebrannt, sodafs er mehrfach ins Grünliche
und Rötliche spielt. Alle diese Farbtöne anzugeben war in der
Reproduction unmöglich, wie denn überhaupt die Farben hier
härter und greller sind als auf dem Originale. Aufser dem
Firnis sind Weifs und Rot angewandt, sowie eine bräunliche Fleisch-
farbe — letztere aber nur an den Kriegern des Schulterstreifens
— wie sie auch auf den milesischen Gefäfsen und den feinsten
protokorinthischen erscheint. Das Fleisch der Frauen wird durch
blofsen Firniscontour angegeben. Sonst sind die sämtlichen Um-
risse, sowie die Innenzeichnung, durch äufserst feine Ritzlinien
gezeichnet, die in der Reproduction durch (leider etwas breit
geratene) ausgesparte Linien wiedergegeben werden. Die Gra-
virung sowohl wie die Abwechslung der Farben bezeugen eine
unübertroffene Feinheit und Sorgfalt, die von der ziemlich plumpen
Form und dem ungleichen Brande des Gefäfses auffallend ab-
stechen. Offenbar war der Maler dem Töpfer weit überlegen.

Der Henkel und der Hals sind innen und aufsen gefirnist.
Innen verziert den Hals ein Fries protokorinthischer Punktrosetten,
der am Henkelansatz durch ein schönes Ornament aus Palmetten
und Lotosblüten unterbrochen, wird; dieses, ebenfalls proto-
korinthischer Stilisirung, endet jederseits auf den Rotellen in einer
grofsen Lotosblüte mit sorgfältig angegebenen Staubfäden. Ein

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