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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Antike Denkmäler (Band 2) — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.655#0051
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50 cm Höhe bestehen. Wir wissen zwar von der Skeuothek
des Philon und von den Propyläen zu Athen, daß dort Holz-
stärken bis zu dreiviertel Meter vorkommen, aber die erwähnten
Hölzer, Firstpfette oder doch die Hauptpfetten der ganzen
Dachkonstruktion, sind solche, bei denen eine Zusammenfügung
aus mehreren Stücken nicht möglich war und die daher aus
einem Stück gebildet sein mußten. Bei dem Epistyl unseres
Baues, wo die Zusammensetzung aus mehreren Hölzern keine
Schwierigkeit bot, lag wohl kein Grund vor, zu so ungewöhnlichen
Holzstärken zu greifen. Beweise hierfür lassen sich freilich nicht
erbringen. — Über dem Epistyl mußte eine Abdeckplatte folgen,
um die Metopen- und Triglyphenplatten sowie die aus Lehmziegeln
bestehende Obermauer aufzunehmen. Diese Abdeckung könnte
aus Holz oder Terrakotta bestanden haben. In der Zeichnung
habe ich das letztere angenommen. Über ihre Form läßt sich
nichts ermitteln; möglich ist es, daß unterhalb der Triglyphen auch
Tropfenregulen vorhanden waren. — Von den Metopen sind
mehrere ganze Stücke erhalten. Jede Platte zeigt an der Oberseite
zwei angeformte Zapfen, die wohl für die Befestigung in einem
oberen Längsholz bestimmt waren. Das bemalte Feld ist von
einem einfarbigen Randstreifen umgeben. Die seitlichen Streifen
griffen vermutlich in Falze der Triglyphen ein. Terrakotta-Tri-
glyphen sind am Tempel nicht gefunden worden, man könnte
also vermuten, daß die Triglyphen aus Holz gebildet waren. Es
sind jedoch an anderer Stelle in Thermos Tontriglyphen eines etwas

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Abb. 7. Tontriglyphe von einem kleineren Bau.

kleineren archaischen Baues zutage gekommen (Abb. 7, vgl. S. 6r.).
Nach dem Muster dieser Stücke habe ich auch für den Apollo-
tempel die Ausführung in dem gleichen Material angenommen, doch
muß die Frage, ob Holz oder Ton verwendet war, offen bleiben.

Die Achsweite des wieder aufgebauten Tempels beträgt i. D.
2,675 m. Wenn wir auf eine Achsweite zwei Metopen, eine ganze
und zwei halbe Triglyphen rechnen, so bleibt bei Ansetzung der
Metope mit 80 cm Breite eine Triglyphenbreite von 53,5 cm. Be-
standen die Triglyphen aus Tonplatten, so werden wir auch bei
diesen eine Zapfenverbindung mit dem oberen Längsholz voraus-
setzen müssen. Die Bemalung bei der aufgefundenen Triglyphe
(Abb. 7) ist sehr einfach: eine dunkle, schwarzbraune Färbung an
den zwischen den Schlitzen verbleibenden Vorderflächen und ein
gleichfarbiger horizontaler Streifen am Triglyphen-Abakus. Die
schrägen Seiten der Schlitze sind mit weißer Farbe gedeckt
(H. 0,35, Gesamtbreite 0,44, Br. der Triglyphe 0,295, D. der
Metope 0,065 m)- Diese Bemalung ist wichtig, sie beweist, daß
man auf die Schattenwirkung der Schlitze keinen Wert legte.
Hätte man dies getan, so hätte man eher die zurückliegenden
Flächen dunkler gemacht, während die tatsächlich angewendete Be-
malung der Schattenwirkung geradezu entgegenarbeitet. Der
Mauerkern hinter dem Triglyphenfries bestand aus Lehmziegeln,
die Balken der Pterondecke werden, durch Längshölzer getragen,
in dieser Mauer ihr Auflager gefunden haben.

Antike Denkmäler 1908.

Wie die Holzstützen der Ringhalle aussahen, können wir
nicht wissen. Diese, vielleicht schwierigste, Frage des alten Holz-
Lehmziegel-Baues, harrt noch ihrer Lösung.

Kann man somit für das Dach des Tempels eine nahezu voll-
ständige Wiederherstellung geben, so bleiben doch für den Aufbau
manche Punkte noch zweifelhaft. Dazu gehört auch die "Frage,
wie die sichtbaren Holzteile behandelt waren. Ich glaube, daß
bei diesem Bau das Holz nur durch Anstrich geschützt war, da
sich von entsprechenden Verkleidungsplatten in Ton nichts gefunden
hat. Das ist kein absoluter Beweis. Immerhin ist es bedeutungs-
voll, daß unter der Fülle von Material kein Stück ist, welches auch
nur mit Wahrscheinlichkeit als Rest einer Verkleidungsplatte be-
zeichnet werden kann,1) und daß namentlich der Gebrauch von
kastenförmigen Terrakotta-Verkleidungen, wie er von Sizilien,
Großgriechenland und Olympia her bekannt ist, durch die Funde
in dem von Korinth stark beeinflußten Thermos nicht belegt wird.
Es ist eben, wie die Auffindung der Tongeisa lehrt, eine andere
Art von Dachschmuck, die hier als üblich erscheint. Jene Kasten-
stücke kennen wir, soweit die Verwendung sich nachweisen läßt,
bisher nur als Verkleidung für Steingeisa, vermutungsweise werden
einzelne Stücke auch als Verkleidung vortretender hölzerner
Sparrenköpfe angesehen, wie denn die Eigenart dieser Konstruktion
überhaupt auf Bedingungen des Holzbaues zurückzuführen ist. Hier
aber, beim Apollotempel in Thermos, gibt es weder Steingeisa
noch vortretende Sparren, sondern das Hauptgesims wird durch
Geisa aus Ton gebildet. Auch für andere Bauten in Thermos
haben sich Reste solcher Geisa gefunden. Es bleibt also vorläufig
dabei, daß der Gebrauch der kastenförmigen Verkleidungen für
das eigentliche Griechenland noch nicht erwiesen ist.

Zu der Zeichnung auf Tafel 49, 2 bemerke ich noch, daß
ich das Holzwerk durch eingezeichnete Maserung, die Lehmziegel
sowie den Strohlehm der Dachdeckung durch dichte Punktierung
kenntlich eemacht habe. Die durchschnittenen Teile sind, um das
Bild klarer zu machen, nur zum Teil mit gezackten, meist mit ge-
raden Linien umrahmt, als ob sie mit der Säge durchschnitten

Georg Kawerau.

waren.

Zu dem Grundriß und der Rekonstruktion des Gebälkes auf
Tafel 49 sind auf den Tafeln 50—52 A sechs einigermaßen vollständig
erhaltene Metopen und Metopenfragmente des Apollontempels in
Thermos, sowie vier Bruchstücke eines kleineren archaischen Baues
wiedergegeben, auf Tafel 53 und 53 A einige typische Antefixe.
Den farbigen Darstellungen liegen vortreffliche Aquarelle zugrunde,
die E. Gillieron nach den im Nationalmuseum zu Athen befind-
lichen Originalen hergestellt hat (vgl. die schon zitierten Berichte
in der 'Ecprj/uiglg äyxctioloyixrj 1900 S. 161—212, Tafel 10—n;
1903 S. 71—96 Tafel 2—6 und Records of the Past 1902
S. 172 —181).

2. DER TEMPEL.

Daß der Tempel im heiligen Bezirk von Thermos dem Apollon
geweiht war, bezeugt Polybios XI 7,2. Auch die bei den Aus-
grabungen in Thermos (seit 1897) zutage gekommenen In-
schriften (vgl. 'Ecpr^u. kqx- 1905 S. 58 Inschr. no. 2 Zeile 9) er-
wähnen nur das Heiligtum des Apollon daselbst als ihren Auf-
stellungsort. Tatsächlich sind nun zwei dicht nebeneinander
liegende Tempel ausgegraben worden (vgl. die oben zitierte Tafel
zu 'E(pr)/Li. aQX- 1900 S. 175 und besser Records of the Past
S. 172 füg. 2). Der eine ist aber sehr klein und kann kaum der
Haupttempel des Bezirks gewesen sein; die Reste geben keinen
Anhalt zu seiner Benennung oder Datierung; er wird wahrscheinlich
zu den nach der Zerstörung vom J. 218 oder 206 wiederherge-
stellten älteren Bauten gehören ffi^,". äyx- IQoo S. 172—174).
Es kann also nur der große Tempel als der dem Apollon geweihte
in Betracht kommen; von ihm stammen die Metopen und Antefixe,
in seiner Cella ist die mit zwei Inschriften versehene bronzene

') Eine Ausnahme bildet ein schweres, dickwandiges Fragment eines profilierten Ver-
kleidungsstucks, das Dörpfeld als Antencapitell erklärt, und das nach seinen mächtigen Ab-
messungen dann nur zum Tempel gehören könnte, innerhalb dessen es auch gefunden wurde.
Doch würde ich es eher für ein Geisonfragment eines noch älteren Baues ansehen, trotzdem
es noch viel höher ist (0,53 m) als das"Gcison unseres Tempels.

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