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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Antike Denkmäler (Band 3) — Berlin, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.1792#0049
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43

dem zu C i zitierten Verzeichnis, Nr. 20, nach derselben Auf-
nahme etwas größer von Brückner in den Jahresheften XIII 1910,
59 mit Abb. 39a; nach gleicher Vorlage hier Textbild 8, auf
unserer Tafel in neuer Aufnahme Frankensteins.

H. 0,413, Hr. 0,44, D. am Reliefrahmen o,oS—9, D. der
Grundplatte links 0,043, rechts 0,034 m- Rückseite grob ge-
spitzt, die untere und die Seitenfläche mit derbem Zahneisen be-
arbeitet. An der unteren Flache 0,15 von der Ecke eine 0,035
breite Einarbeitung für die aufgebogene Nase und den Anfang
des wagrechten Teils eines Wandhakens, an der Seite 0,25 ober-
halb der Ecke (vermutlich einst in der Mitte) ein rundes Stiftloch,
auch dieses offenbar von der Befestigung an der Wand herrührend.
Der Marmor feinkörnig. Saubere Arbeit.

Wie der Jüngling des Sarkophags (Textbild 4) ist hier das
Madchen in den Maßen genau nachgebildet und nur unwesentlich
verändert. Auf der abgesonderten Marmortafel konnte die Gestalt
nicht, wie in dem unten vom Epistyl umrahmten Fries, über die
landschaftliche Reliefplinthe hinabgreifen, sondern mußte auf die
(grundwärts abgeschrägte) Rahmenleiste gesetzt werden. An
Stelle jenes Bodenstreifens trat unter der Säule eine Basis, aus
ansteigendem Kyma und starker Platte zusammengefügt. Das
Kapitell glaubte der späte Künstler schärfer absetzen zu müssen.
Die Unebenheit im linken Umriß des Schaftes, die am Original
das Bein der nahen Figur verdeckte, glich er ab. Dem Schafte
gab er halbzylindrische Relieferhebung, etwa 0,01 mehr als dort.
Dies zwang ihn aber, die von hinten vorgreifende Hand um ein
Stück des Unterarmes vorzuschuhen, obgleich dieser nun wie
hemmgebrochen aussieht. Beide Hände sind, auch wieder weil
durch keine Nachbargestalt verdeckt, mehr ins Einzelne durchge-
führt, aber recht mangelhaft. Am Gewände des Weibes hat der
Kopist, soweit der Erhaltungszustand des Urbildes den Vergleich
erlaubt, die Faltengebung etwas abgeschwächt, z. T. sogar ver-
einfacht, gewiß am rechten Unterschenkel, während der Ober-
schenkel eher ein Fältchen mehr bekam. Doch verstärkte er im
ganzen die Körperformen, auch wo sie sich unverhüllt zeigen; so
setzt der Glutäus schärfer ab. Der Zipfel des Überschlags und
der untere vor dem linken Fuß sind um die runden Streckge-
wichte bereichert. So auch die Chlamys des Mannes, die allein
am Grund und der Rahmenschräge erhalten geblieben ist. Sie
wurde auch im Hauptumriß und der Faltengebung erheblich ab-
geändert und nicht verschönert, aber kaum aus Leichtsinn oder
Bequemlichkeit, sondern um sie der isolierten und anders um-
rahmten Gruppe besser anzupassen. Der nackte Heidenleib
wurde von einer frommen Hand sorgsam abgeschlagen und weg-
gespitzt. Doch sind die Umrisse der am Grunde haftenden Teile
und ein Rest des linken Fußes kenntlich geblieben. Jene ver-
raten in ihren Maßen abermals gesteigerte Fülle. Am Bruche
links der leere Streifen Grundes lehrt, daß nach einer Lücke
Weiteres folgte, vermutlich eine andere Gruppe unseres Frieses
oder noch mehr. Dem entspricht auch die Stelle, die an der
Unterfläche die erwähnte Wandhakenbettung einnimmt: mindestens
noch eine solche muß im fehlenden Teil vorhanden gewesen sein.

Damit ist erschöpft, was uns vom Friese des Ilissostempels
in Original und Nachbildung sicher erhalten ist und nur noch
zwei unsichere Posten beider Arten bleiben zu verzeichnen.

Stuart und Revett benützten zu ihrer oben als Textbild 1
wiedergegebenen Herstellung des Gebälks ein athenisches Relief-
bruchstück, das nach seinen Maßen in die Lücke paßte, ohne die
Zugehörigkeit bestimmt zu behaupten. Da der Marmor, soweit
meine Umschau bis jetzt reicht, verschollen ist, bleiben wir noch
mehr im ungewissen. Denn der Stich verrät begreiflicherweise
nicht, was von den gezeichneten Figuren er dem Bruchstück ent-
nimmt und was er hinzutut. Links schreitet ein nacktes Bübchen
lebhaft vor einer geschlossenen Gruppe dreier Manner in falten-
reichen Mänteln. Der letzte, auch mit Chiton bekleidet, wendet

sich um und zeigt auf ein zweites
Knäblein hinab. Dieses steht
vor einem Paar, wohl seinen
Eltern, dicht bei der voran-
tretenden Mutter, die ihm die
linke Hand auf den Kopf zu
legen scheint, während ihr Ge-
sicht nach dem Manne gewandt
ist, nach dem der Knabe seinen
linken Arm erhebt. Das alles
erinnert zunächst an die Fest-
Abb, 8. lirucbMück c mh Rpheso*. züge der Ära Pacis. Doch

klingen ähnliche Motive schon
in griechischen, wenn auch nicht so frühen Reliefen an: auf der
in diesen Denkmalern I 33 veröffentlichten Grabstele zu Agina
legt ein Jüngling seinem Burschen die Hand auf den Kopf, und ähn-
lich tut wohl die ältere Schwester der jüngeren im Aufmarsch
einer Familie zu Tegea (Le Bas-Reinach, Monuments figures 103, 2).
Gerade der entsprechende Junge bei Stuart erweist sich auch da-
durch als wesentlich echt, daß sein Körper lange nicht so kind-
liche Verhaltnisse zeigt wie der voranschreitende Putto, der un-
möglich einem Werke des 5. Jahrhunderts nachgezeichnet sein
kann. Wie weit freilich die Ergänzung reicht, wird sich schwer
auch nur vermuten lassen.

Der Sarg von Torre Nova hat uns auf seiner im Text-
bild 4 wiedergegebenen Schmalseite eine genaue Wiedergabe des
Sitzenden rechts von der Friesplatte B geliefert. So liegt der
Gedanke nahe, den schon der Entdecker dieser Übereinstimmung,
Hauser, anzudeuten scheint (Römische Mitteilungen 1910, 281),
daß auch andere Gestalten an den drei Nebenseiten des Mäd-
chensarges, die er insgesamt einleuchtend als Hadesbewohner
auffaßt, derselben Herkunft sein könnten. Aber über die bloße
Möglichkeit hinauszukommen sehe ich keinen Weg.

Die Deutung der Reliefdarstellungen wird durch ihre ein-
gangs erwiesene Herkunft vom Tempel am Ilissos nicht gefördert,
so lange dessen Gottheit ganz unsicher bleibt (S. 36 links). Den
ersten Versuch, alle erhaltenen Friesplatten aus einer Sage, der
von Theseus, zu erklären, unternahm Brückner, aber durchweg
auf Grund von Verkennungen oder Mißdeutungen des noch wahr-
nehmbaren Bildbestandes, wovon einige Proben auch in den ge-
gebenen Einzelbeschreibungen zur Sprache kamen. Dasselbe gilt
von Viscontis und Cavedonis (nur in dem schlechten Licht auf
Schloß Catajo durch Conze und Heydemann gebilligten) Beziehung
der Platte E auf die Einnahme Trojas, die schon R. von Schneider
in seinem Ephesos-Katalog S. 20 treffend abwies. Dort hat er
auch seinen eigenen Vorschlag (Jahrbuch 1903, 93), die Verfol-
gung C als die der Leukippostöchter anzusehen, unerwähnt ge-
lassen. Mit Recht, denn das Relief zeigt nichts für dieses Ereig-
nis, wie es die reife Kunst darstellte, wirklich Bezeichnendes, ja
sogar widerstrebende Einzelheiten. Auch spricht alles dafür, die
Verfolgung und Entführung auf D und E in Zusammenhang zu
bringen, was die beiden Platten gemeinsame Stelle des Dübellochs
bestätigt (S. 38 links). Übrig bleibt somit nur der auf dem anfangs
erwähnten Winckelmannsblatt kurz angedeutete Erklärungsversuch
aus der attischen Pelasgersage (Herodot 6, 137, Philochoros Frg.
5, 6 Müller, Vasenbild Strena Heibig. 167 und Festgabe für
Blümner 96). Er scheint mir auch heute noch ernste Erwägung
zu verdienen, doch diese bleibt besser dem angekündigten Jahr-
buchaufsatz vorbehalten.

Dort soll auch der Versuch unternommen werden, den un-
zweifelhaften und kaum bezweifelten Ansatz der Reliefe in die
perikleische Zeit, den ihre Zuweisung an den Iüssostenipel be-
stätigt, durch Formenvergleichung genauer zu bestimmen.

Leipzig, März 1916.

Franz Studniczka.

Antikf De-nkuaiik 1914.
 
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