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fand der letztere, der Erbauer, an der 5eite des Vatcrs seine
ewige Ruhestätte. Diese Airche oder Aapelle, in dcr nach den
uns überkommenen Nachrichten außer jenen beiden fürstlichen
personen noch füns andere bcigesetzt wurden, und die erst im Iahrc
s053 durch Leo IX ;u Lhren der hl. Mutter Maria dic N)cihe
erhielt, muß von ganz besonderer jDracht gewesen sein, da sie
die Bezeichnung bunte Airche, ecclosia varia oder »fehe Aapelle«
wie sie noch im späteren Rkittelalter genannt wird, erhielt. N)ir
werden weiter unten noch kennen lernen, wie gerade diese Be-
zeichnung zu Mißverständnissen hinsichtlich der uns hier haupt-
sächlich beschäftigenden Thorhalle der fränkischen Alosterkirche
Veranlassung gegeben hat.

Im Iahre sOßO wurde diese ganze kjerrlichkeit ein Raub
der Flammen. Am Tage des Grdensstifters, des hl. Benedikt,
anr 2l. Nkärz, erfolgte das Nnglück. Das zahlreich versammelte
Volk unterhielt sich noch gegen Abend mit Tssen, Trinken und
Spielen. Unter letzteren bereiteten auch am Rande angezündetc
und in die §uft geworfene 5cheiben durch ihre Bewegungen
besondere Freude. Das Unglück wollte, daß eine derselben
zwischen den Dachziegeln
und trockenen 5parren
hängen blieb und bald
die ganze Uirche mit-
sammt den anstoßenden
Gebäuden in Llammen ge-
rieth, und daß in wenigen
Stunden vernichtet war,
was Iahrhunderte kserr-
liches gebaut und gestiftet
hatten. Nicht einmal die
Glocken konnten geläutet
werden, da der Thurm,
in dem sie hingen, sehr
bald von den Aammen
ergrisfen wurde und die
5eile verbrannten. Da
aber nach dreitägigem
Lasten der Ukönche und
darauf solgendem Nach-
suchen die Gebeine des
hl. Nazarius unversehrt
aufgefunden wurden, so
ließ die Gpferwilligkeit
nicht nach, im Gegentheil legte das gerade versammelte und von
Neuem begeisterte Bolk, was es Aostbares zur !)and hatte, so-
fort aus die Cade des bseiligen nieder; so gelangte das Aloster
bald zu neuen llNitteln, um Trsatz sür das Verlorene zu schaffen.
2Nan erbaute die neue Airche möglichst rasch wieder, theils aus
den Gpfergaben, theils aus den Resten des abgebrannten Gottes-
hauses, aber, setzt der Thronist hinzu, wenn auch nicht in jener
einstigen wunderbaren Anmuth und Schönheit, so doch so, wie
das Bermögen dazu vorhanden war und die Tile es gestattete.
Die Weihe dieser zweiten bjauptkirche erfolgte erst im Iahre s s50,
und gleich der schönen Vorgängerin sah auch der vollendete Neu-
bau bei dieser Feierlichkeit eine Anzahl der bedeutendsten Airchen-
fürsten in seinen Nlauern. Der Abt Diemo (s l25—l s59) hatte
den Trzbischof Adalbert von )Nainz, die Bischöse Bugo
von N)orms, Bruno von Ltraßburg, Udalrich von
Tonstanz und Aonrad von Thur zur Hestlichkeit geladen.

') vgl. bei tvagner u. Lchneider a. a. M. Bd. Il, S. 507 den Nach-
trag von Archivdirektor Dr. Schenk zn Schweinsberg, wonach noch am
t. Nkai t320 ein lvormser Lhepaar tz'2 Nkorgen lvingert z» lsemsbach »der
Lapellen gnant vehenkirchen« auf den Todesfall eines der Lhegatten
zuwendet, damit der Lustos zu Lorsch aus dessen Lrtrage eine lvachskerze
machen lasse.

Von diesem romanischen Baue sind noch drei Ioche des
Mittelschisfes mit wenigem Mauerwerk darüber erhalten, die uns
einen Bcgriff von seinem Tharakter zu geben vermögen. N)ir
werdcn in einem besonderen Abschnitte auf ihn zu sprechen
kontmen.

5eit deni ersten großen Brande hat das Aloster sich nicht
wieder zu der alten bjerrlichkeit aufschwingen können, wenn es
auch nicht immer an Aebten gefehlt hat, welchen das N)ohl des
Alosters mehr als ihr eigenes am kjerzen lag. Aonrad, der
letzte Abt, wurde wegen seiner schlechten Verwaltung des Aloster-
gutes gegen s226 abgesetzt. Nach mehrfachen Lchwankungen in
der Zugehörigkeit des Alosters gelangte dieses am s s. April s252
durch Beschluß des Aaisers ^riedrich in den Besitz des Nlainzcr
Bischosstuhles, nachdem auch der jDabst Gregor IX dem Trzbischose
die volle Berwaltung dcr Abtei übertragen hatte. Diescr Besitz-
wechsel ging nicht ohne gewaltsame Ttorungen vor sich. Die
Benediktiner mußten ihren alten 5itz zunächst den Tisterziensern
räumen; diese wurden aber bald von jenen wieder verdrängt.
Tin erzbischöflicher Befehl vertrieb die Benediktiner von Neuem,

die nun nach einer Unter-
suchung durch päbstliche
Aommissäre zwar noch-
mals wiederkehren durften,
aber wegen der Belästi-
gungen, denen sie ausge-
setzt waren, bald das Leld
für immer räumten. Der
Trzbischos Ägfried von
Nkainz übergab nun das
Aloster den j)raeinonstra-
tensern, welche bis zur Re-
sormationszeit und seiner
Aufhebung durch die
psälzer Aurfürsten,') an
welche es sammt der Berg-
straße seit verpsändet
war, dort verblieben. Im
Iahre s625 nahm Nlainz
wiederBesitz von derBerg-
straße und somit auch von
Lorsch. Die Bersuche der
Praemonstratenser, wieder
in den Besitz ihrer Propstei
zn gelangen, waren aber vergeblich und Niainz verwaltete das
Aloster als sein Tigenthum bis zu dessen Tinverleibung in das
heutige Großherzogthum Hessen.

Nachdem die j)raemonstratenser unter Leitung eines j)robstes
sich im Aloster Lorsch festgesetzt hatten, mußte zuerst die bei den
N)irren vernachlässigte bjauptkirche wiederhergestellt werden. 5ie
erhielt eine dritte und letzte N)eihe im Iahre s266. Im Iahre
s558 schlug der Blitz in den Thurm; aus dieser Aeit stammt
wohl das noch vorhandene gothische j)ortal. Der dreißigjährige
Arieg aber äscherte die ljauptkirche des Alosters zum zweiten
Nlale ein: sie wurde im Aahre I62l bei einer Besetzung durch
spanische Truppen zum größten Theil durch Brand zerstört.
Ahre 5eitenschiffe erhoben sich niemals wieder, und von den sechs
Ncittelschiffjochen nebst dem polygonen Thore, die wir noch aus
der Nlerian'schen Abbildung von s6^5 sehen, steht heute nur
noch die kleinere ljälfte, jene drei vordersten Ioche (Lig. 5),
zwar gestützt durch nnschöne mächtige Ttrebepseiler an der N)est-
seitc, aber dennoch baufällig und dem profanen Zwecke einer
Tabaksschcunc dienend. Auch die übrigen Alosterbantcn gingen
bei diesem letzten Brande gräßtentheils zu Grunde.

tz «Zcgcu ;5es.


ffig. 2. Ausicht der drei Ioche der romauischen Airä'e.

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