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sich, indem sie, freilich nicht ohne Irrthnin, die Aeit ihrer
Vollendung angicbt.') Hierauf heißt es weiter i »ihr Bau war
nach dem Vorbilde der Alten reichlich schön und weit, mit
hölzerner Decke oben gcschlossen: die Anlage des Alosters nämlich
war unter Nachahmung dcr Alt e n zwar weiträumig, aber
doch von ziemlicb einfacher Bauart, so zwar, daß sie nicht sowohl
zu frohcr ^eier, sondern für das klöstcrliche Gelöbniß hinlänglich
geeignet erschien; auch die durch den Alosterbezirk zerstreuten
Mohnungen der Brüdcr waren nach der Gewohnheit jcner Zeit
reichlich schön und wohl geordnet.« An dieser ächilderung sind
zwei Theile zu unterscheiden: der erste 5atz hat wiederum die
Airche, das Aiünster, im Auge, die der im zweiten 5atz berührten
Gesammtanlage an Iveitränmigkeit entspricht. Der IBohnungen
der Bkönche wird alsdann noch besonders gedacht. N)ir sinden
serner in jenen beidcn 5ätzen zwei sich entsprechende Bezcichnungen
dcs 5tils, in dem das Aloster erbaut war, bei dercn Niederschreiben
der ächriststeller an die Ausstattung des wichtigsten Gebäudes
der Anlage, d. h. der Airche, gedacht hat; denn die Bauten für
die Alostcrinsassen warcn, wie wir später crfahren, nur noth-
dürstig aus bsolz crrichtet worden, so daß sie schon Abt Aichbod
(78H—80^) durch bessere ersetzen mußte. Daß diese Auffassung
die richtige ist, bcweist auch die Hortsetznng des Berichtes, in
welcher die Airche als templum namentlich erwähnt wird. Diese
beiden sich entsprechenden Bezcichnungen lauten: more .mtiguvrmu
— ImitLtioue veterum, von denen erstere sich grammatisch aus
die strueturg. mougsterü, die Bauweise des Atünsters, die zweite
aus die clispositio elaustri, den trageplan des Alosters, bezieht.
!Vir würden den Änn des Gcsagten heutzutage so ausdrücken,
daß das Aloster im 5tile und unter Nachahmung der Alten
crbaut gewesen sei. N)ir lcrnen also in dem Alostcrbau eine
mit Absicht und Bewußtsein hervorgerufenc Nachahmung kennen!
Vorbilder für die Gesammtanlage des Alosters konnte bloß die
vorausgegangene oder altchristliche Baukunst bieten, ^) solche für die
künstlerische Ausstattung die der altchristlichen glcichsalls eigcnthüm-
liche spätrömische Lormenüberlieferung. Trstere erkennen wir
aus's unzweideutigste in der geschilderten Airchenanlage wieder,
letztere aber in der Formcnsprache, welche die Borhallc (Lig. s2)
nock heute in so bewunderungswürdiger Trhaltung unseren Blicken
zeigt; ja, würde uns nicht von dem Ztile des Nlosters im All-
gemeinen geschrieben, so müßten wir meinen, die öchilderung
des 5tiles bezöge sich ausdrücklich bloß aus die erhaltene Bor-
hallc. U)ir werden somit dieses kleine U)erk als einen beredten
Aeugen des stiles der ältesten, also fränkischen Airche anzusehen
haben, wcnn cinerseits nicht besondere gewichtige Gründe hier-
gegen sprechen, andererseits auch noch konstruktive und stilistische
Gigenthümlichkeiten, die als unanfechtbare Thatsachen gelten dürfen,
diese Annahme bestätigen. Lctztere sind in der That vorhanden und
wichtig genug, daß wir sie in besonderen Be^rachtungen würdigen;
die Aweifel an der Zugehörigkeit der Thorhalle zur ältesten Nirche
aber müssen wir schon an dieser chtclle in Erwägung zichen.

Diese Aweifel haben wir oben bereits kennen gelernt, als
wir die sich widersprechenden Bestimmungen hervorhoben, welche
die Aunsthistoriker aus dem eigenthümlichcn Lharakter des Bau-
wcrkes mit größercr oder geringerer U)ahrscheinlichkeit folgern
zu müssen geglaubt habcn. Arre geführt hat vorzugsweise die
Nachricht von der Trbauung der sog. ecclesia varie., der bunten
Airche, als Begräbnißkapcllc Ludwig's des Dcutschen, wclche
trudwig der Aüngere sür seinen Batcr in §orsch 876—882
errichten ließ. Ts lag nahe, den Ausdruck »ecclosia varia«,
bunte Airche«, in Beziehung zu dcr Thorhalle zu bringen, da
deren äußcrc Trscheinung einen uns auffallenden ^arbenwechsel

Dio tveihe fand 77-^ nicht 777 statt; letztere Zalst ist a»s dcr ksand-
schrift dcs Loclex I.aurisli. abgeschrieben, wo sich derselbe jZrrthum befindet.

vgl. meiter unten nntcr »vcrwandtes« die Schilderung dcr Kloster-
anlage Farfa.

zur Schau trägt, und wir selbst haben srüher keinen Anstand
gcnommen, zum mindesten für einc Beziehung des merkwürdigen
Baucs zu jener Airche einzutreten.') Allein je mehr Licht unsere
Bcobachtungen in das Dunkel hincintrugen, welches den Gegen-
stand umhüllte, um so gewisscr wurde cs, daß unsere Bermuthung
aus einer Boraussetzung beruhte, dic ihren tiefern Grund in der
geringen positiven Aenntniß hatte, welche wir früher von der
sränkischen Aunst besaßen. Trst eine gründliche Bergleichung nicht
bloß der noch vorhandenen architektonischen U)erke merowingischer
Aeit, sondern insbesondere der ihr angehörigen zahlreichen Grab-
funde und dic hierdurch gewonnene Tinsicht in das Grundwesen
der merowingischen Aunstweise zwangen mit Nothwendigkeit
dazu, von jenem Ausdruck, dessen unanfechtbar zu bcstimmende
Bedeutung aus keiner einzigen Urkundc gefolgert werden kann,")
abzusehen und sowohl das U)erk wie die vorhandenen Urkunden
nnbefangrn zu prüfen. Die Thorhalle selber kann nicmals als
Grabkirchc gedient haben, wie wir dieses schon oben nachgewiesen
haben, schon der geringen Grundfläche nach nicht für jene sicben ^)

vgl. die Architektenik des verfassers. Bd. II. Abthl. p a. a. M.

2) Die Bezeichmiiig ecclesia varia kami sich entweder auf das Innere oder
das Aeußcre, oder auch auf beidcs zualeich beziehen. Sicherlich war abcr das
Iniicrc der ecclesia varia reicher ausgcstattet, als dieses r>on der Thorhalle Iiach'
gewiese» werden kann, die bloß cinen schlichten verputz iin Innern gehabt hat.

2) In dor ecclesia varia wnrden nach nrkiindlichcn Bachrichten beigesetzt:
Ludwig der Dcutsche, Ludmig der Iüngere, lsugo, des letzteren Sohn, Graf lvernher,
Lngilhelin und dessen Frau Moda und Runigunde, Geinahlin Uönig Konrad's.

Die Annahnie, das; die Beisetzung dieser fürstlichen Personen in der Thor-
halle iiber der Lrde erfolgt sei, ist nicht bloß des ungenügenden Raumes wegen,
sondern auch wegen der bci den Franken üblichen Begrabnißart abzuweisen. Die
Beisetzung erfolgte stets unter der Lrde, und da nicht der geringste Anhaltspunkt
für ein Abweichen oon dieser Art der Bestattung bei den oben vernierkten
Persönlichkeiten vorliegt, so ist anch hier dieselbe als thatsächliche sestzuhalten.

Die verfechter der Jdentität der Thorhalle nnt dcr ecclcsiu varia be-
haupten, daß sich nur r>on vier Personen die Begräbnißstätten in der ecclesia
v-aria niit Sicherheit nachweisen ließen, und snchen hiermit Sen Linwand des
allzu beschränkten Raumes der Thorhalle zn eutkrästeu. Allein diese Behauptuug
hat ffalk bereits widerlegt, der 2. rc. seines lverkes die Stellen, melche
die bnnte Airche betreffen, zusammengestellt hat. Mit Recht führt er aber
für dic llnhaltbarkeit jcner Identität noch an, daß die Airche außor jenen
Begräbnißplätzen auch mehrere Altärc gehabt haben müsse, und zwar mindestens
drei, da Papst Leo, der die Airchc weihte, vcrbot, daß fremde Priester all
meäium aliare eelebrierten.

Die Begräbnißkirche Ludwig's des Deutschen murde, wie ffalk mit
Recht betont, von seinem Sohne Ludwig dem Iüngern erbaut — I.uclmvico,
lilio l-u-loevici, cleluncto et juxtu patrem gpucl Rauresbam in ecclesiu, guue
clicitur vuria, cpuun ipse Iiujus rsi grutia construxerut, sepulto elc. heißt es
im Oocl. I-Iiuresli. I. s. 82; — jedoch hatte bereits sein vater Ludmig, der
für Lorsch eine besondere vorliebe hatte, diesen Grt als den seiner Beisetznng
l'estimmt. Sicrüber berichtet der Lorscher Loclex an zwci Stellen: S.
Ilujus l.otliurii Iruter I.uäoivicus, guem supru lliximus in clivisione imperii
orientuleni Rrancüim sortitum, justus, pius, misericors ac circa ecclesias I)ei
immsns.'ie deniAnitutis extitit, uncle et I.auresd!imensi monusterio plurimir
deneücia conlerens, idiciem etirim sepeliri se moriens pruecepit — und Ro. 5>2
S. Y5, wo Uöiiig Arinilf die Absicht Lndwig's, in Lorsch bcgraben zn merdon,
bestätigt: cpiocl smonasterium I.unresli.'iiu clictum) donae memoriue Illucloivicus
rex, Lvus viclelicet noster, niultri iiu^mentutione cumuliivit, iitcpie pr.ne ceteris
clilexit, idiciem sidi locum sepulturue clelivens.

lvo dio ecclcsiu v-iria innerhalb des Alostcrbezirkes gelegen, ist nicht
einmal vermuthnngsweise anzugeben. lllan hat ans lllosaiksteinchen, die ge-
sunden wnrden, auf einen jdlatz neben dem südlichon Vuerschiffe der lsauptkirche
geschlossen. Vl> letzteres überhaupt vorhandcn gewesen ist, konnten wir nicht
foftstellcn, und ans den gcnannteii Fundeii allein auf die Lage der ecclesia
vuria ZII schließcn, erscheint uns bcdenklich. Beachtenswerth aber ist der lsin-
weis von Dr. Schnm auf die erst 1002 erfolgte lvcihe der Marienkapelle
dnrch Papst Leo IX. »Line Begräbnißstätte«, sagte er gelegentlich einer öffent-
lichcn Discnssion übor diesen Gegenstand (vgl. Lorrespondenzbl. dcs Gesammt-
vereins re. ;87Z. Ro. -i), »das dürfe man sicher annehmen, habe entweder
selbst geweiht sein, oder doch in nnmittelbarer verbindung mit eiuem geweihten
Raume stehen müssen. . . So dürsten wir die ecclesia variu gewiß nirgends
anders als in diroktcr verbiiidnng mit der Airche, also nicht in der Thorhalle
suchen.« Daß eine offene ksalle an sich nicht zu einer Grab k a p e l l e geeignet
sei, daß der Thorhalle insbesondere die für ein kirchliches Gebäude erforder-
liche Lhoranlage und Vrientierung fehlt, sei hiermit nur miederholt.
 
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