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sie aufgesetzt sind, ausgefallen und waren weiter nach hinten,
als erforderlich war, mit Blattwerk und sogar mit einer
oberen mittleren j?almette versehen, wie an der Vorderseite,
also weit über die ksälfte hinaus bearbeitet. Beim Ver-
setzen wurden die überflüssigen Blätter oder Blatttheile abge-
schlagen oder es wurden die angrenzenden 5teine so behauen,
daß das Akanthusblatt in sie eingelassen werden konnte. Dieser
auffallende Umstand verstärkt die Vermuthung, daß die Aapitäle
in der k)eimath ihres 5teinmateriales, in Lothringcn, wenigstens
der k)auptforrn nach schon fertig gemacht worden sind.

Bei den ionisierenden pi-
lastern sind die flachen kanne-
lierten Schäste nur einige <Lenti-
meter tief zwischen den Ver-
blendsteinen und dem iuneren
betonartigen Aäauerwerk ein-
oder vorgesetzt, ebenso die Aa-
pitäle, deren Voluten sich an
manchen 5tellen unnrittelbar
der äußeren Berblendungs-
inauer anschließen, an anderen
aber verschieden weit, bis zu
einigen (Lentimetern, vor-
springen.

Interessant ist auch das bei
Anbringung der Spitzgiebel be-
obachtete Berfahren (^ig. s8).

A7an hat einfach unten über
den Aapitälen und an der 5pitze,
da also, wo zwei 5cheukel sich
treffen, senkrechte Hugen ange-
bracht und die Schenkel stunipf
gegen einander gestoßen, auch
hier im Bertrauen auf die
Bindekraft des A7örtels rmd die
Spannkrast der seitlichen Blend-
steine — ein Verfahren, das
aus's k)aar dem des Achreiners
bei ksolzarbeiten ähnlicher Art
gleichkommt. Lin heutiger
Techniker würde mindestens
die oberen lBinkelstücke, wenn
nicht auch die unteren, der ksalt-
barkeit halber aus einem 5tück
hergestellt haben.

Auch die bserstellung des
ksauptgesimses zeigt Naive-
täten der 5teinbehandlung, dis
nicht gerade aus eine lange ge-
übte Lteintechnik schließen lassen
(vgl. die ksauptansicht Tas. 4).

Der ^ugenschnitt ist närnlich
ohne Rücksicht aus die Tonsolen gewählt worden; bald findet
sich eine Fuge unmittelbar neben der Tonsole, bald zwischen
zwci Tonsolen, bald aber aus der Tonsole. Acan hat also wahr-
scheinlich die sür das bsauptgesims bestinnnten 5teine neben einander
gelegt, die Alaaße aufgetragen und nun ohne jede weitere Rücksicht die
Lonsolen und unteren äpiegel genau nach der Zeichnung ausgesührt.

Diese Tigenthümlichkeiten des chteinverbandes rühren offenbar
von der geringen Aenntniß seiner technischen Bortheile und seiner
Behandlungsweise her. Der ksolzbau war bis dahin vorwiegend im
Gebrauch, selbst noch bei Airchen und Aapellen, und ein Bergleich
mit dem beim bsolzbau üblichen technischen Verfahren lehrt in
überzeugender A)eise, daß dieses beim Bau der Lorscher Thorhalle
bestimcnend nachgewirkt hat. Trotz aller Unregelmäßigkeiten in

der kserstellung der einzelnen 5teinc des ^uadermauerwerkes haben
aber die Trbauer einen festen dauerhaften Verband erzielt. 5ie
haben an dem unteren Geschosse des Alauerwerkes offenbar nach
Zimmcrmannsart zuerst auf dem Werkplatz alles an einander
gepaßt und stimmend gemacht; schwerlich ist die Zuhauung der
spfeilerquadern sowohl wie der IDölbsteine erst aus decn Gerüst
erfolgt, da hier das genaue Zneinanderpassen der unregelmäßigen
Ttückc mit zu großen 5chwierigkeiten verknüpft gewesen wäre. Bei
dem Gbergeschosse hat man sich einzig und allein aus die Festig-
keit des Bindemittels verlassen und die einzelnen Theile, wie schon

bemerkt, nach 5chreinerart in-
und aneinander gekittet. N)ir
wcrden übrigens noch kennen
lernen, wie die ksolztechnik auch
noch in sormaler IVeise be-
stimmend aus das Bauwerk
eingewirkt hat.

Für die Zeitbestimmung der
Thorhalle war den Aunstfor-
schernbisher geradedas Alauer-
werk maßgebend gewesen.
Augler ^) und 5chnaase ^) konn-
ten sich wegen seiner Bor-
trefflichkeit nicht entschließen,
den Bau in eine srühere Zcit
als das Aachener kNünster zu
setzen. 5ie haben aber offen-
bar uur nach einer flüchtigen
Uutersuchung, uach dem äu-
ßeren 5cheine des Aäauer-
werkes geurtheilt. Hättcn sie
den unsystematischen Fugen-
schnitt des unteren (Zuader-
mauerwerkes und der Bogcn,
sowie den durchaus regellosen
Berband im Znneren des obe-
ren Räauerwerkes, das bis
jetzt überhaupt nicht untersucht
worden war, beobachtet, so
würden sie eine so wichtige
Folgerung nicht haben ziehen
können; im Gegentheil würden
sie erkannt haben, daß das
untere Nkauerwerk aus eine
geringe Aenntniß dcs ^suader-
baues, das obere aus eine
nahe Verwandtschast mit der
römischen Technik schließen
lasse, daß somit der Bau auch
zeitlich der römischen und
den noch unselbständigen An-
sängen der deutschen Aunst
mindestens sehr nahe stehen müsse. kvie wenig übrigens der eine
dieser Forscher sein Augenmerk aus das Technische gerichtet hat, gcht
schon daraus hervor, daß er die Berkleidung wiederholt als ein
Taselwerk aus Alarmor bezeichnete, währeud dieselbe aus Zura-
Aalkstein und 5andstein besteht.

A)ill man nach einer systematischen Tntwicklung der Technik

^) Uugler, Gesch. d. Baukunst. Lrstcr Band. Stuttgart 185S. S.

s) Schnaase a. a. B. Bd. Z. S. »Die ganze technische Ausführung
des Ntauerwerkes unterscheidet sich durch ihre Präzision sehr auffallend von
der Nachlässigkeit, die wir an dem Uaiserbau zu Aachen wahrnebmeu . . . .
Nan kann nicht annehmen, daß diese sorgsältige Behandlung hier schon vor
der tveihe des Iahres 774 eingetreten sei, da Uarl bei seiner Schloßkapelle
im Iahre 79z sich mit sehr viel weniger geübten Arbcitern begnügen mußte.-

Fig. 18. Spitzgiebel der Thorhalle.
 
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