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Adler, Friedrich
Mittelalterliche Backsteinbauwerke des Preußischen Staates (Band 1): Die Mark Brandenburg: 1. Die Stadt Brandenburg. 2. Die Altmark — Berlin, 1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.31747#0033
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23

'Weiter ausgebildet,

^i’eite, geht dann mittelst kräftiger Abschrägungen in ein Vier-
lmd Viereck über und ist oben durch ein sehr schweres Haupt-
gesnns bekrönt, welches den einfachen Zinnenkranz trägt. Bl.

Fig. 1—4. Hinter dem Zinnenkranze erhebt sich die aus
glasirten goldgelben Steinen construirte Spitze, über deren Gipfel
ailf einer Eisenstange das Wappenthier der Stadt, ein Adler
sehwebt.

Diese Hauptanordnung der Thurmfa^ade ist aufserhalb noch
Die Plinthe, der yon St. Katharina sehr
, ist wie die Abschrägungen aus glasirten Steinen herge-
sIellt. Oberhalb des Gurtgesimses steigen die Oberwände, an
^en Ecken mit Rundstäben besetzt und mit schlanken Spitzbo-
genblenden geschmückt, bis zum Hauptgesimse auf. Bl. XVII,
^g’ 6- In der Maafswerkstheilung und Profilirung der Spitzbo-
genblenden erscheint eine auffallende Aehnliclikeit mit den ent-
sprechenden Theilen des Giebels über der Südkapelle an St.
Katharina. Das Hauptgesims besteht aus einem sehr schweren
fhindstabe mit darüber folgender geputzter Ivehle und einem
iGnen Abschlufsgesimse, welches den Zinnenkranz trägt. Der
etztere ist nicht wie am Steinthor-Thurme in Pfeiler und Füll-
wände zerlegt, sondern bildet eine durchgehende geputzte Wand,
a,1f der sich die nicht mehr in ganzer Höhe erhaltenen Zinnen

en. Bl. XVII, Fig. 3.

erheb

Das Innere ist in zwei gewölbte und drei mit Balkendecken
Versehene Stockwerke getheilt. Das brunnenartige Erdgeschofs
lst nur von dem ersten Stock aus mittelst einer Fallthür zugäng-
^ lch, während der Letztere von der Mauer aus betreten werden
honnte. Ein achteckiges Kreuzgewölbe mit kräftigen Rippen
hberdeckt den ersten Stock und trägt' den Fufsboden des zwei-
* 011 Geschosses, zu welchem man nur von Aufsen von dem Thor-
J°gen aus gelangen konnte. Die folgenden Stockwerke sind mit-
b-dst Iiolztreppen mit einander und der Plateform verbunden.
^ehmale schiefsschartenartig nach Innen erweiterte Fensterschlitze
Cl'leuchten die einzelnen Räume, welche der mangelnden Heizungs-
anlagen halber, wohl nicht immer bewohnt waren.

Der grofse Reichthum an Kunstformen bei einem so unmit-
hdbaren Bedürfnifsbau läfst auf den Reichthum der Stadt und
^ le gesteigerten Anforderungen der Zeit einen sicheren Schlufs
n,achen. Hervorzuheben ist in solchem Sinne die mannigfache
nwendung geputzter Grundflächen, wodurch ein gröfserer Effect
C-Wsichtigt und erzielt wird. Auf der anderen Seite tritt der
^inn für schöne und strenge Details mehr und xnehr in den
'ntergrund, was hier am besten durch das Hauptgesims und
<* ei1 Zinnenkranz bezeugt wird, — besonders wenn beide mit den
’ ntsprechendenBautheilen am Steinthor-Thurm verglichen werden.

Technisches.

h*en kleineren Abmessungen entsprechend beti’ägt die Dicke
es Mauerwerks über der Plinthe 6 Fufs und endigt nach ein-
'üaligem Absatze oben mit einer Stärke von 5- Fufs. Die acht-
eckige massive, aufserhalb etwas ■ eingebogene Spitze ist in ge-
'C-'gten Schichten 2 Steirxe starlc von unten bis oben gemauert,
l111h besitzt dieselben Holzverankeimngen, welche bei dem Stein-
Cn°r-Thu nne besprochen worden sind. Bl. XVI, Fig. 3. Auch ist
p, 16 ^Mteform in gleicher Weise wie dort entwässert Bl. XVII,
r 'S’ '*• — Den eigenthümlichen Steinvex’band an den Ecken der
^üurmspitze zeigt Fig. 7, während der der Obei’wände mit ihren
j. ündstäben und Spitzbogenblenden in Fig. 6 dai’gestellt ist. End-

ten

verdient, noch die interessante Construction der Schiefsschai’-

^elche in Fig. 4 speziell mitgetheilt ist, hervorgehoben zu
^ eiden. Das Format- der Backsteine beträgt 1U—112 Zoll,
Zoll „nd 3j Zoll.

Resultat.

h)asselbe ist in der oben unter „Historisc-hes“ mitgetheilten
uschrift und der hinzugefügten Erläuterung enthalten.

XI. Rathenower Thorthurm der Altstadt.

H i s t o r i s c h e s.

^°n diesem Thorthurme ist weder urkundlich noch chroni-

stisch etwas überliefert, doch ist dei’selbe in der jetzigen Gestalt
schon 1586 auf dem Gemälde in St. Godehard dargestellt worden.

Baubeschreibung.

Der Thurm ist in Fonn eines Trapezoldes, dessen Ecken
mit flachen Strebepfeileni flankirt sind, aufgemauert und mit
Flachbogen-, Wappen- und Kreisblenden, sowie Gurtgesimsen
und Fi’iesen ausgestattet. Dieses sehr einfachen naiven Schxnuckes
und der voi’hen’schenden Hoi’izontalgesmxse halber ist ein alter-
thümlicher Chax’akter unverkennbai’, der sich auch in den mäfsi-
geix Profilexx zu ei’keixnexx giebt. Die an Stelle des Zinnenkran-
zes hier befindliche Schartennxauer ist nxit denx Abschlufsgesimse,
auf welcheixx sie ruht, eine Zuthat späterer Zeit. Hinter der
Mauer erhebt sich die zuckerhutföi’nxige nxassive Spitze lxxit deixx
Brandenburgischen Adler auf einer Stange. Die beiden unteren
Geschosse siixd nxit Kugelgewölbeix überwölbt uixd ein auf vor-
gekragten Schichten ruhender massiver Abtritt auch lxier voi’-
haxxdeix. Die über dem Gui’tgesimse befindlichen Wappenblenden
zeigen sowohl auf der Iixnen- wie Aufsenseite der St-adt noch
Spuren von gemalten Wappen, darunter den doppelgeschwänzten
böhnxischen Löwen.

Ob die Thor-Passage ursprünglich durch die angedeuteten
grofsen Flachbogen des Erdgeschosses direct hindurch führte,
was daraus hervoi’zugehen scheint, dafs das Mauerwei’k inner-
halb dieser Flachbogenblenden, oline Vei’baixd zu halten, auf bei-
den Seiten eingesetzt ist, — war nicht xxxit Sichei’heit zu er-
lxiitteln und lxxnfs zweifelhaft bleiben.

T e c h n i s c h e s.

Die Structui’, welche der Durchschnitt Bl. XVI, Fig. 8 zeigt,
stinxmt inx Princip mit der der beiden anderen Thürnxe überein.
Die Thurmspitze ist zuckerhixtförmig eineix Stein stark gemauert
und mit Holzankern jedesmal gesichert. Das Viereck ist dicht
xxixter der Spitze mittelst scharf gebogener Zwickelkappen in den
I Kreis übergeführt und die Spitze darüber en’iclitet. Für die
j Abwässei’ung des Umgangs ist jetzt lxicht gesoi’gt, dennoch ist
der Thui’m wolxl erhalten. — Von dem untei’eix einfachexx, aber
wirkungsvollen Gui’tgesimse lxxit Fries und Stromsclxichten giebt
Bl. XVII, Fig. 5 eine Dai’stellung. — Das Fonnat der Steine be-
ti’ägt 10| Zoll, 5§ Zoll und 3§ Zoll.

R e s u 1 t a t.

Der alterthümliche Charakter uxxd die schlichten Kunstfor-
meix lassen einen Bau des XIV. Jahrh. ei’kexxxxen, der jedenfalls
früher gebaut- ist als der Steinthor-Thurixx. Deshalb und mit Rück-
sicht auf die St. Jacobs-Kapelle, welche eine ähnliche einfache
Behandlung zeigt, sowie des böhmischen Wappens halber kann
die Bauzeit in die Regiei’ungs-Epoche Carl IV., also in das Jahr
[ 1375 gesetzt werden. —

XII. Pfarrkirche St. Godehard der Altstadt Brandenburg.

Historisches.

Weder das Stiftungsja-hr noch der Stifter dieser, in die frü-
hesten Zeiten hinaufreichenden Pfarrkirche sind mit urkundlicher
Gewifsheit bekannt, doch giebt es Anhaltspunkte, welche mit gi’o-
fser Wahrscheinlichkeit den letzten Slavenfüi’sten Pribislav als
Stifter und eins der letzten Jahre seiner Regierung, von 1137
bis 1142, als Stiftungsjahr erscheinen lasseix. Für diese Annahme
spi’icht erstlich, dafs in keiner der zahlreichen weltlichen wie
geistlichen Ui’kunden des Doxxxkapitels irgend ein Fürst oder
Bischof als Stifter oder Gründer genaixnt wird, was unzwßifel-
haft ebenso dankbar verzeichnet woi’deix wäre, wie die Uebei’-
weisung ii’gend welcher Besitzung an die geistliche Herrschaft. —
Von Albrecht dem Bären und seiner ganzen Familie sind hin-
reichende Zeugnisse über kirchliche und klösterliche Stiftungen
voi’lianden, so dafs man aus der Thatsache, dafs die Stiftung
von St. Godehard weder ilirn noch ii’o'end einem Gliede seines

O

Hauses zugeschi'ieben wird, zu der Annahme berechtigt ist, diese
 
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