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Adler, Friedrich
Mittelalterliche Backsteinbauwerke des Preußischen Staates (Band 1): Die Mark Brandenburg: 1. Die Stadt Brandenburg. 2. Die Altmark — Berlin, 1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.31747#0043
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33

11. Die Altmark.

Bäugeschichte.

Die früheste Nachricht, welche von der Gegend handelt,
c^ e späterhin den Namen Aitmark erhielt, finden wir in dem
^natenreichen Leben Karls des Grofsen erwähnt. Als dieser nach
Eiterwerfung der Sachsen im Jahre 781 mehrere neue ßisfhü-
^er stiftete, wurde jener Landestheil zur Hälfte dem Bisthum
^rden, zur Häifte dem Bisthum Halberstadt überwiesen 1). Die
Hßnnende Grenze beider zog sich von der Elbe bis zum Flusse
^iand, von dort zur Biese, dann zur Roduwe (bei Letzlingen),.
lri den Sumpf bei Roxförde und von dort an der Ohre liinanf,
80 dafs die Gegend von Saizwedel, Arends.ee und Seehausen
f Um Verdenschen Stiftssprengel geliörte, während die von Werben,
langermünde, 1 Stendai, Wollmirstedt und Gardelegen nacli Iial-
^ ei'stadt gerechnet wurde' 2). Zu jener Zeit .waren diese Gegen-
^ eiL welche früher ausschliefslich von 'Sächsischen Volksstäm-
rileri bewohnt gewesen waren, von den allmälig vorwärts drin-
§ enden slavischen Völkern bereits besetzt worden. Auch war
^ ei der Schwäche der Königsgewalt im Laufe des IX. Jahrhun-
dei’ts Gefahr genug vorhanden, dafs diese kriegsgeübten und
d em christlichen Gläuben wie der deutschen Herrschaft entschie-
den widerstrebenden Nationen noch weitere Fort-schritte auf ger-
llanischem Boden machen würden. Das rulunwürdige Geschlecht
d er sächsischen Könige erkännte ba.ld die auf dieser Seite dro-
rende Gefahr und stellte die thatkräffig errungene Einheit des
^ eiches den mächtigen Feinden entgegen 3). König Heinrich I.
Degann die scliweren Kämpfe im J. 927 durch den Angriff auf.
d' le Heveller, wodurch einer der festen Punkte der slavischen
^ebiete, Brandenburg, in seine IJände fiel. Zwei Jahre- darauf
Vergalten die Redarier den kühnen Zug, indern sie über die Elbe
8etzten und den blühend en Ort Walsleben in der Altmark er-
0berten und zerstörten 4). König Heinrich sandte sofort.ein
säeksisches lleer aus, die bedrohten Gebiete zu retten und es
gelang diesem unter Anführung des Grafen Bernhard das wen-
lsche Heer jenseits der Elbe bei Lunkini (Lenzen) zu erreichen
lllld in einer mörderischen Schlacht 929 zu vernichten. Ebenso
eifblgreich war Heinrichs Sieg i. J.' 933 über die Ungarn, wel-
ler Sachsen von dieser furchtba.ren Plage befreite und die Streit-
'jdte des Reiches fortan auf die slavischen Völker zu koncen-
U’en erlaubte. König Otto I. trat würdig in die Fufstapfen
es ^aters.. Doch wäre es ihm schwerlich gelungen durch Waf-
eilgewalt allein die Grenzgebiete des Reiches allmälig zu ger-
mauisiren, wenn nieht neben dem rüstigen Kriegseifer seiner
^ ai’kgrafen die missionäre Wirksämkeit christlicher Glaubens-
j.°t eU eben so treu und aufopfernd für die Aüsbreitung christ-
( (d»en Glaubens und deutscher. Sitte gekämpft hätt.e. Des Kö-

^aubenseifer und Thatkraft lieh diesen Bestrebungen mäch-
8 en Rückhalt. Von ilnn wurden in rascher Benutzüng glück-
. er Erfolge jenseits der Elbe die Bisthümer Aldenburg, Sqhles-
b) Ripen', Arhus, Havelberg und Brandenburg zwischen den
ahren 937—49 gestiftet und begabt. Doch vergingen nocli fast
q ei Jahrhunderte ehe dieselben in den ruhigen -und dauernden
0llüfs ihrer Besitzungen treten nnd einen ununterbrochenen Ein-

dufs

>. 8 auf Bekeh rung und Kultivirung des Landes ausüben konnten.
'^ichtic

B'e

rger und unmittelbar erfolgreicher zeigten sich die ferneren

^streBnngen des Königs in dieser Beziehung auf den.Gebieten
cles linken Elbufers. Die nach langen Verhandlungen endlicli
968 durchgesetzte Stiftung des Erzbistlmms Magdeburg und die
claran geknüpfte Gründung der Bisthumer von Zeitz, Merseburg
Und Meifsen bewiesen, mit welcher Energie die allmahge Ger-
lnanisirung der slavischen Gebiete angebahnt wuide ). Untei

’) Vgl. Wohlbrück’s treffliche Geschichte tler Altraark, herausgegehen von v. Le-
üeKiv-

Ur* S. 1. ff#

) Voi

gt, historischer Atlas der Mark Brandenburg. Text S. 72.

Ja]j ^ U. Giesebrecht, Wendische Geschichteit'(III Bände), zu den einzelnen

ren.

.4

) Wohlbrück, a. a. O. S. 6.

) L. Giesebrecht, a. a. 0. S. 200 ff.

so mächtigem Schutze erfolgte vor d. J. 977 die erste ldöster-
liche Stiftung in dem Gebiete der damals zur Nordmark gehö-
rigen Altmark. Bruno, ein Verwandter des Kaisers Otto, stiftete
zu Arnebürg an cler Elbe ein Benediktiner Mönchskloster St. Maria
und St. Thomas und beschenkte es mit der Hälfte der Stadt und
cler Burg und aller dazu gehörigen Güter 1). Leider war diese
Stiftung von kurzer Dauer. Zwar erreichte der furchtbare’ Sla-
venaufstand von 983, welcher die bischöflichen Sitze zu Bran-
denburg und ITavelberg zerstörte, Arneburg nicht, da das feind-
liche Iieer mit gröfster Mühe am Tangerflusse geschlagen wurde,
cloch fiel Arneburg vierzehn Jahre später trotz der starken Be-
festigüng, welche Otto III. daselbst errichtet hatte, den Slaven
in die Hände uncl wurde gänzlich zerstört. Das Kloster ver-
schwinclet seitdem aus der Geschichte. Das Erzbisthum Mag-
deburg erhielt 1006 die erledigten Besitzungen zmn Geschenk 2).
In gleiche Stiftungszeit gehört auch das nördlicli der Ohre be-
legene Kloster Hillersleben, welches auch schon i. J. 1000 zer-
stört wurde uncl nach mannigfachen Schicksalen erst von dem
Anfange des XII. Jahrhunderts ab eine dauernde Wirksamkeit
entfalten konnte 3).

An die Stelle von Klosternamen treten im Laufe des XI.
Jahrhunderts nur clie Bezeichnungen von festen Burgen in den
Vordergrund. Neben Tangermünde und Arneburg erscheint
besonders häufig die Burg Werben als ein stark befestigtes
Bollwerk am linken Ufer der-Elbe, welches den Zugang der
Altmark zu. decken bestimmt, von Kaiser Heinrich II. mehrfach
besucht urid von Kaiser Konracl II. 1034 stark befestigt wurde.
Nichtsdestoweniger wurde das Schlofs im nächsten Jahre wie-
der zerstört und konnte erst nach einem grofsen und erfolgrei-
clien Feldzuge des Kaisers, weleher weit über die Elbe reichte,
von Neuem gesichert werden '). Im Jahre 1051 wird in der
Altmark ein anderer, jetzt-völlig bedeutungsloser Ort Uhrsleben
genannt, dem Kaiser Heinrich III. Markt-, Münz- und Zollge-
rechtigkeit verlieh und zum Unterhalt des Bisthums Branden-
burg an den Bischof Dankwart verschenkte. Im Jahre 1056
wurde wieder Werben gegenüber äuf dem rechten Elbufer eine
blutige Schlacht zwischen Deutschen und Slaven geschlagen, in
welcher der damalige Markgraf der Nordmark, Graf Wilhelm,
das Leben verlor.’). Seine Stellung empfing Graf Udo aus dem
Hause Stade und diesem tapferen und thatkräftigen Gesclilecht
ist der Schutz der altmärkischen Gebiete fast ein Jahrhundert
lang bis zum Auftreten Albrechts cles Bären anvertraut geblieben.

Da die schweren und andauernderi Kämpfe eine ruhige und
friedliche Entwickelung der Verhältnisse nicht zuliefsen, und die
Gegenden der Altmark von jedem Aufstande, jeder Schlacht in
den überelbischen Gegenden sofortin Mitleidenschaft gezogen wur-
den, so darf es nicht Wunder nehmeri, dafs von kirchlichen Stif-
tungen oder. städtischen Gründungen während mehr als eines
Jahrhunderts nicht die Rede ist. Namentlich ist der Schlufs
des XI. Jahrhunderts durch eine lange Reihe von schweren Un-
fällen, welche die' christliche Ivirche im Wendenlande betrafen,
traurig berühmt. Damals gingen Sclileswig, Ratzeburg, Ham-
burg nebst allen christlichen Pflanzstätten zu Grunde und der
bereits Christ gewordene Slavenkönig Gottschalk wurde 1066
von seinem eigenen Volke den Göttern zu Lenzen geopfert.
Dazu kam'en die schw'eren Kriege Heinrichs IV. gegen die Sach-
'seri und die von der gregorianischen Partei aufgestellten Gegen-
könige. Wie hätte damals christliches Leben und deutsche Kultur
in den Wendenländern erblühen können, da jeder Rückhalt aus
dem inneren Deutschland fehlte. Doch erfreute sich die Altmark
im Ganzen eines verhältnifsmäfsig ruhigen Zustandes unter dem
Schutze der Grafen von Stade. Ja die Macht dieses Grafenhauses
kann am besten daran erkannt werden, dafs ein Angehöriger des-
selben, Graf Rudolf, trritz der Achtserklärung dem Kaiser Hein-

*) Wohlbrück, a. a. O. S. 7.

2) Wohlbrück, a. a. O. S. 15;

3) v. Quast u. Otte, Zeitschrift -II. 20.

4) Wohlbrück, a. a. O. S. 18.

5) Wohlbrüclc, a. a. O. S. 20.

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