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Adler, Friedrich
Mittelalterliche Backsteinbauwerke des Preußischen Staates (Band 1): Die Mark Brandenburg: 1. Die Stadt Brandenburg. 2. Die Altmark — Berlin, 1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.31747#0053
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43

^ erwandtschaft mit ähnliclien Arbeiten zu Magdeburg, Freiburg
a- d. U. und Naumburg zwischen 1215 — 1230 anzunehmen sind.

Endlich erscheint der flüssige und reife Uebergangsstyl in
<ler stattlichen West.fronte, welche wohl nicht später als in der
Mitte des XIII. Jahrh. erbaut wor.den ist.

II. Stadtkirche zu Jerichow.

Uiese kleine, auf der Stelle der alten Burg belegene Back-
sUinkh-che besteht nur aus oblongem Schiff und platt geschlos-
Seüem Chor, welche im Innern ein Triumph-bogen mit sehr ele-
gantem Kämpferprofil trennt. Die Fapaden sind
mit 10 Zoll breiten und 3 Zoll yorspringenden Lis-
senen ausgestattet und besitzen eine hohe Plinthe,
sehr schlanke Fenster und die üblichen einfachen
Rundbogenfriese. Auch der innerhalb eines moder-
nenVorbaues noch erhaltene Westgiebel zeigt 'glei-
che Strukturformen. An der Nordseite des Chores
^^clen sich drei rundbogige, jetzt vermauerte Blendnischen unter
en hochgestellten Fenstern, eine Anordnung, welche auch yiel-
ncüt früher auf der Südseite vorhanden war, aber nicht mehr
ej>kennbar ist 1)- Ebenso sind drei auf der Nordseite des Schiffes
. uher vorhanden gewesene, mit Satteldächern bedeckte Kapellen
Ktzt verschwunden 2). Das Format der Backsteine beträgt 10j
^ oll> 4| Zoll und 3i Zoll.

Uer grofse, kufenförmig gehaltene aber gut gearbeitete Tauf-
^ eln steht leider nicht in der Kirche, sondern im Pfarrgarten.

16 Kirche bewahrt ein ausgezeichnetes und reiches Grabmal in
^; llen Renaissanceformen, welches M. Bastian Ertle, der berühmte
erfertiger der grofsen Renaissance-Epitaphien im Dome zu Mag-
eburg 1609 für Melchior Arnstedt ausgeführt hat.

Eie Stadtkirche zu Jericliow lcann wegen der reifen und
ailsgebi]deten Strukturformen nicht als der Bau betrachtet wer-

Welchen der Konvent in den ersten Jaliren nach erfolgter
Eftung von 1145—49 als vorläufige Klosterkirche benutzt hat,
s°üdern mufs mindestens auf eine Bauzeit von 1220 — 30. ge-
steUt werden.

III—V. Dorfkirchen bei Jerichow.

ln dem zur Altmark gehörigen Landestheile auf dem rechten
nfer zwisclren Havelberg und Genthin findet sich eine Anzalil
° n Uorfkirchen in Backsteinen ausgeführt, während die über-

O '

q eS end gröfsere Mehi-zalil von Dorfkirchen in der Altmark in
j auitbau hergestellt ist. So auffallend diese Thatsaclie ist, so

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lclit erklärt sie sich, wenn man diesen bei Dorfkirchen so sel-
11 3-Uftretenden Backsteinbau unter dem Einflusse des reichen
• üiächtigen Klosters Jerichow entstanden denkt und sich er-
j„ ei*t, dafs gerade in und bei Jerichow ein Theil der nieder-
'AJischen Kolonien angesiedelt wurde, welche die. neue Bau-
nik unzweifelhaft aus ihrer Heimath übertragen haben. Ab-
&esehen von städtischen Pfarrkirchen, wie Sandow und Rathe-
clie ebenfalls nach Technik und Struktur hieher zu rechnen
^ > besitzen folgende Dörfer in der nächsten Nähe von Jeri-
r°manisclie Backsteinkirchen: Redekin, Melkow, Schönhau-
Plschbeck, Hohen-Göhr en, Ivlietz, Grofs-Mangelsdorf, Bergzau,
lofg.i^ulkow und Schmitsdorf. Die drei wichtigsten derselben
ün ] ß KXIV. in perspektivischen Skizzen nebst Grundrissen
^Ktails zusammengestellt worden und sollen hier in aller
charakte.risirt werden.

quadratförmigen überwölbten Chor nebst ob]ongem, 62 Fufs ho-
hem Tliurme mit Dachreiter. Breite Ecklissenen erscheinen am
Thurme, Langhause und Chore und sind i'iberall durch Stabfriese,
die auf gemeifselten Konsolen ruhen Fig. 7 mit einander ver-
bunden. Nur über der Glockenstube des Thurmes wie am Chore
findet sich der einfache Rundbogenfries. Die Langmauern des
Schiffs und Ohores sind überdies durch 10 Zoll breite Wandlis-
senen, welche von der ganz einfachen Plinthe bis zu dem Stab-
friese emporla^ffen, reicher geschmückt. Die hochbelegenen Fen-
ster im Schiffe und Chor sind zwischen diesen Wandlissenen
symmetrisch vertheilt, so dafs eine einfache, aber wirkungsvolle
.Fapadenbildung erz.ielt worden ist. Alle Fenster sind klein aber
tief geschmiegt; die der Absis besitzen auf den geputzten Bo-
genleibungen chablonirte Malereien, wie solclie aucli an der. Klo-
sterkirche zu Diesdorf vorkommen 1). Die acht Oberfenster in
der Glockenstube des Thurmes sind gekuppelt, jedes derselben
ist mittelst einer schweren Säule mit kräftigem Abakus getheilt,
so dafs eine einfach belebte Gliederung hergestellt ist. An der
Westfront befinden sich zwei Rundfenster mit schmalem herum-
gefiihrten Rundstab. Das Westportal ist in einfach tüchtigen
Formen gebildet, doch macht sich ein gewisser Reichthum gel-
tend, da die innern wie äufsern Ecken mit Edksäulchen aiisge-
stattet sind.

Von der inneren, ganz einfaclien
Ausstattung giebt der Holzschnitt,
welcher den Querschnitt vorstellt,
eine Vorstellung..

Das Backsteinformat beträgt
10i Zoll, 4j Zofl und 3j Zoll. Ma-
terial wie Bautechnik ist sehr gut.

Bemerkenswerther als der ein-
fach romanisclie st'einerne Tauf-
stein ist das an der Nordseite be-
festigte bronzene Krucifix von 8
bis 9 Zoll Höhe in sehr strengen
alterthümlichen Formen. Die Ab-
bildung, weJche MinutoJi in seinem
mehrfach erwähnten Werke Bl. XI, Fig. 3 von diesem seltenen
Denkmale giebt, läfst den höclialterthümlichen Charakter nicht
deutlicJi genug erkennen.

ObscJion das Dorf Redeldn (urkundlich Nizelcendorp alias
Gardekin) zu den frühesten Besitzungen des. IUosters Jerichow
gehörte. und mehrfach erwälmt wird, so lcann die Ivirclie wegen
der zwar einfachen, aber doch gereiften Formen nicht vor dem
Jahre 1180 erbaut worden sein.

IV. Pfarrkirche zu Melkow.

Diese in den kleinsten Abmessungen erbaute, ebenfalls sehr
wohl erhaltene Kirche ist Bl. XXIV, Fig. 5 u. 6 dargestellt und
interessfft durch clie naiv.e Emporführung des oblongen West-
thurmes unmittelbar auf den Schiffsmauern 2). In urkundflchen
Nacliricliten wird zwar cler Ort, nicht die Kirche erwähnt, docli
zeigt die letztere bei völlig identischem Grundrisse mit Redekin
durch ihre sehr ldeinen Fenster und clie einfachen Portale einen
älteren Charakter wie jene, so dafs cler Bau noch sehr wolil
dem Anfange cler zweiten Iiälfte des XII. Jahrhunderts ange-
hören kann. Mit RücksicJit auf clie aufserordentlich bescheidenen
Mittel, welclie der Bau erforderte, gewährt clie Ivirche durch so-
lide Ausführung und naive Komposition einen völlig befriedi-
genden Eindruck.

III. Pfarrkirche zu Redekin.

Dfl

Jie wöhlerhaJtene Kirche Fig. 1 u. 2 besteht aus einern ob-
° nS en Schiffe mit horizontaler Decke, dem daran schliefsenden,

Zn g ^ Diese Faijadenbildung erscheint in frühgothischen Giiedern am Chor von St. Lorenz
^lzwedel und Jerichow kann als eine Vorstufe für jenen Bau gelten.
st&dt -^iese Erweiterung ist verwandt mit der Anordnung der Stadtkirche zu Wollmii
Vergl. v. Quast u. Otte, Zeitschr. I. 264.

V. Pfarrkirche zu Schönhausen.

Diese gröfste und volJständigste der Dorfkirchen .ini Lande
Jerichow, in perspektivischer Skizze, Grundrifs und Details auf

’) Vergl. IX. Klosterkirche zu Diesdorf.

2) Diese Anordnung zeigt auch die etivas gröfsere Kirche Bergzau bei Genthin, deren
Planbildung wieder die übliche ist.
 
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