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Adler, Friedrich
Mittelalterliche Backsteinbauwerke des Preußischen Staates (Band 1): Die Mark Brandenburg: 1. Die Stadt Brandenburg. 2. Die Altmark — Berlin, 1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.31747#0057
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»sogar abgemalt“ sei, während Angelus eine zu Kalberwisch
v°rhandene Inschrift: Jlaec aedes, Comes Osterburg: amo 1164
fando exstrui benignissme fecit überliefert. Die von Entzelt er-
v' rähnten Gemälde am Ohorgewölbe, welche Beckmann noch ge-
sehen zu haben scheint, sind jetzt verschwunden '), dagegen
findet sich die etwas verdächtig lautende Inschrift noch über
deic Südportal theilweise erhalten.

Von der kleinen aber interessanten Kirche giebt der Holz-
Schnitt die perspektivische Ansicht des Aeufsern. Die Bau-An-

ist sehr einfach und zeigt den typisch wiederkehrenden Oha-
* akter der meisten Dorfkirchen der Altmark. An das durch drei
eüster erleuchtete Schiff mit flacher Holzdecke legt sich der
hüadratförmige und plattgeschlossene Chor, den ein kuppelför-
miges Kreuzgewölbe überdeckt. Der Chor ist aus Granitqua-
dern von guter Arbeit erbaut, während das Schiff und der untere
kefl des oblongen Westthurmes im Innexm Granitbau, nach au-
^ Scri hin aber eine sehr gute Vei’blendung von Backsteinbau
Zeigen. Die kleinen und schmalen Fenster stimmen mit dem
Schtnucklosen, aus gekreuzten Schichten mit Granit-Einfassungen
b°oaauerten Ostgiebel überein und lassen für diese Theile sehr
| v°hl clie Annahme des übei’lieferten Datum von 1164 als Er-
ai*Urigszeit zu. Dann aber stellt sich die Thatsache lxeraus, dafs
2,1 Kalberwisch der Backsteinbau schon rnehr zur Verwendung
b'-korumen ist, als zu Krewese, also eine fortschreitende Vei’-

W

eudung des Backsteinmatei’ials sichtbar wird.

Der obere Theil des Westthurmes gehört einer wohl 80
lre späteren Bauzeit an. Dei’selbe ist aus ziemlich grofsen
deksteinen glatt und schmucklos aufgemauert und besitzt auf
lc‘- wie Nordseite zwei schlanke Giebel, welche mit Blendni-
s°hen und Fialen dekorativ behandelt sind. Die Glockenstube
^uter den Giebeln öffnet sich nach allen Seiten mittelst rund-
s°§ lg überdeckter, stets durch Backsteinsäulen zwiefach getheilter
^hallöffnungen, von denen die auf Nord- und Südseite belegenen
tch gute Verhältnisse und sorgfältige Arbeit besondei’s aus-
& ezeichnet sind. Ueberdies haben die aufsteigenden Ecken des
UU’mes und der Fialen, sowie alle Einfassungen der Nischen
lll(i Bogen durch abwechselnd rothe und schwarzglasirte Stein-
’ehten einen einfachen, aber wirkungsvollen Schmuck em-
Ugen. Diese bescheidene aber völlig zweckentspi’echende
Urxnanlage kehrt in sehr vielen altmärkischen Doi’fkirclxen
^ ,eder '-*) Und kann als Typus für die einfacheren Thürme des
bergarigsstyles betrachtet werden. Die Bauzeit dürfte zwi-
eu 1230 — 50 fallen, zu welcher Zeit der Bischof Wilhelm
Havelberg mit Doi’fkirchenbau wie z. B. zu Flessau, Hassel
^ d Hichstät — alle urkundlich 1230 von ihm geweiht — be-
c U'dtigt erscheint.

iri .^hien kleinen Schatz besitzt die Kirche von Kalberwisch
eiUem treff'lich ixr Holz geschnitzteix Krucifix aus dem Ende

loSe lnnere <3 er altehrwürdigen Iiirche ist in neuester Zeit durch eine gescbmack-

Uestauration völlig entstellt worden.

' z“ XUäden, Lichterfelde, Schönberg u. v. A.

des XIV. Jahi’hundei’ts. Leider ist dasselbe bei der jüngsten
Restauration überweifst worden.

VIII. Klosterkirche zu Arendsee.

Historisches.

Der zwischen Salzwedel und Seeliausen belegene See, an
dessen südlichem Ufer das Kloster Arendsee erbaut woi’den ist,
wix’d zuerst in den Aufzeichnungen fränkischer Geschichtsschrei-
ber, den sogenannten Jahrbüchern des Einhard, genannt. Im
Jahr 822 soll nämlich in einer wüsten Gegend bei dem Arend-
see in einer Nacht die Erde sich enxporgehoben haben, so dafs
eine Art von Wall entstand, der die Länge einer gallischen Meile
hatte 1).

Von der Gegend um Arendsee empfangen wir sodann erst
im Jahre 1184 wieder eine Nachricht. Um diese Zeit wurde
von Markgi’af Otto I. ein Jungfi’auenkloster zu Arendsee für Be-
nediktinei’-Nonnen zu Ehren der heiligen Jungfrau, des Evange-
listen Johannes xxnd des heiligen Nikolaus gestiftet und einge-
weiht, woi’in später 70 Jungfrauen Platz fanden. 2) Die Urkunde 3 4)
enthält die Besitzungen des Klosters, nennt die Namen einiger
Wohlthäter (darunter Oda von Ei’tenebui’g, vei’mählt mit Albrecht
von Ostei’burg und Schwiegertochter des Gi’afenWei’nei’, welcher
das Kloster Krewese stiftete) und deutet an, dafs die erste Ein-
richtung mit Hülfe des Bischofs Tammo vonVerden bereits da-
mals zu Stande gekommen wai\ Diese urkundliche Nachricht
wii’d auch von der Bi’andenburgischen Chronik bei Pulkawa und
durch Entzelt bestätigt. Vonx Jahre 1208 ist eine Bestätigungs-
Urkunde des Markgi’afen Albrecht II. vorhanden, welche nach
völlig beendetem Baue ausgestellt ist und den bedeutend ange-
wachsenen Besitz des Klosters zu ei’kennen giebt '). Weitere
Schenkungen wurden 1232 dem Stifte zu Theil, 1283 wird die
erfolgte Stiftung eines denx Apostel Thomas geweihten Altai’s
in der Klosterkix’che bestätigt; 1344, 1456 und 1482 erfolgen
weitere, zum Theil sehr reiche Vei-ixiächtnisse und Gnadenbriefe.
Aus einer Ui’kunde vom Jahre 1481 5) lei’nt nxan die Namen
aller damaligen Mitglieder des Konvents kennen. Es wai’en da-
mals 70 Nonnen unter der Aebtissin Anna v. Jagow voi’handen,
und der Zustand des Stiftes scheint ein blühender gewesen zu sein.

Das Kloster hatte in der Mitte des XVI. Jahi’hunderts die
Refoi’mation angenommen und ist erst ixn Anfange dieses Jahr-
hunderts aufgehoben worden.

Die ehemaligen Klostei’gebäude bilden jetzt eine malei’ische
Ruine, doch ist die Kirche noch wohlei’halten und hat in neuester
Zeit eine umfassende und im Ganzen gelungene Restaui’ation er-
fahren.

Baubeschreibung.

Die Klostei’kirche, wovon der Holzschnitt eine perspektivi-
sche Skizze des Aeufsenx darstellt, ei’hebt sich in selten schöner
Lage auf dem hohen und steilen Ufer des umfangreichen Arendsee.

Der Grundrifs Bl. XXVI, Fig. 3 zeigt eine romanische ge-
wölbte Pfeilei’basilika mit hervoi’tretendem Querschiff und Choi’-
bau, die letzteren mit einer Haupt- und zwei Nebenabsiden ge-
schlossen. EinThurmbau im Westen war nie vorhanden, sondern
der in spät-mittelaltei’licher Zeit erbaute Glockenthui’m liegt iso-
lirt im Südosten der Kii’che. Die Seitenschiffe sind mit lonnen-
gewölben, das Querschiff xnit Hängekuppeln und der Chor nxit ei-
nem schax’fgratigen Kreuzgewölbe bedeckt. Die drei Joche des
Mittelschiffes werden von kuppelförmigen Gewölben überspannt,
deren Anfänger schai’fgratig in die Höhe steigen und allmählich
in die Kuppelwölbung auslaufen. Die Mittelschiffsgewölbe ruhen

') Pertz, Monum. Germ. I. 209. ad ann 822.

a) Biedcl, Mark Brand. I. 112 u. Raumer, Reg. 1526.

3) Beckmann, a. a. O. V. Th. I. Buch. IX. XCap. S. 29 IX'.

4) Albrecht IX. sagt hierin ausdriieklich: .... Ecclesiam in Arnesse . .. . constructam
et patris mei d. m. Ottonis Marchionis optimo studio fundatam etc. — Vgl. Branden-
burg. Urkunden S. 18. Beckmann a. a. O. S. 30.

5) Beckmann a. a. O. S. 36.
 
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