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VORWORT

Wie in der Yorrede zum Band I bereits angedeutet wurde, liat der im Jahre 1855 von Stüler mir übertragene Bau der
St. Bartholomaeus-Kirche in Berlin den Anstofs gegeben, mich mit den mittelalterlichen Backsteinbauwerken der Mark Branden-
burg eingehend zu beschäftigen. Es drängte mich, den Formenschatz und die Struktursysteme dieser heimatlichen Bauweise niclit
nur für mich kennen zu lernen, sondern auch für die Praxis nutzbar zu machen. Da mit diesem Streben eine angeborene Nei-
gung zur kunstgeschichtlichen Forschung sich verband, so war die Gefahr ausgeschlossen, clie viel beliebten Sammelwerke von
fhichtigen Beiseskizzen um ein neues zu vermehren. Aus den darnals gemachten Aufnahmen in der Stadt Brandenburg ent-
sprang dann im Jahre 1858, gefördert durch die Fürsorge des Herrn Ministers von der IJeydt und die Unternehmungslust des
verewigten Verlagsbuchhändlers Herrn Wilhelm Ernst, das vorliegende Werk.

Wenn in dem im März 1859 geschriebenen Vorworte nocli cler Plan erörtert wurde — dem vom Verleger gewünschten
Titel entsprechend — den Denkmälern der Mark noch diejenigen der Provinzen Schlesien, Pommern und Preulsen anzuschliefsen,
so rnufste diese Absicht nach dem Erscheinen des ersten Bandes aufgegeben werden, weil alle Betheiligten sich davon überzeugten,
dafs das auf 120 Tafeln bemessene Werk den drei- bis vierfachen Umfang hätte erhalten müssen. Denn mein Grundgedanke,
dafs es für die praktische Nutzbarkeit unerläfslich sei, bei der Herausgabe architektonischer Sammelwerke übereinstimmende Mafs-
stäbe — für das Ganze wie für das Einzelne — anzuwenden, hatte allgemeinen Anklang gefunden und durfte nieht wieder auf-
gegeben werden. Ebenso wenig vertrugen die von mir gewählten Mafsstäbe 1:240 für clie Grundrisse, 1:120 für die Facaden
und Schnitte und 1:30 für die Einzelheiten eine Verkleinerung. Daher bedarf die Thatsache, dafs der ursprüngliche Plan still-
schweigend eingeschränkt wurde, jetzt um so weniger einer ausfülirlichen Kechtfertigung, als im Laufe der letzten dreifsig Jahre
durch die theils vollendeten, theils im Erscheinen begriffenen Arbeiten der Herren von Quast, Prof. Bergau, Baurath Dr. Stein-
brecht, sowie der Provinzial-Conservatoren Herren Bötticher, Heise, Böttger, Lutsch, Kotlie, Haupt, Ludorff und Clemen
eine solche Fülle von Beiträgen nebst Blustrationen aus Ost- und Westpreufsen, Pommern, Schlesien, Posen, Holsteiu, Westfälen
und den B,heinlanden geliefert worden ist, dafs erhebliche Lücken in der Kunde der Backsteinbauten im nördlichen Deutschland
kaum noch vorhanden sind.

Das in den ersten Jahren ziemlicli gleichmäfsig erschienene Werk, welches vertragsgemäfs in fünf Jahren fertig sein sollte,
ist dann zu meinem grofsen Bedauern immer langsamer gefördert worden und trotz der vielfachen Erinnerungen des Verlegers
und befreundeter Fachgenossen seit dem Jahre 1868 beinahe ins Stoclcen gerathen. Beinahe, — nicht ganz, denn die nothwen-
digen Aufnahmen wurden in aller Stille ebenso fortgesetzt wie die durch mehrfache Beisen nach Holland, Belgien, Italien und
Dänemark geförderten Studien. Die im Jahre 1884 herausgegebene Festschrift zur Einweihung der K. Technischen Hochschule in
Beriin empfing daher als meinen Beitrag eine Abliandlung, welche den Ursprung des Backsteinbaues in den baltischen Ländern
eingehend behandelte. So hat es an Liebe zur Sache und an dem redlichen Willen, die Hand von dem begonnenen Werke
nicht abzuziehen, nie gefehlt — aber die äufseren Verhältnisse waren stärker, als die besten Vorsätze und Anläufe. Als Haupt-
gründe der fortgesetzten und stetig wachsenden Behinderung darf ich anführen: früli begonnene und nie unterbrocliene Lehr-
thätigkeit an der Hochschule, umfangreiche Privatpraxis, viele Beisen, endlich Berufung in das Ministerium als Beferent fiir das
Kirchenbauwesen. Hierzu kamen noch aufsergewöhnliche Aufträge, die micli 1870 nach Atlien und Konstantinopel, 1871 nach
Jerusalem und 1874 nach Olympia führten. Namentlich diese letzte ehrenvolle Aufforderung durcli meinen unvergefslichen Freund
Curtius, ihm als teehnischer Oberleiter der vom Deutschen Beiche beabsichtigten Ausgrabungen in Olympia zur Seite zu stehen
hat mich zunächst sieben Jahre hindurch mit der Lösung der Aufgabe selbst beschäftigt und dann nach einer mehrjährigen Pause
wieder vierzehn Jahre lang als Mitherausgeber der gewonnenen kunstwissenschaftlichen Erträge bald mehr, bald weniger in Anspruch
genommen.

Erwägt man noch, clafs mir während dieser Zeit aufser dem Neubau einer beträchtlichen Anzahl von Dorf- und Stadt-
kirchen die Wiederherstellung mehrerer gröfserer Kunstdenkmäler, wie der Schlofskirche zu Witteiiberg, des Domes zu Schleswig,
der Willibrordi-Kirche zu Wesel und der Erlöser-Kirche zu Jerusalem oblag, so wird man — insbesondere die Fachgenossen-
schaft —, wie ich hoffe, geneigt sein, bei der Beurtheilung der Saclilage diesen thatsächlichen Verhältnissen Beclmung zu tragen
und mich zu entschuldigen.
 
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