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chen stiften, Städte und Dörfer darin gründen zu können. Selbst
die ßurg Brandenburg, unter deren Schutze jene erste Pfarr-
kirche St. Godehard erbaut worden war, und vor deren Tho-
ren sich inzwischen eine niederländische Kolonie im Dorfe Lucke-
berg mit einer schönen Backsteinkirche angesiedelt hatte, fiel
nochmals im Anfange des Jahres 1157 in die Hände des heid-
nisch und unabhängig gebliebenen Wendenfürsten Jaczo von
Köpenick, eines nahen Verwandten des Pribislav. Obgleich
Jaczo noch in der Mitte desselben Jahres durch Albrecht’s
Tapferkeit wieder aus Brandenburg vertrieben wurde, so be-
zeugt allein schon die Thatsache der theilweisen Zerstörung
jener beiden Kirchen die fortdauernde Unsicherheit der politi-
schen Besitzverhäitnisse, so wie andrerseits in der Eifersucht
und dem Neide eroberungssüchtiger Nachbaren, insbesondere
der sächsischen Fürsten und der Erzbischöfe von Magdeburg
der Grund zu suchen ist, weshalb Albrecht trotz seiner Energie
und Umsicht die Okkupation der slavischen Gebiete nicht rascher
und vollständiger durchzuführen vermochte. Gleichwohl gelang
es ihm, noch bei seinen Lebzeiten das ganze Havelland, sowie
die Grafschaft Ruppin nicht nur sicher zu behaupten, sondern
auch Theile des Teltow zu erobern, wodurch sein Gebiet an
der Ostseite bis an das Südufer der Spree (in der Gegend des
heutigen Berlin) sich erweiterte. Weniger gelangen seine Be-
strebungen an der Südseite, weil wahrscheinlich gleich nach
dem Falle von Brandenburg (1157) das Land Jüterbock von
dem Erzbischofe Wichmann von Magdeburg erobert und dadurch
Jahrhunderte lang der Mark entfremdet wurde. 1) Auch war Wich-
mann einsichtig genug, das von Albrecht bei Germanisirung der
altmärkischen Distrikte bereits erfolgreich angewendete Koloni-
sationsverfahren, zur Urbarmachung der zahllos vorhandenen
marschmoorigen Ländereien, niederländische Bauern heranzuzie-
hen, — sofort für das neu eroberte Land zu wiederholen. Mit-
ten in sumpfiger Niederung wurde daher um 1158 „auf dem
Damme“ zu Jüterbock 2) eine solche Niederlassung begründet,
deren Existenz durch urkundliches Zeugnifs eben sowie durch die
Erbauung einer romanischen Backsteinkirche zweifellos gesichert
ist. Schwerlich ist diese Ansiedlung die einzige gewesen, aber
die gröfsere Zahl derselben ist im Jahre 1179 in Folge eines
furchtbaren Verwüstungszuges der Spreewenden so schwer be-
troffen und beschädigt worden, dafs ihre lokale Geschlossenheit
aufgehört hat und ihre ehemalige Anwesenheit im Lande mehr
durch Ortsbezeichnungen, Familiennamen und Rechtsgewohn-
heiten :1) bezeugt wird, als durch das sonst so charakteristische
Auftreten des Backsteinbaues. Wahrscheinlich ist daher die
kühne wenn auch nur vorübergehende slavische Wiederbesetzung
Brandenburgs 1157, ebenso wie der vernichtende Zerstörungs-
zug der Wenden nach Jüterbock 1179, Veranlassung gewesen,
die für die Mittelmark beabsichtigten, wenn nicht bereits ein-
eeleiteten Ansiedlungen der Niederländer zu unterbrechen, denn
nur unter solcher Annahme erklärt sich die auffallende That-
sache, dafs der bis zu den Tagen Albrecht’s und Wichmann’s hin-
aufreichende Backsteinbau in der Mittelmark und im Lande
Jiiterbock nur durch die Dorfkirchen zu Luckeberg 1), auf dem
Damme zu Jilterbock, zu Pechüle bei Treuenbrietzen und zu Wu-
sterwitz bei Brandenburg vertreten wird. Aber bei der Zersplit-
terung der bereit.s ansässig gewesenen niederländischen Kolonien,
und bei dem fortdauernden Zuzüge anderer deutscher, zumal säch-
sischer Ansiedler wird es leicht begreiflich, dafs der in den alt-
märkischen Distrikten so rasch aufgeblühte Backsteinbau in der
Mittelmark und in Jüterbock so wenig Pflege und weitere Fort-
bildung gefunden hat. Auch darf schliefslich der Umstand nicht
übersehen werden, dafs die Widerstandskraft der Wenden noch
immer nicht gebrochen war und daher gerade diese Gebiete

’) Raumer. Reg. 1251.

2) Vergl. H. Otte. Kurze Gesch. der Stadt Jüterbock iu Puttrich Denkmale ete.
Bd. II, Abth. II. und Heffter Chronik der St. Jüterbock. S. 66 ff. Raumer. Reg. 1461.

3) Heffter a. a. 0. S. 68 ff.

4) Wegen ihrer Seltenheit bereits auf Blatt III und IV abgebildet.

als stets bedrohte Grenzländer zunächst durch Burgwarten und
Landwehren geschützt werden mufsten, bevor man an kunst-
volle Denkmalsbauten denken konnte. Albrecht’s des Bären
Grenzschlösser wie Bötzow und Spandow, Görzke, Saarmund und
Beuten') werden, fafls sie Steinbauten enthielten, vermutlich nur
Granitbau gezeigt haben, docli läfst sich wegen des völligen
Unterganges aller dieser Burgen nichts Sicheres beweisen.

Ueberdies hat Albrecht den Backsteinbau nicht aus den
Augen verloren, denn nocli in seinen letzten Lebenstagen
wurde unmittelbar nach der Einweihung des Havelberger Do-
mes im Jahre 1170 der Neubau des Domes zu Brandenburg in
Backsteinbau begonnen und um 1194 erfolgreich vollendet. 2)
Auch sein Sohn und Nachfolger Otto I., der die väterlichen Ge-
biete durch die Eroberung des Landes Löwenberg auf der Nord-
seite nach Meklenburg hin erweiterte, beförderte sodann die
Entwicklung des Backsteinbaues durch den Bau des von ihm
1180 gestifteten Cistercienserklosters zu Lehnin, 3) welches die
in der Altmark und im Lande Jerichow mehr und mehr er-
probte Technik auch nach Süden hin ausdehnte.

Die späteren Bauausführungen des Erzstiftes Magdeburg im
Lande Jüterbock lassen dagegen eine fortdauernde Bevorzugung
des Granitbaues erkennen, der unter fortgesetzter Pflege wäh-
rend des XII. Jahrh. bei vielen Kirchen des Flämings, zuletzt
bei dem von ca. 1200 —1220 bewirkten Neubau des schon 1171
gestifteten Cistercienserklosters Zinna 4) eine selten gediegene
und konsequente Verwendung gefunden hat.

Die weitere politisehe wie kulturliche Entwicklung der Mark
Brandenburg wurde leider nach dem Tode Otto I. in Folge
von Erbstreitigkeiten unter seinen Söhnen und bei ehrgeiziger
Einmischung des erzbischöflichen Stuhles von Magdeburg, insbe-
sondere durch das Uebergewicht Dänemarks, welches den ganzcn
Norden botmäfsig zu machen trachtete, wesentlich gehemmt.
Aus diesen Ursachen erklärt sich der mehrere Jahrzehende hin-
durch dauernde Stillstand in der Entwicklung des Landes, wel-
cher auch durch das Aufhören aller baulichen Unternehmungen
schlagend bezeugt wird. Eine wesentliche Besserung dieser Ver-
hältnisse läfst erst die alleinige und thatkräftige Regierung Al-
brecht’s II. (eines Enkels des Bären) erkennen. Diesem Für-
sten gelang es um 1210 Zehdenick, sodann Liebenwalde, und
Oderberg um 1215 5 6) zu gewinnen und dadurch mittelst einer
Kette von vorgeschobenen Befestigungen den für die Entwick-
lung des Handels so überaus nothwendigen Oderstrom zu errei-
chen. Leider starb dieser tapfere und willensstarke Askanier zu früh
(1220), um die weiteren Früchte so glänzender Aussaaten selbst
zu erndten; indessen traten seine beiden bölme Johann I. und
Otto III. würdig in des Vaters Fufstapfen und sicherten un-
mittelbar nach ihrer Volljährigkeit ( 1225) nieht nur die alten
Besitzungen, sondern erwarben nach harten Kämpfen um das
Jahr 1232 den ganzen Barnim nördlich von der Spree zwischen
Havel und Oder. c) An diese Gebietserweiterung schlofs sicli
sehr bald darauf die ihnen von sächsischen Fürsten mehrere
Jahre hindurch streitig gemachte Besetzung der festen Schlösser
Köpenick und Mittenwalde 7) sowie die Erwerbung der Ober-
lausitz, endlich die Eroberung der Uckermark (1250) und des
Landes Lebus, welches 1252 zwischen Magdeburg und Branden-
burs anfangs getheilt, um 1284 aber vollständig an die märki-

schen Fürsten abgetreten wurde. 8)

Eine so thatkräftige die ehemaligen Gebiete der Mark um
das Doppelte erweiternde Regierung veranlafste auch einen neuen
und glänzenden Aufschwung in der Baukunst, welcher nicht nur
in der zahlreichen Gründung von Dörfern und Ausstattung der-

4) Vergt Fidiein. Territorien der Mark,Brandenburg. Band I. Kinleit. II. ff.

2) Vergl. Band I, S. 11 ff.

3) Heffter, Geschichte des Klosters von Lehnin. S. 21 ff. u. Riedel a. a. O. X,
182 ff.

4) Vergl. Puttrich. II, 2. Abthl. Jiiterbock Bl. 13, 15, 1G.

5) Fidicin. Territorien etc. II, Einl. V. ff.

6) Riedel Mark Brand I, 390 ff.

7) Fidicin Territorien etc. I. Einl. VI. ff.

8) Voigt Histor. Atlas d. Mark Brand., S. 35.
 
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