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Adler, Friedrich
Mittelalterliche Backsteinbauwerke des Preußischen Staates (Band 2) — Berlin, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.31748#0054
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und St. Maria für Berlin und St. Peter für Cöln; 2. zwei
Klosterkirclien: die Franziskanerkirche nebst Kloster in Berlin
und die Dominikanerkirche nebst Kloster in Cöln; 3. vier
Kapellen: eine innerhalb, die drei anderen aufserhalb der Mauern
belegen. Innerhalb Berlins lag die Kapelle St. Spiritus nebst,
dem Hospitale gleichen Kamens, aufserhalb desselben die Ka-
pelle St. Georg nebst Hospital vor dem St. Georgen- oder Oder-
berger Thore. Von den beiden letzten zu Cöln gehörigen Ka-
pellen war die eine, St. Gertraud, wieder mit einem Hospitale
verbunden, während die zweite eine kleine Votivkirche, die
Frucht einer Pilgerfalirt zum lieiligen Lande war und deshalb
Jerusalem hiefs. Beide Gotteshäuschen lagen vor dem Ger-
trauden - Thore.

An Denkmälern der Profanbaukunst waren aufser dem
Rathhause und dem den Landesfürsten gehörenden hohen Hause
in der Klosterstrafse zu Berlin, das Rathhaus und das Hohen-
zollernschlofs in Cöln vorhanden. Dazu kam die Befestigung
beider Städte mit Wällen, Gräben, Mauern, Weichhäusern,
Thoren, Brücken und Pforten. Berlins Befestigung war die
stärkere, denn aufser dem Walle, den doppelten Gräben und
der Mauer mit ihren Weichhäusern besafs es drei Thore, zum
Theil mit Zwingern mid Aufsenthoren: 1. das Spandauer Thor,
2. das Oderherger oder Georgen-Thor und 3. das Stralauer
Thor, während Cöln nur zwei befestigte Zugänge hatte: 1. das
Gertrauden-Thor mit Brückenkopf und Zwinger und 2. das
Köpenicker Thor.

Der gröfste Theil dieser Befestigung des Mittelalters ist
entweder ganz verschwunden oder durch Umbauten so durch-
greifend verändert worden, dal's auf eine Wiedergabe verzichtet
werden mufste. Ungern geschah dies aucli für die beiden grofsen
Pfarrkirchen Berlins, St. Nikolaus und St. Maria, aber so werth-
voll sie fiir die Stadtgeschichte Berlins auch sind, innerhalb
des Denkmälerkreises der Mark nehmen sie keine solche Stel-
limg ein, um eine Veröffentlichung an dieser Stelle zu recht-
fertigen. Nur die beiden ältesten Kircliengebäude Berlins ver-
dienen eine nähere Würdigung. Es sind dies die Franziskaner-
Klosterkirche und die Kapelle des Hospitals St. Spiritus.

a) Franziskaner-Klosterkirche.

Historisches.

Unter den vielen Kennzeichen für das rasche Aufblühen
Berlins ist die von Angelus in seinen Annalen 1) erwähnte That-
sache von besonderer Bedeutung, dafs der Franziskaner-Orden
schon 1249 in Berlin sich niedergelassen hatte, weil ein Bettel-
orden nur in einer hinreichend grofsen und bevölkeiten Stadt
seine Nahrung finden konnte. Diese chronistische Meldung
wird acht Jahre später urkundliclr dadurch bestätigt, dafs der
1249 als Beichtvatcr der Markgrafen Jöhann I. rmd Otto IIT.
genannte Lektor Herrmann im Jahre 12 t) 7 unter den Zeugen
einer Schenkungsurkunde derselben Fürsten für das Kloster
Zehdenick an erster Stelle verzeichnet steht. j Wo der erste
Konvent gehaust hat, steht niclit fest — eine ältere Xachrichi
bezeiclmet das Flaus Spandauerstrafse JSTr. 49, welches später
als Sitz cler Blankenfelde’s erscheint, als erste Niederlassung,
— indessen ist diese Ueberlieferung ganz unsicher und für die
Baugeschichte des Klosters werthlos.

Dagegen meldet eine mehrfach besprochene Inschrift, welche
sich an dem Chorgestiihle der Kirche (Nordreihe, unterste Zeile)
noch hefindet und höchst wahrscheinlich gleichzeitig mit dem-
selben um 1510 entstanden ist, zwei wichtige Thatsachen.
Erstlich hätten im Jahre 1271 die Markgrafen Otto V. und
Albrecht III. aus besonderer Ergebenheit für den Orden ein
ihnen gehöriges Grundstück zur Erbauung des Klosters über-

1) Angelus, Annales Marchiao Brandenburgicae 1598. S. 103.

2) Riedel, A. XIII, 128 S. 103.

wiesen und zweitens hätte 1290 der Ritter Jaeob von Nebede 1)
seine zwischen Tempelhof und Berlin belegene Ziegelei den
Brüdern geschenkt. „Daher sind,“ so schliefst die Inschrift,
„der gedachte Ritter und die vorgenannten Fürsten die Stifter
dieses Klosters.“ Erfreulicher Weise ist eine Uebertragung der
üher die letzte Schenkung ausgefertigten Urkunde in einem
Kopialbuche des Geh.-Staatsarchives noch erhalten, aus der
wir ersehen, dafs am Feste von Mariä Geburt, 8. September
1290 die Schenkung in Gegenwart einiger Berliner Bürger als:
Curd Schönhausen, Jacob von Lietzen und Curd Belitz und
auch Meister Siegfrieds erfolgt ist, Aus der Thatsache, dafs
dieser weder Kleriker noch Mönch war und aus der Formel
„und auch“ darf man schliefsen, dafs er nicht zu den Berliner
Bürgern gehörte. Endlich hat auch der Ausdruck „Meister“
also magister in der zweifellos lateinisch verfafsten Urschrift
seine Bedeutung und es liegt auf Grund vieler Beispiele aus
dem XIII. Jahrhundert sehr nahe, das magister zu magister
operis zu ergänzen und ihn mit dem Baue des Klosters und
der Kirche zu verbinden. Siegfried empfinge dann die Ehre,
den langen Reigen der Berliner Baumeister als der älteste, den
man kennt, zu eröffnen, aher vorläufig kann dies nur a.ls eine
wahrscheinliche Vermuthung gelten, denn mit den vorhandenen
Hilfsmitteln läfst sich keine sichere Entscheidung geben.

Im XIV. Jahrhundert scheint der Franziskaner-Konvent
in Berlin bei dem hayrischen Fürstenhause, welches damals die
Mark besafs, in hesonderer Gimst gestanden zu haben, weil
mehrere Glieder dieses Geschlechts in der Kirche hegraben
worden sind, nämhch che Kurfürstin Margarethe, Gemahlin
Ludwigs des Aelteren 1340, sodann Kunigunde, Gemahlin
Ludwils des Römers 1357 und endlich dieser selbst 1365.

O

Eine Memorientafel für die beiden letztgenannten führt Gar-
caeus 2) im Jahre 1582 an, Indem er sie als „ad parietem in
Glioro versus sinistram“ befindlich lokalisirt. 3) Diese Tafel war
1728 noch vorhanden.

Der furchtbare Brand des Jahres 1380, welcher einen
grofsen Theil Berlins in Asche legte, liat die Klosterkirche
nicht hetroffen. Aus der Hohenzollernzeit liegt eine Urkunde
des Kurfürsten Friedrichs II. vom Jahre 1443 vor, worin er
den Mönchen den Besitz ihrer Ziegelei am Tempelhofer Berge
bestätigt, ein auffallendes Fakturn, weil Grundbesitz aufser
Kloster und Kirche den Bettelorden verhoten war. Es folgen
sodann zwei Bauinschriften im Kloster selbst, welche noch heute
erhalten sind. In der ersten verewigt sich ein Meister Bern-
hard als Urheber des zweigeschossigen Hallenbaues, der den
Ostfhigel des nördlich von der Kirche helegenen Klosters bildet
und von 1471 — 74 zur Ausführung kam. Die zweite besa<>'t
dafs 1516 — 19 der lange Nordflügel jenseits des zweiten Kreuz-
ganges erbaut worden ist. Nach der Reformation und nach
dem Absterhen des letzten Mönches hezog 1571 der Leibarzt
des Kurfürsten, Leonhard Thurneisser, einen Tlieil der Kloster-
gebäude und lo74 wurde in dem anderen und gröfseren Tlieile
das Gymnasium des Grauen Klosters eingerichtet. Endlich
wurde (1842 44) die Klosterkirche unter von Quast’s Leitung

einer Wiederherstellung unterzogen, wobei ihre Vorderfront durch
Hinzufügung zweier achteckigen Treppenthürme mit Zinkhelmen
und eines ebensolchen Firstthürmchens den bis dahin hewahrten
alten schhchten Kunstcharakter leider eingehiifst hat.

Baubeschreibung.

Die Klosterkirche nimmt unter den drei noch erhaltenen
Kirchen des Mittelalters in Berlin nicht blofs die erste Stelle

1) Ein Yasall der Markgrafen, welcher in ihren Urkunden von 1280—1300
mehrfach als Zeuge erscheint.

2) Garcaeus, II. 133, Angelus 159 und Kiister, II. 003.

3) Die Bettelordenskirchen scheinen derartige Inschriften aus Ruhmsucht
gern angeordnot zu haben, denn wir finden solche noch in Brandenburg (St. Paul),
Prenzlau und in Neu-Ruppin an gleicher Stelle im Chore der Dominikanerkirchen.
 
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