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P. Die Stadt Straufsberg.

Historisches. '

In einer Magdeburger Chronik wird Straufsberg 1238 als
Stadt erwähnt und der in Straufsberg geborene nachmittel-
alterliche Chronist Angelus rneldet von ihr zum Jahre 1254,
dafs Markgraf Johann I. sie erweitert und mit festen Mauern,
Wällen und Gräben befestigt habe. 1) In demselben Jahre ist
auch das Dominikaner - Kloster durch Johanns Bruder, den
Markgrafen Otto III. gegründet worden, welches 1266 vom
Papste bestätigt wurde und ein Jahr später den Leichnam des
fürstlichen Stifters aufnahm. Albrecht III., dritter Sohn Otto III.,
iiberwies 1299 die landesherrliche Burg den Dominikanern zum
Zwecke der Erweiterung ihres Klosters. 2) Die unter dem
Scepter der Anhaltiner gut aufgebliihte und auch von den
bayrischen Fürsten oft unterstiitzte Stadt — sie konnte 1342
ihre alte Pfarrkirche bereits mit Gewölben ausstatten 8) — hat
später viel Ungemach erduldet. 1402 ward sie mit Hilfe des
Dietrich von Quitzow von den Ponnnerschen Herzogen besetzt
und 1432 von den Hussiten erobert und grofsentheils nieder-
gebrannt. 3) Nachdem ihr in Folge dieses Sclilages die Urbede
und andere Abgaben auf zwölf Jahre erlassen worden waren , 4)
verstärkte man zunächst die Mauern und Thore und stellte
1443 die Pfarrkirche mit ihren Gewölben wieder her. Das
1339 erbaute Ratlihaus wurde 1508 zum Theil abgebrochen
und 1528 um das Doppelte erweitert, während man gleichzeitig
die Pfarrkirche „ausputzte und malte“. 5 *) Diese Nachricht be-
stätigt auch eine noch erhaltene Inschrift in der Kirche. Die
im Jahre 1496 erneuerte Wallfahrtskapelle St. Maria auf dem
Krähenberge wurde 1508 zerstört und das Dominikaner-
Kloster 1541 aufgehoben. Nach mehrfachem Besitzwechsel
wurde die Klosterkirche schon im XVII. Jahrhundert Kuine,
denn im Jahre 1646 verkaufte die Besitzerin des Grundstückes,
Frau von Röbel, einige Pfeiler derselben an den Magistrat
von Berlin, um aus dem Materiale (Kalkstein von Rüdersdorf)
Kalk brennen zu lassen. Jetzt ist jede Spur dieses oft ge-
priesenen Denkmales verschwunden.

Pfarrkirche St. Maria.

Der Grundrifs (untenstehender Holzschnitt) zeigt eine
dreischiffige kreuzgewölbte Pfeilerbasilika mit einem plattge-
schlossenen Chore von ungewöhnlicher Länge, den Sterngewölbe
überdecken, und einem breitgelagerten massiven Westthurme,

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der vor der Breite des Langhauses nur wenig vorspringt. So-
wolil an der Nord- wie an der Südseite des Chores befinden
sich Anbauten, von denen der erstere eingeschossig ist und als
Sakristei dient, der letztere zwei Geschosse besitzt — unten
Bahrenkammer (östlich) und Vorhalle (westlich) — und oben

1) Angelus, Annal. March. 104. 2) Fischbach, Städte-Beschreibung

der Mark Brandenburg, S. 504. — Riedel a. a. O. XII, 67. 3) Angelus 150.

4) Angelus 210 und Biedel XII, 96. 5) Angelus 311.

nuttelst zweier Spitzbogen nach dem Mittelschiffe geöffnet, zur
Empore eingerichtet ist. Zweifellos ist dieser Südbau eine
Gilden- oder Brüderschafts - Kapelle gewesen, wie aus der
Existenz zweier schlanken Fenster über einander in der Ostwand
lieivorgeht, und zwar wahrscheinlich des Kalandes oder der
Elendenbrüderscliaft, deren Altar schon 1339 genannt wird.')

Bemerkenswerth sind bei so einfacher und strengge-
schlossener Planbildung erstlich die stattlichen Mafse 158 Fui's
Länge und 61 Fufs Westfrontbreite, zweitens die Materialien.
Dei ganze Bau ist aus Granitquadern in der besten Technik
heigestellt worden, nur für die Gewölbe des Langhauses und
des Clioies, sowie für die hinzugefügten Strebepfeiler und
spätei eingebiochenen Fenster hat man Backsteine verwendet.
Die dritte und die hervorragendste Eigenthümlichkeit ist die
seltene Erhaltung, welche der Kirche in der Baugescliichte der
Maik Biandenburg eine liolie Rangstellung verleiht. Sie hat
unter so vielen ihres Gleichen allein den ecliten Typus des
gothischen Uebergangsstiles aus dem ersten Drittel des
NIII. Jahrhunderts vollkommen rein bewahrt. Was Zinna’s
Ivirche unter den Klosterkirchen ist, das ist sie unter den
Pfarrkirchen, ein schlichter, aber fast unzerstörbarer Monu-
mentalbau, der summarisch das erhalten zeigt, was in Berlin,
m Prenzlau und Angermünde und in so vielen anderen Städten
nur noch aus Bruchstücken geschlossen werden kann. 2)

Der oblonge Westthurm steigt völlig lothrecht in zwei Ab-
sätzen auf und besitzt unten ein zweifach gestuftes Spitzbogen-
portal und oben rundbogige Schallöffnungen, welche durch
schlanke Kalksteinsäulen in zwei Spitzbogenöffiiiungen getheilt
sind, während ihre Einfassungen aus demselben Materiale be-
stehen. Im Untergeschosse befinden sich drei scharfgratige
Kreuzgewölbe aus platten Findlingen hergesteHt. Die Ober-
mauern des Langhauses ruhen auf breiten gothischen Arkaden,
welche quadratische Granitpfeiler mit gekehlten Basen und
ehensolchen Kämpfern — ähnlich denen von Zinna — stützen.
In den Seitenschiffen hat man die alten Fenster, welche
höchstwahrscheinlich wie die vermauerten aber sonst wolil-
erhaltenen Oberfenster rundbogig mit Granitquadern überdeckt
waien, durch bieite gothische Fenster in Backsteinen ersetzt.
Die *ei Schiffe sind mit kräftigen Kreuzgewölben auf Birnen-
lippen, die von derben Kalksteinmasken getragen werden,
überdeckt. Schlufssteine fehlen und vorgekragte Schildbogen
besitzen nur die Gewölbe des Mittelschiffes. Chor und Lang-
liaus trennt ein breiter, etwas gedrückter Triumphbogen mit
einhüftigen Kämpfern. Der plattgesclilossene, wohlerhaltene
Chor hat drei reicli gegliederte Sterngewölbe erhalten, welche
fast dieselbe Gliederung zeigen, wie die in der Pfarrkirche von
Müncheberg. Das Rippenprofil ist ebenfalls birnenförmig ge-
staltet, abei fiauer und schlanker, wie das im Langhause, und
die Rippen setzen auf bankartigen Kämpfern auf. Sicherlich
ist diese Chorüberwölbung 1443 ausgeführt worden, während
die Gewolbe des Langhauses von 1342 datiren.

Die Malerei an den Chorgewölben zeigt noch wohlerhalten
das Datum ilirer Ausführung, 1524. Dargestellt ist die Krö-
nung Maria’s, Christus als Weltenrichter, ferner Maria knieend
mit Spruchband, an weiblichen Heiligen sielit man Katharina,
Magdalena, Margaretha sowie Johannes den Täufer, die vier
Evangelistensymbole, ferner einen Engel mit dem Kreuze, einen
zweiten mit, der Dornenkrone, mehrere Engel mit Musikinstru-
menten, endlich die Wappen der Mark Brandenburg und der
Stadt Straufsberg. Die ganze Malerei ruht auf weifsem Grunde,
alle Umrisse sind schwarz gefärbt und die Gewänder schwach
illuminirt. Farben sind sparsam verwendet, grün, rothbraun,

1) Biedel XII, 72.

2) Für Berlin ist die Marienkirche von Straufsberg um desivillen so wichtig,

:il die 1223 erbaute Pfarrkirche St. Nikolaus nur zwölf Jahre älter war, als jene

id sicher denselben Grundrifs mit plattgeschlossenem Langchore besessen haben

rd. Ein zweites gleichzeitiges Beispiel mit derselben Planbildung ist die Pfarr-

»u wahrscheinlich um 1240 ausgcfiihrt.


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