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blieben, welche eine Erwähnung verdienen. Die wichtigsten
derselben hat Bergau in seinem Inventar der Bau- und Kunst-
denkmäler in der Mark Brandenburg nach sehr charakte-
ristischen und schönen Beiseskizzen des Begierungs - Bau-
meisters Biidell auf den S. 366 — 373 veröffentlicht. J)

1. Messinggrabplatte des Bischofs Johann von Deher,
•f 1455, 5 Fuls breit und 7 Fufs 6 Zoll lioch, aus zwölf
Platten hergestellt; zum gröfsten Theile gravirte Arbeit, zum
Theil flaches Belief. Kräftige und gute Technik bei stilgemäfser,
noch strenger Behandlung. Die älteren Grabplatten derselben
Gattung in den Domen zu Lübeck und Schwerin stehen künst-
lerisch allerdings liöher.

2. Siebenarmiger Leuchter aus Erz auf drei Löwen ruhend;
[sehr ähnlich dem grofsen in Werben und dem kleineren im
Dome zu MagdeburgJ; am Eufse die Inschrift: Georgius van
gots gnade Biscliof zu Lubus un Batzeborgh. 1538.

3. Schmiedeeiserne Lichterkrone, aus zwei Beifen nebst
Hängebügel bestehend, für 32 Kerzen.

4. Bronzenes Taufbecken in Formen der Steinmetztechnik;
am Fufse vier Wappen des Bischofs Friedrich Sesselmann.

5. Sakramenthäuschen, 2 3) von 12,5m Höhe. Luftiger, spät-
gothischer Sandsteinbau, viergeschossig, auf dreiseitigem Unter-
bau mit Mittelpfeiler, oben sechseckig mit kühn nach aufsen
gescliwungenem Wimpergenkranze, und mit schlankem Stein-
helme endigend. Die Pfeiler, Abdeckungen und Kelilen sind
mit kleinen, überaus zart gearbeiteten Statuetten von ITeiligen
und Engeln, Menschen und Thieren geschmückt. Aucli die
Abschlufsgitter des Hauptgeschosses sind meisterhaft gearbeitet.
Das herrliche, leider ganz verwahrloste und wichtiger Figuren
schon beraubte Denkmal ist eine Stiftung des Bischofs Dietrich
von Bülow aus dem Jahre 1511 und trägt folgendes Meister-
monogramm:

Flnl M.

6. Sandstein-Epitaph des Bischofs Dietricli von Biilow.
Hoclirelief, der Bischof vor dem Kruzifixe knieend, durch den
seelischen Ausdruck des Stifters bemerkenswerth.

7. Grofse Grabplatte des Bischofs Friedrich Sesselmann,
J- 1483, von Kalkstein; mäfsige Arbeit, alles flüchtig in Um-
rissen dargestellt.

8. Grabstein des Bischofs Christophorus von Botenhan,
j 1436. Sandstein, mit der kleinen Figur des Yerstorbenen
in der Mitte und seinem grofsen Wappen darunter, beide in
Flachrelief aus Erz gegossen und eingelegt.

9. Denkstein zur Erinnerung an die feierliche Grundstein-
legung zum Domneubau irn Jahre 1446. Sandstein, mit der
Figur des Bischofs Johann von Deher im Ornate nebst Um-
schrift sowie dem Stifts- und Familienwappen, stand lange
im Freien, daher sehr verwittert.

10. Hauptaltar von Holz in reichen Benaissanceformen,
mit Säulen, Konsolgesimsen, zwei Statuen und vielen Engels-
köpfen, reich bemalt und vergoldet, von 1570; ein wohl-
erhaltenes und verhältnifsmäfsig strenges Werk mittleren Banges,
weil weit entfernt von der Schönheit des Eberswalder Altares
gleicher Epoche.

Rathhaus. 8)

Ein einfacher aber anziehender zweigeschossiger Qblongbau
von mittlerer Gröfse aus Backsteinen errichtet und geputzt.
An der kurzen Ostseite erhebt sich ein viereckiger Uhrthurm
und hinter ihm liegt eine mächtige, breitgespannte, spitzbogige,
zweijochige Durchfahrt, welche mit Sterngewölben auf ab-
gekehlten Bippen bedeckt ist. Die alten Fenstergewände be-

1) Aeltere Abbildungen bei Jobst und Beckmann a. a. 0. S. 1 und 44;
ferner bei Goltz a. a. O., im Kupferbande Tafel 3 —10.

2) Beste Abbild. bei Bergau S. 366.

3) Abbild. bei Bergau S. 373.

standen aus Sandstein und waren in spätgothischer Weise mit
feinen, in den Ecken sich überschneidenden Bundstäben mit
schraubenförmigen Basen zierlich dekorirt. 1) Leider sind nur
einige Beste davon erhalten, aucli fehlen alle Kreuzstöcke.
Das Innere ist durch mehrfachen Umbau gleichfalls völlig ver-
ändert. Die Hinterfront schmückt ein mit durchschlungenen
Spitzbogenblenden üppig gegliederter Giebel, 2) welcher dem
Schlusse des XYI. Jahrhunderts angehört und wahrscheinlich
nach dem Brande von 1576 zu Stande kam. An der Yorder-
front befindet sich dagegen das in Bronze gegossene Wappen
des Bischofs Dietrich von Bülow (1490 —1523), mit dessen
Unterstützung das Rathhaus um die Wende des XVI. Jahr-
hunderts erbaut wurde. Leider liat man später den Obertheil
des Thnrmes mit seiner achteckigen Holzspitze in den nüch-
ternsten Formen des Zopfstiles erneuert.

Eine wohlüberlegte und mafsvolle Restauration dieses für
die Mark nicht unwichtigen Denkmals ist zu wünschen.

Ringmauer.

Einige Tlieile der in üblicher ATeise unten aus geschichteten
Feldsteinen, oben aus Ziegeln erbauten Bingmauer mit mehreren
Weichliäusern sind nocli erhalten, während alle Thore leider
fehlen. Xur ein Mauerthurm steht noch aufreclit- er ist kreis-
rund, sein unteres Drittel besteht aus Findlingen, die oberen
Zweidrittel sind aus Backsteinen überaus sparsam gebaut, denn
hinter dem auf Rundstabgesimsen schwacli vorgekragten Zinnen-
kranze steigt eine massive Kegelspitze auf.

V. Die Ukermark.

Baug'eschichte.

Das im Jahre 1107 unter clie Herrschaft der Pommern
gekommene Ukerland hat iiber anderthalb Jahrhunderte die
Schicksale jenes Herzogthumes getheilt. Yerhältnifsmäfsig früh
fand das Christenthum durcli die Missionsreisen des Bischofs
Otto von Bamberg 1124 und 1128 in Stettin und Demmin
Eingang, weil die Fürsten des Landes dasselbe erst geschützt,
dann dauernd gefördert haben. Ftirst Ratibor ist ein hervor-
ragendes Beispiel dafür.

Dennoch beliinderten die schweren Angriffskriege, denen
Pommern sowohl von deutscher wie von dänischer Seite aus-
gesetzt war, eine friedliche Entwickelung. Bald nach dem
Kreuzzuge von 1147, welchen Heinrich der Löwe und Albrecht
der Bär unter Theilnahme vieler geistlichen Fürsten gegen
Mecklenbure und Pommern unternommen hatten, wurde auf

o

dem Boden des letzteren Landes in Grobe auf der Insel Use-
dom das erste Kloster von dem Herzoge Ratibor 1150 ge-
stiftet. Der erste Konvent für dasselbe kam aus Havelberg
und bestand daher aus Prämonstratensern. Trotz der echt
fiirstlichen Ausstattung mit grofsem Landbesitze gelangte das
Kloster nur sehr langsam — die Kriegszüge Heinrichs des
Löwen im Bunde mit dem Dänenkönige Waldemar (1164 und
1166) führten sogar zu einer vorübergehenden Auflösung —
zu einer gedeihlichen Entwickelung. Elf oder zwölf Jahre
später entschlossen sicli die Söhne jenes Fürsten, naclidem
Grobe wiederhergestellt und noch reicher als früher ausgestattet
worden war, in dem Dorfe Gramzow, welclies Grobe gehörte,
ein zweites Prämonstratenserkloster zu gründen, um einen neuen
Stützpunkt für die Ausbreitung des Christenthums und der
deutschen Kultur zu gewinnen. Auf die Wahl des Ortes hat
wohl die Xähe der schon um 1128 angelegten Burg Prenzlau

1) Diese Architekturformen sind echt sächsischer Abkunft.

2) Sehr ähnlich dem Westgiebel der Franziskaner-Kirche zu Frankfurt a. O.
 
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