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Adler, Friedrich
Mittelalterliche Backsteinbauwerke des Preußischen Staates (Band 2) — Berlin, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.31748#0094
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des treffliclien Materiales lialber in aller Stille abgetragen zn
werden, unterlag. Jetzt steht nur nocli ein Theil der stolzen
Westfront aufrecht, während die Pfarrkirche wohlerhalten ist.

Baubesclireibung.

Der auf den Blättern LXXXXI und LXXXXII dar-
gestellte, trotz seines geringen Umfanges grofsartige Baurest
kann nur yerstanden und gewürdigt werden, wenn man ältere
litterarische wie zeichnerische Ueherlieferungen zur Prüfung.
heranzieht, In dem 1591 auf kurfürstlichen Befeld angelegten
Erbregister hefindet sich folgende kui'ze Erwähnung der Kirche
und des Klosters:

„Die Kirche ist ein ziemlich grofses Gehäude, inwendig
gewölbt und in ziemlich guten Würden. Darinnen ist aueh
ein Unterschied gemacht, also dafs in dem einen Unterschied
(sic!) wöchentlich gepredigt und in dem anderen Unterschied
das Getreide aufgeschüttet wird. Die Kreuzgänge an der
Klosterkirclie sind gewölbt .... Yor dem Kloster auf dem
Vorhofe ist eiu langer Stall zu 50 Pferden, dahei ein Häus-

gelb, blau und weifs angestrichen gewesen. Die Fenster sein
ziemlich hoch, aber nur Xordwärts. 1) Der Thurm mag nie
sein ausgebaut gewesen, das Mauerwerk aber daran ist nocli
in gutem Stande: Man sielit auch liin und wieder flamirte
Kreuze in einen Zirkel yerfafst.“ 2)

„In dem Chor ist der Altar mit daran stehenden alten
Bildern noch vorhanden u. s. w. Zwischen dem Chore und
Navi Ecclesiae ist. noch ein altes Kruzifix mit Maria, Johannes
und zwei Schächern, unter welehem u. s. w. Der Chor selbst
ist gar eng und geht von den mittelsten Pfeilern der Kirche
gleich. Yon dem Chor aber, bis da er verschlagen ist, scheint
(sic!) zwei Hallen gewesen zu sein und hat man dieses Theil
zu dem Evangelischen Gottesdienste gebraucht. Die franzö-
sische Kolonie ist vor 22 Jahren 3 4)“ — hier bricht der Satz
ab —. „In der Halle zur Bechten Hand stehen über dem Ein-
gange zur Ivirche drei Bischöfe in pontificalibus und Biscliofs-
Stäben. Bei dem Ersten steht J)ns. Segewinus Episcopus Ca-
minensis, bei dem Mittelsten Dns. Hermanus Eps. Cam., bei
dem Dritten Dns. Wilhelmus Eps. CamC) Aus der darunter
befindlichen lateinischen halbverlöschten Inschrift ergab sich,



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chen mit einer Stube und etlichen Kammern, dazu ein Yieh-
haus sammt einer Scheune sowie auch ein Thorhaus. Um das
Kloster herum befanden sich Baum-, Kraut- und Plopfen-
garten nach aller Xothdurft für die Haushaltung, wenn frucht-
bare Jahre kamen.“ Dazu findet sich unter den Manuskripten
des älteren Beckmann folgende Ergänzung, welche um das
Jahr 1710, jedenfalls vor dem Brande, von dem damaligen
Pfarrer Hoppe niedergeschrieben worden ist. „Die Kloster-
kirche 1) ist ein schönes, hohes und breites Gebäude und noch
in gutem Dacli (sic!), auch vollkommen gewölbt, ruht auf
zehn Pfeilern, die an dem Chor und Thurm mitgerechnet. . . .
Inwendig herum sind annoch die Bilder der zwölf Apostel,
ingleichen bei dem Eingange des Chores: Marici radiata, bei
dem Eingange der Kirche St. Georgen Bild, darunter Sancte
George .... Chasio .... An dem nächsten Pfeiler vor dem
Chore sieht man oberwärts noch diese Worte:

Anno Dni. Salutis nostre MCCCCLXXXXV constructum
est presens altare in.

Die Eingangspforte ist schön und hoch mit allerhand ge-
brochenen Steinen gezieret, so aber nun gemächlich eingehet
(sid). Die sechs mittelsten Pfeiler sein mit allerhand roth,

1) Unter Fortlassung der alten Orthographie mitgetheilt.

dafs diese Bisehöfe das Kloster unterstützt, z. B. den Zehnten
erlassen hatten u. s. w. Sie schlofs „Datum Anno Dni Mill.°
CC° VII°. Eps. nostri XXII°. 5)“

So mager diese Beschreibung auch ist, so überliefert sie
doch die wei'thvollen Thatsachen, dafs die wohlerhaltene Kirche
im Innern farbig ausgemalt war und einen Theil ihrer alten
Ausstattung, wie den Hochaltar, das Triumphalkreuz u. A. bis
1709 gerettet hatte. Zur weiteren Begründung wird gleichzeitig
mittels des Holzschnittes von dem Aeufseren des Klosters eine
bisher nicht veröffentlichte Federzeichnung vorgelegt, welche in
derselben Zeit und fiir denselben Mann — Beckmann den
Aelteren — angefertigt worden ist, dessen Korrespondent, der
Pfarrer Hoppe von Gramzow, die obige Beschreibung verfafste.
Daniel Petzold, welchem wir viele Städteprospekte der Mark
verdanken, mufs seine Skizze vor der grofsen Feuersbrunst von
1717, also etwa um 1710 —15 gezeichnet haben. Der dies-
seits des Gramzower Sees gut gewählte Standpunkt giebt eine

1) Hieraus folgt, dafs der Kreuzgang und mit ihm die Kiostergebäude an
der Siidseite lagen. Diese Planlage bedingt auch die Oertlichkeit.

2) Es sind dies die iiblichen Weihekreuze gewesen.

3) Hieraus ergiebt sich das Jahr der Niederschrift 1709 — 10.

4) Alle drei sind wahrscheinlich besondere Wohlthäter des Klosters gewesen.
Bischof Sigwin regiert von 1202 —19, Hermann 1251 —8S u. Wilhelm II. 1324 — 29.

5) Das Datum ist unbrauchbar, weil 1208 Sigwin regierte und erst vor sechs
Jahren, nämlich 1202 die Bischofsweihe empfangen hatte.
 
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