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architektonisch gegliedert. Noch jünger und den Abschlufs
bildend ist endlicli das letzte Jocli 1) nebst der breiten, sehr
schlichten Westfront. Das Hauptportal — Fig. 1 — erweist,

in der es
ist, durch sein im
nebenstehenden Holzschnitte mit-

getheiltes Einfassungsprofi 1 mit ge-

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trotz der guten Technik,
durchgeführt

bündelten Birnenstäben die vor-
gesclirittene Zeit. Darüber stehen
drei Spitzbogenfenster mit schlich-
tem, zwei- und dreitheiligem Mafs-
werke und iiber einem hohen Säge-
friese folgt dann der mit z wei Reilien
grofser

bogenblenden

Steinformat:
2. am Chore IOV4-

abei’ wenig tiefer Spitz-
isgestattete Giebel.
Bemerkenswerth ist das Fehlen der
für die inneren Arkaden nothwen-
digen Strebepfeiler an der Front.

1. am Scliiff IOV2, SVi und 3 3/r Zoll;
-IOV2, 4 3A und 3 3A Zoll.

Klostergebäude.

Das Kloster nebst dem Kreuzgange liegt auf der Siidseite
der Kirche und ist, abgesehen von mehrfachen Umbauten aus
verschiedenen Zeiten, im Ganzen wohlerhalten. Die Anlage
war auffallend grofs beniessen, denn der Kreuzgang hatte im
Lichten gemessen neun Joche und war durchweg gewölbt. Die
gekelilten Birnenrippen ruhten auf Konsolen und schlossen sich
an flacli dekorirte Schlufssteine; die Arkaden liatten drei-
theiliges Pfostenwerk. Der werthvollste Bautheil ist das zwei-
schiffige Refektorium, dessen Querschnitt Fig. 9 veranschauliclit.
Acht Kreuzgewölbe mit musterliaft gezeichneten Schlufssteinen
— vergl. Fig. 4 und 5 — und Rippen werden von drei
schlanken, achteckigen Sandsteinpfeilern getragen. Die Basen
sind leider unsichtbar, die Kapitelle — vergl. Fig. 7 und 8 —
sind kelchförmig gestaltet und mit steifen, breiten Blättern
belegt, welche schon archaistisch aussehen. Alle erkerartig ge-
zeichneten Konsolen an den Wänden sind schematisch aus
dem lufttrocknen Tlione geschnitten wie die Schlufssteine und
Pfeilerkapitelle. Der gröfsere Theil der Gebäude entstannnt
der ersten Plälfte des XIV. Jahrhunderts.

Steinformat: an der Xordseite des Kreuzganghofes IOV4
bis IOV2, 4 3/4 und 3 3/4 Zoll.

f) Franziskaner-Klosterkirche.

Ueber die Gründung dieser Johannes dem Täufer ge-
weihten Kirche liegen baugeschichtliche Nachrichten nicht vor. 2)
Doch geht aus der Stiftungsurkunde des Klosters Marienthür
bei Boyzenburg von 1269 mit Sicherheit die Thatsache hervor,
dafs der Orden damals in Prenzlau bereits ansässig war, was ein
Jahr später — 1270 — durch einen Yergleich mit der Stadt.
über die Erweiterung des Klosters bestätigt wird. 3) Auch ver-
rathen die Tieflage — 11 Stufen unter dem Strafsenpflaster —
die Technik und die Bauformen ein sehr hohes Alter unter den
Baudenkmälern der Stadt, nämlich wie von Quast bereits er-
kannt hat, eine Bauzeit um die Mitte des XIII. Jahrhunderts.
Das Gotteshaus ist eine kleine einschiffige, gewölbte Kirche,
welche saalartig fünfjochig und plattgeschlossen aus kubischen
Granitquadern und Ziegeln erbaut ist. 4) Die Anlage erscheint

1) Dafs dasselbe ein Zusatz ist, erkennt man auf der Nord- wie Südseite
durch den deutlich sichtbaren Anschlufsrifs, welcher von oben bis unten geht.

2) Die Urkunde von 1235 bei Seckt a. a. O. I, S. 147 ist, wie Kiedel XXI,
S. 87 erwiesen hat, falsch.

3) Kiedel XXI, S. 401.

4) Der Grundrifs, Blatt LXXXXIX, ist leider verkehrt gestellt, auch sind
die Unterschriften verwechselt worden. Die Fajade mit dem Giebelthürmchen ist
die Westfront, während die ausgewichene Ostseite die nachträglich hinzugefiigten
Strebepfeiler besitzt.

aus einem Gusse mit Ausnahme der Gewölbe und des Front-
giebels nebst Glockenthürmchen, die sicher erst dem XIV. Jahr-
hundert angehören. Auch das heutige Westportal ist ein spä-
terer, jetzt leider überputzter Zusatz. Der alte Eingang, eine
noch sichtbare, zweifach abgestufte, mittelgrofse Granitpforte
von guter Arbeit, lag in der Südmauer, während die Xord-
mauer eine zweite Granitpforte zum Kloster bewalirt. Aus
ihrer Existenz geht sicher liervor, dafs das jetzige, auf Blatt
LXXXXIX fortgelassene Portal erst ein Znsatz ist. Die
schlanken geschmiegten, aus Backsteinen hergestellten Spitz-
bogenfenster sind stets zu Gruppen von dreien vereinigt, welche
ein gröfserer einsteiniger Ziegelbogen umrahmt (Fig. 5). Xur
an einer Stelle der Südmauer, wo ein Klostergebäude anstiefs,
felilt die Fenstergruppe. Strebepfeiler waren nie vorhanden,
denn die drei Strebemauern an der Ostseite ' sind nur spätere
Zusätze, um das weitere Ausweichen des Ostgiebels zu be-
hindern (Fig. 2). Die schwerfalligen Halbsäulen mit trapez-
schildigen Würfelkapitellen sind aus Backsteinen hergestellt und
gut eingebunden, aber die Gnrtbögen und Gewölbe, welche sie
einst trugen, sind nicht melir vorhanden. Die jetzigen, mit
Schildrippen und dekorirten Schlufssteinen, aber ohne Qner-
gurte vortrefflich ausgeführten Ivreuzgewölbe, sind, wie ihre
Kunstformen beweisen, in der zweiten Hälfte des XIV. Jahr-
hunderts, und zwar im engen Anschlusse mit dem Xeubau der
Dominikaner-Klosterkirche zur Ausführung gelangt. Die Bippen-
profile stellt Fig. 4 dar und die Struktur geht aus dem Quer-
schnitte Fig. 3 hervor.

Es ist lebhaft zu bedauern, dafs die alten Gewölbe fehlen,
welche als scharfgratig und auf breiten Quergurten ruhend,
sicher vorauszusetzen sind, weil dann der alterthümliche Kunst-
charakter, den jetzt nnr die trapezschildigen Wiirfelkapitelle
noch andeuten, viel bestimmter hervortreten würde. Der back-
steinerne Ostgiebel, Fig. 1, besitzt in seiner sclilichten Blenden-
grnppe — ein Kreuz zwischen zwei Spitzblenden — noch alle
Kennzeichen des XIII. Jahrliunderts, während der Westgiebel,
Fig. 2, durch die Profilirung wie durch die Anhäufung der
Motive an dem Thürmchen auf die Spätzeit — Schlufs des
XIV. Jalirhunderts — deutet. Man darf diesen Giebel als
eine schwächliche Ableitung von dem künstlerisch viel bedeu-
tenderen Ostgiebel von St. Georg in Prenzlau bezeichnen. Das
Glockenthürmchen ist nach aufsen selir unbedeutend, nach
innen aber reichlich übergekragt und wird durch seitwärts an-
geordnete und in den Giebel eingebundene Strebepfeiler, welche
innerhalb der Dachflächen bleiben, zweckmäfsig verstärkt.

Für die Baugeschichte der Mark ist die Franziskaner-
Kirche von grofser Bedeutung, weil sie zn den wenigen er-
haltenen Bauwerken gehört, in denen der Versuch gemacht
worden ist, eine rationelle Verschmelzung der beiden durch die
Xatur ihrer Materialien so gegensätzlichen Bauweisen — des
Granit- und des Ziegelbaues — anzustreben. Und deshalb ist
es besonders schade, dafs der Fundationsbrief des Klosters
vei’loren gegangen ist; er würde wahrscheinlich bestätigen, was
man jetzt nur nach den Bauformen vermuthen kann, dafs der
Bettelmönchs- Orden schon 1240 liier festen Fufs gefafst hat,
also gleichzeitig mit seiner Ansiedelung in Berlin.

g-) Kapelle St. Georg.

Ueber diese weit aufserhalb der Stadt vor dem Schwedter
Thore gelegene Kapelle, welche, wie in so vielen anderen mär-
kischen Städten, mit einem Hospitale für Reisende oder mit
Aussatz behaftete Personen (daher domus leprosorum) verbunden
war, fehlt es gleichfalls an urkundlichen oder chronistischen
Xachrichten. Ihre Entstehungszeit darf aber, dem Wachs-
thume der Stadt entsprechend, in die zweite Hälfte des
XIIL Jahrhunderts gesetzt werden. Wann das Hospital ein-
gegangen ist, stelit nicht i'est, aber es ist verschwunden und
 
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