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zerstört wurde. Jetzt stehen noch aufser dem Stettiner Tlior-
thurme 1) die deckenden Nebenthürme des Schwedter und des
JSTeustädter Thores. T)ie Unterbauten aller drei Thürme be-

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lich 9 stellen ihn so eingehend dar, dafs eine genauere Be-
schreibung überflüssig ist. Das untere Drittel des quadratischen
Unterbaues besteht aus Granitquadern, der folgende Ober-

stehen aus gut behauenen Granitquadern, während ihre Auf-
bauten und oberen Abscliltisse aus Ziegeln erbaut sind. Auch
von dem Stettiner Thore hat Stüler eine Skizze gezeichnet,
welche hier im Holzschnitte mitgetlieilt, wird, weil sie die treff-

liche Erhaltung der Feldseite im Jahre 1831 wiedergiebt.
Man sieht aus ihr, dafs links ein kleines Weichhaus stand,
welches wahrscheinlich die Treppe zu dem gedeckten Wehr-
gange, der über dem Thore lag, umschlofs. 2)

Auf Blatt C wurden die Nebenthiirme der beiden letzt-
genannten Tliore dargestellt. Die Stadtseite des hohen und
stolzen Schwedter Thurmes veranschaulicht Fig. 10; man er-
sieht aus ihrer in halber Höhe erhaltenen, mit Zinnen ver-
sehenen Brustwehr, welchen bedeutenden Aufbau er nachträg-
lich erhalten hat. Der überaus schlichte Unterbau entstammt
sicher dem Schlusse des XIII. Jahrhunderts, während der mit
Stabfriesen, gepaarten Spitz- und liegenden Wappen-Blenden
vortretflich gegliederte Aufbau wegen seiner künstlerischen
Fassung in die zweite Hälfte des XIV. Jahrhunderts — in
die Glanzzeit Prenzlau’s — gestellt werden darf. Die alte
Verbindung des Thorbogens mit dem deckenden Thurme war
1831 nocli wohlerhalten, wie dies der Plolzschnitt in der
zweiten Spalte nach einer dritten Stüler’schen Skizze — die
Feldseite darstelleud — erkennen läfst. Auch hier lag ein
Wehrgang iiber dem Thore, doch ist der dazu gehörige Trep-
penthurm nicht mehr deutlich zu erkennen.

Der am Mittelgraben stehende und danach auch benannte
Thorthurm ist der eigenartigste von allen Thürmen und ver-
dankt sowolil diesem Vorzuge als auch der vortrefflichen
Technik seine glückliche Erhaltung. Die Fig. 1 bis einschliefs-

1) Abbildung bei Bergau S. 606.

2) Vergl. liierzu das ähnliche, aber reicher gestaltete Neustädter Thor zu
Tangermünde auf Blatt XLIV und das untergegangene, aber durch ein Oelbild
iiberlieferte Altstädter Mühlenthor zu Brandenburg. Bd. I S. 21.

theil schon aus Ziegeln bis zur Höhe der Eingangspforte,
die nur durch eine Leiter zugänglich war. An dieser Stelle
ist durch Abschrägung der Kanten und Ueberführung in das
Achteck der originelle Umbau erfolgt, welcher dem Thurme
seine eigenartige Umrifslinie verlieh. 1) Man hat hier einen
massiven achteckigen, überhängenden und gedeckten Wehrgang
erbaut, welchen sechszehn Granitkonsolen — jede aus zwei
Steinen geschnitten — tragen, während der innere Rundthurm
höher emporwächst und durcli einen offenen Wehrgang mit
dahinter liegender Kegelspitze oben abgeschlossen wird. In
diesen Obertheilen deutet schon der reichliche Verbrauch von
glasirten Steinen sowohl zu Abdeckungen imd Mauerecken wie
zu Bogen, Rundfenstern und Gesimsen auf die Spätzeit. Selbst
die schlanke Kegelspitze ist aus hellgelben und schwarzgrünen
Ziegeln — wie ein Zebrafell — dekorativ behandelt worden.

Mit Rüeksicht auf die Thatsache, dafs Kurfürst Fried-
rich II. der Stadt 1465 mehrere Dorfstätten und Feldmarken
überwiesen hat, um ihre Befestigungen zu verstärken, darf
man den Umbau am Mittelthore um 1470 ansetzen. 2)

B. Die Stadt Templin.

Fidicin’s Vermuthung, dafs eine Burg, welche einer der
Nachfolger Albrechts des Bären, vermuthlich Albrecht II, bei
seinem Vordringen — 1210 —15 — durch den alten Grenz-
wald nördlich von der Linie zwischen Bötzow und Liebenwalde
nach Oderberg angelegt hatte, den Xamen Templin getragen
habe und der Keimpunkt für die deutsche Stadt geworden sei,
hat sehr viel für sich, weil, abgesehen von der vortheilhaften
Lage für eine Offensive nach Pommern, die Thatsache dafiir
spricht, dafs ein landesherrliches Sehlofs hier selir lange be-
standen hat. Seine Ruinen waren noch im vorigen Jahrhundert
vorhanden. 3)

Wann der Ort deutsches Stadtrecht erhalten hat, ist
zweifelhaft, weil die meisten Urkunden bei dem grofsen Stadt-
brande von 1618 verloren gegangen sind. Die erste Erwäh-
nung Templins findet sich erst 1311 in einer Urkunde des
Bischofs Friedrich von Brandenbun;’, worin er Einkünfte, die
er von dort bezog, für andere Zwecke abtrat. 4) Man darf
daher mit grofser Wahrscheinliclikeit vermuthen, dafs der Ort
um die Mitte des XIII. Jahrhunderts zur deutschen Stadt er-
lioben und dann sehr bald befestigt worden ist. Der Umfang,

1) Die Aehnlichkeit mit dem hohen Deckungsthurme am tveustädter lhoie
zu Tangermünde — Blatt XL — ist wegen des fortifikatorischen Prinzipes (über-
hängender Wehrgang) unverkennbar.

2) ürk. E. bei Biedel XXI, S 331.

3) Fidicin, Territorien der Mark IV, S. 105.

4) Iieffter, Geschichte der Stadt Brandenburg, S. 201.

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