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u. 10 eine Vorstellung geben. Das kräftige, aus zwei Scbicliten
hergestellte Blattwellengesims unter dem obersten Wehrgange
zeigt Fig. 11. Am Welirgange selbst ist der erkerartig ge-
staltete Abtritt noch wohlerhalten. Sowolil die Planbildung
wie der geschickte Aufbau, durch welche auf seiir engem
Raume die Wehrhaftigkeit bedeutend gesteigert worden ist,
beweisen die reiche Erfahrung des Urhebers. Das Material
und die Technik darf man als gleichwerthig gut bezeichnen
und die Umrifslinie des stolzen Baues ist von seltener Voll-
endung.

Das Steinformat ist 10V2— 10 3A> VA und 3Vi Zoll.

Eine Zeitbestimmung zu geben, fällt schwer, weil geschicht-
liche Anhaltspunkte fehlen, doch darf man auf die erste Hälfte
oder Mitte des XV. Jahrhunderts schliefsen, erstlich, weil kein
Granitbau mehr vorhanden ist, zweitens, weil der reich und
schön gegliederte Vierpafsfries nebst anderen Details einen sehr
sorgsamen Ziegeleibetrieb, wie er durch den hohe Anforde-
rungen stellenden Bau der Marienldrche unschwer erklärt wird,
voraussetzt. In jener Epoche — kurz vor und selbst noch
nach der Besitzergreifung des Landes durcli das Hohenzollern-
liaus — hatten die Städte mehr als je das dringende Bedürf-
nifs, ihre Bingmauern
so wehrhaft wie mög-
licli zu machen gegen
die Angriffe der Po-
len und Litthauer,
der Hussiten und
Pommern.

Das Berneckower
Tlior') ist erheblich
einfacher gestaltet als
das Schwedter Tlior,
obschon es auf ähn-
lichen Principien be-
ruht. Es besteht aus
dem quadratisclien,
mit Blendenreilien
gesclnnückten Thor-
hause mit Brustwehr
und einem darüber
stehenden Achteck-
thurme mit Zinnen-
wand und acht-
eckigem Steinhelme.

Auch liier fehlt der
sonst übliche Unterbau von Granitquadern und der Oberbau
hat nur wenige Gesimse und Abdeckungen erhalten, zu denen
man Formsteine verwandte. Einige der wichtigeren Einzelheiten
sind auf Blatt CX Fig. 7, 8 und 9 zur Darstellung gelangt.

Steinformat: IOV2 —11, ö * 1/* und 3V2 Zoll.

Beide Thore besafsen doppelte Vorthore und doppelte
Brücken zwischen denselben. Das äufsere Vortlior am Ber-
neckower Thor war nach Merian eine halbrunde Bastei mit
Durchfahrt, das innere war als rechteckiges Thorhaus mit
Quergiebeln und überhängendem Oberstocke gebildet, das
Innenthor steht noch heute. Ungleich mächtiger und künst-
lerisch bedeutungsvoller erschien das Schwedter Thor, wie nicht
blofs aus Merian’s Prospekte a. a. O. S. 67 hervorgeht, son-
dern auch durch den Holzschnitt bestätigt wird, der nach einer
von Petzold zwei Menschenalter später — um 1712 —- an-
gefertigten Federzeichnung hier mitgetheilt wird. 2) Aus ilnn er-
giebt sich, dafs vor dem erhaltenen Tliorhause zwischen langen
gezinnten Mauern ein quergestelltes und von zwei achteckigen

1) AuTsenschaubild des Thores und zwar Feldseite bei Bergau S. 444.

2) Der obige Holzscbnitt ist der dritte Theil des ganzen Stadtbildes,
welches der Künstler nahezu von dcmselben Standpunkte gezeichnet hat, wie

Thürmen flankirtes Mittelthorhaus folgte und vor diesem ein
zweites Vortlior lag, welches rechts durch eine und links durch
zwei mit überdeckten Wehrgängen stark befestigte, halbrund
hervortretende Basteien gedeckt wurde. Eine selten grofsartige
Anlage, deren Untergang urn so mehr zu bedauern ist, weil
die Architektur des Mitteltliores besonders reich durchgebildet
gewesen sein mufs. Im XVIII. Jahrhundert hiefs das noch
jetzt erhaltene Schwedter Tlior: „der burgerliche Gewahrsam“,
weil es zu Gefängnissen für die Bürger diente. Eine ebenso
stattliche, wenn auch etwas einfaclier durchgebildete Anlage
mit zwei Vorhöfen und Basteien hat auch — nacli Merian
— Pyritz in Pommern besessen und findet sicli nocli erhalten
als Mühlenthor in Stargard in Pommern. 1)

C. Die Stadt Scliönfliefs.

Historisches.

Der, wie es scheint, von pommerscher Seite in sehr früher
Zeit angelegte Ort wird urkundlich 1248 als Dorf und 1281

als Stadt genannt, 2)
doch felilen ihm da-
mals noch manche
dazu geliörigen Ein-
riehtungen. Wie aus
einer Urkunde vom
Jahre 1296 liervor-
geht, betheiligten sich
ihre Bürger bei dem
Baue eines Kauf-
hauses in dem be-
nachbarten Bahn s)
mit einem Kosten-
beitrage. Die sicher
sclion seit dem
Schlusse des XIII.

Jahrhunderts be-
steliende Pfarrkirche
St. Maria erhielt
1332 vom Bischofe
Friedrich von Gamin
einen Ablafsbrief für
alle diejenigen, wel-
che „zum Bau und
zur Ausstattung der Kirche hilfreiche Hand leisten würden“.
Dieser wichtige Erlafs verbürgt einen Urn- oder Erweiterungs-
bau der Kirche. Die sonstigen Xaclirichten sind für die Bau-
geschichte belanglos, docli lassen sie erkennen, dafs die Stadt
im XIV. Jahrhundert in guten Verhältnissen sich befand, 4)
aber später durch die Wirren der späteren Kämpfe des XIV.
und XV. Jahrhunderts von ilirem Wohlstande manches ein-
gebiifst hatte, bis auch liier das hohenzollernsche Fürstenhaus
Wandel schuf. 5) Von den Denkmälern des Mittelalters, welche
sicii bei Merian in der Topogr. Elector. Brandenburg. et Du-
catus Pomeran. 1652 in dem bezüglichen Stadtprospekte finden,
sind einige wie das Rathhaus und das Stresow’sche Tlior leider
untergegangen (letzteres erst um 1870).

Merian um 1652. Indessen hat Petzold diesen nieht kopirt, sondern selbst-
ständig neu gezeichnet, denn die Zwingermauer zwischen dem zweithürmigen
Mitteithore und dem Hauptthore ist bereits gefallen und durch ein grofses, aus
Fachwerk erbautes Mühlengebäude ersetzt worden.

1) Yergl. Zeitschrift für Bauwesen. 1861. Tafel 49.

2) Riedel XIX, S. 65 und .66.

3) Riedel XIX, S. 67.

'4) Riedel S. 75 und 83.

5) Riedel S. 99 und 112.

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