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Adler, Friedrich
Mittelalterliche Backsteinbauwerke des Preußischen Staates (Band 2) — Berlin, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.31748#0137
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123

gliederte Kränzgesims wie die Hauptapsis, die drei Giebel und
das Mittelschiff. Den stärksten Gegensatz gegen den alten
Langclror bilden sie endlich darin, dafs man sie überwölbt
hat, jenen aber niclit. Zu diesem Belmfe wurden an der
Süd- und Nordmauer des Chores oblonge Pfeiler errichtet und

durch breite, lialbrunde Bogen
verbunden, auf denen nach
wenigen Schichten die Tonnen-
gewölbe beginnen. Keiner die-
ser Theile ist eingebunden,
sondern jeder nur stumpf an-
gelelmt. Der nebenstehende
Holzschnitt zeigt diese Struk-
tur im nördlichen Nebenchore,
wobei AA die zusammenhän-
genden Aechselschichten des
alten Sandsteinsockels dar-
stellen, den man durchbrechen
mufste, um die Nebenchöre
anzulegen. Wenn nun Herr
Schäfer in seiner Duplik 1) be-
hauptet, dafs man die Neben-
cböre noch während des Baues hinzugefügt habe, so wird

diese Behauptung schon durch die Thatsache widerlegt, dafs
die in den Chormauern hefindlichen Oberfenster denselben

alten Charakter wie die Fenster der Dorfkirchen besitzen.

Und nocli schwerwiegender ist der Umstand, dafs man die
Nebenchöre zwar gewölbt hat, aber den Hauptchor niclit, ob-

schon derselbe noch im

Bau begriffen gewesen sein
soll. Die kleine Dorfkirche
zu Bedekin, urkundlich
1180 bereits vorlianden,
liesitzt ein gewölbtes Chor-
quadrat, die gröfsere von
Selxönhausen, urkundlich

1212 geweilit, besitzt einen
tonnenüberwölbten Lang-
clior und die reiche Ivloster-
kirche, deren Bauzeit von
Herrn Schäfer mit unfehl-
barer Sicherlieit auf 1210 bis 1220 gestellt wird, mufs sidi
bis auf deu lieutigen Tag mit einer sichtbaren Balkendecke
begniigen, genau wie die Dorfkirche zu Berge bei Werb^n,

welche — urkundlicli
1151 vollendet —
ebenfalls nur iu der
Apsis, aber nicht im
Chore gewölbt wurde.

Den nachträglich
erfolgten Einbau der
Krypta liabe ieli so-
wohl im Bande I
S. 40 als auch in
meiner Replik a. a. O.
S. 489 näher begri'm-
det und halte daran
fest. Bei der Wich-
tigkeit der Sache
gebe icli aber nocli
einige ergänzende Zeichnungen und erläutere dieselben. An
vier Stellen des Inneren kann man diesen späteren Einbau so-
fort sehen, nämlich an den doppelten Seitenarkaden in der
Vierung auf der Nord- wie Südseite, weil die Anschlufsfugen
jener Arkaden an die schon stehenden Vierungspfeiler durch

1) A. a. 0. S. 531.

den Restaurationsbau von 1852—1855 nicht verwischt worden
sind. Die beiden vorstehenden Holzschnitte zeigen den heu-
tigen Bestand. Darin bedeuten die Buchstaben N. N. C. und
S.N.C. den nördlichen bezw. den südliclxen Nebenchor, ferner
K Krypta und A die derb scharirten Sandsteinsockel wie im
ersten Holzschnitte auf der ersten Spalte. Eine weitere Er-
läuterung erscheint überflüssig, weil an den Anschlufsstellen
das Wort: Fuge steht.

In der Krypta selbst ist der nachträgliche Einbau ebenso
deutlicli erkennbar, wie an den Vierungsarkaden im Nord-
und Südkreuze, denn der erste Eindruck für jeden kundigen
Architekten ist der, dafs wegen der mangelnden Wandpfeiler
liier kein mit dem Grundplane zusammenhängender, klar und
folgericlitig entwickelter Organismus vorhanden ist, wie in
allen denjenigen Kirchen des XI. und XII. Jahrhunderts, die
man mit dem Bau der Krypta, begann, sondern eine uachträg-
liche, liöcbst mühevoll zu Stande gekommene Schöpfung. Der
folgende Holzschnitt, welcher Grundrifs und Längenschnitt')

der Osthälfte darstellt, giebt hiervon schon eine Vorstellung.
Sodann gestattet die bei näherer Prüfung leicht zu ermittelnde
Thatsache, dafs die Zwillingssäulen der Mittelreihe zwei rauli
gestockte Schildflächen besitzen (statt des sonst vorhandenen
reichen Blatt- und Rankenschmuckes an den anderen Flächen)

den Schlufs, dafs eine Erweiterung der Krypta nach Westen
hin nicht stattgefunden liat, sondern dafs das Ganze einen
einheitlichen Bau bildet.

1) Der Längsschnitt ist genau nach der oberen punktirten Linie des Grund-
risses gezeichnet.
 
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