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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 1.1883

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Nr. 7
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Ueber den Bau des Tabernakels und Tabernakel-Altars, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15859#0058

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50

verklärte Herr des Himmels und der Erde,
als der triumphirende Besieger des Todes,
der Sünde, des leiblichen zeitlichen und
des ewigen Todes der Hölle, welcher nach
dein Psalmisten die ewigen Thore geöffnet
hat, um als „König der Herrlichkeit" ein-
zugehen rmd zur Rechten des Vaters auch
seiner Menschheit nach sich zu setzen. Darum
gebührt ihm bei der öffentlichen Exposition,
auch in der Brotsgestalt, 1ocu5 eminentior,
ein erhabener Platz und der königliche
Thron, sowie der den Thron auszeichnende
Baldachin oder was den letzteren nach
kirchlicher Anschauung vertreten darf. So
wird die örtliche Unterscheidung des Taber-
nakels und Thronus, wie auch die ver-
schiedene Behandlung der beiden begreiflich.
Und was den Tabernakel betrifft, wie oft
schon ist der Zustand der Armnth der an-
betungswürdigen Hostie und ihr Wei-
len im Tabernakel mit Bethlehem ver-
glichen worden? Hier aber liegt er, der
zur Büßung und Sühnung gekommene Er-
löser, in der Krippe, sein Ruhebett ist
Heu und Stroh. Im Tabernakel aber tritt
trotz der Armnth der sakramentalen Ge-
stalt der Gedanke ait den verherrlichten
Menschensohn hinzu. Darum gebührt sei-
nen! Ruhebett auch das bei den vornehmen
Orientalen gewöhnliche Conopeum, welches
an Säulen befestigt, oft von Purpur, mit
Gold und edlen Steinen geschmückt, um
das Ruhebett hieng. (Judith 10, 19.)
Durch diesen Vorhang, wie durch den
Baldachin will also die Kirche den Ort
der Ruhe, wie den Thron des'sakramental
gegenwärtigen Sohnes Gottes auch äußer-
lich kennzeichnen. Unter diesem Gesichts-
punkt wollen die im Folgenden besprochenen
kirchlichen Bestimmungen betrachtet sein.

Der mehr liturgischen Auseinandersetzung
des Herrn Verfassers wird die Redaktion
schließlich die nöthigen praktischen Winke
beifügen und dieselben in den artistischen
Beilagen veranschaulichen.

Die Redaktion.

I.

In unserer Zeit werden viele Opfer
gebracht, um durch Neubauten und durch
umfassende Restaurationen würdige Gottes-
häuser herzustellen. Gewiß ist man dabei
in lobenswerther Weise bemüht, alles mög-
lichst schön und praktisch zu gestalten.

Zur Erzielung dieser beiden Dinge soll
man sich aber nicht nur seine Knnstkennt-
nisse und die nach der eigenen Gewohnheit
berechnete Bequemlichkeit, sondern in erster
Linie die liturgischen Vorschriften der Kirche
zur Richtschnur nehmen. Daß letzteres
nicht immer in genügender Weise geschehen
ist, kommt großentheils daher, daß ge-
nannte Vorschriften den Betheiligten nicht
genügend bekannt waren. Es dürfte zeit-
gemäß fein, nach dieser Seite speziell den
Tabernakel in's Auge zu fassen. Wir
sprechen von dem gewöhnlichen, auf dem
Hanptaltare angebrachten Tabernakel un-
serer Pfarrkirchen und ähnlicher Gottes-
häuser. Die Anwendung auf andere Ta-
bernakel, z. B. in Hauskapellen, wo nie
die Monstranz ausgesetzt wird, ergibt sich
von selbst.

Bei einein Tabernakel kommen zwei
Zwecke in Betracht: die Aufbewahrung des
Sanktissimum und die Aussetzung desselben.

In der Aussetzung des Allerheiligsten
unterscheidet die Liturgie einen zweifachen
Modus: die private und die öffentliche
Aussetzung (expositio privata und expo-
sitio publica).*) Diese beiden Ausdrücke
bezeichnen nach dem kirchlichen Sprachge-
brauch den verschiedenen ritus exponendi,
und stehen in keinem nothwendigen Zu-
sammenhang mit der causa privata oder
publica exponendi Sanctissimum. Die
expositio privata besteht darin, daß das
Sanktissimum 1) innerhalb des Taber-
nakels, wo es anfbewahrt wird, stehen
bleibt und nur durch Oeffnen der Thüre
sichtbar wird, dabei aber 2) durch ein
weißes Velum verhüllt ist. Die expositio
publica besteht darin, daß das Sanktissi-
mum 1) auf einen eigenen Thron gestellt
ist, welcher 2) sich an einem erhabeneren
Orte befindet und 3) von einem Bal-
dachin überragt wird, wobei das Sanktis-
simum sichtbar, oder (z. B. während einer
Predigt, an den Chartagen) durch einen
Schleier oder Schirm verhüllt sein kann.

Das Sanktissimum kann ausgesetzt wer-
den 1) im Ciborinm oder der Pyxis, 2)
in der Monstranz.

*) Bergt. Mühtbaucr, Decreta authentica,
Tom. I. pag. 727. Commentaria ad Instr. Clem.
Nr. 5, und pag. 879 Nr. 2 und 3., pag. 883
Nr. 10. Maier, liturg. Behandlung des Aller!)
S. 358 ff. und 411.
 
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