Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Your session has expired. A new one has started.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 1.1883

DOI issue:
Nr. 11
DOI article:
Schwarz, Franz Joseph: Praktische Winke für den Bau des Tabernakels und Tabernakelaltars, [2.2]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15859#0094

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
86

verdecken. Kann das die Kirche wollen?
Gewiß nicht. Oder man muß den Baldachin
in eine Art von umbella verwandeln und
die Rück- und Seitentheile, am Ende gar noch
den Baldachin selbst, weglassen. So lange
wir also die über den Baldachin gegebene
kirchliche Vorschrift vertheidigen, müssen wir
in Folgerichtigkeit auch den Thronns ü b e r
den Tabernakel verlegen.

Die dritte Einwendung, wonach es un-
möglich sei, bei unserer Anordnung die Vor-
schrift betreffs der Zahl und Stellung der
Leuchter und Lichter zu beobachten, wider-
legt sich durch einen Blick auf die artistische
Beil, zu Nr. 9 Fig. I A und I B. Wenig-
stens zwanzig Kerzen sollen bei sehr feier-
lichen Expositionen brennen, wovon zwei
auf größern Leuchtern aus beiden Seiten
des Altars im Presbyterium. Statt der
achtzehn auf dem Altar haben wir zwei-
nndzwanzig disponirt, was im Sinne des
Gebotes besser ist, und zwar je drei zu
beiden Seiten des Ortes, an welchem im
Sinne der Kirche das Kreuz stehen soll,
nämlich aus der untersten Leuchterstufe,
je sechs ans jeder Seite aus der zweiten
und dritten Leuchterstufe, vier „zur Seite
des Ostensorinms" auf den zwei Arm-
leuchtern, wie das Alles in der Seiten-
ansicht Beil. 9 Fig. I C ersichtlich ist.
Was soll da gefehlt sein? Auf dem Altar-
Beil. 9 Fig. II A und II B haben wir
nur die Leuchter auf der ersten Stufe ein-
gezeichnet, auf dem zweiten Altaraufsatz
rechts sogar acht, in der Voraussetzung,
daß die Vermehrung der Leuchter nicht
gegen die Vorschrift ist und weil sich vier
Leuchter besser vertheilen, ohne die Statue
zu verdecken. Die anderen acht denken wir
uns als kurze, aber kräftige, mit breiten
Schalen und ziemlich hohem Schaft ver-
sehene Wandleuchter, auf jeder Seite an-
gebracht je einen unter der den Reli-
quiarien korrespondirenden Füllung, die
zwei andern in gleicher Höhe je unter den
die Heiligen-Statue flankirenden Säulchen.
Wenn aber der Altarstein 1,45—1,50 m
und darüber tief ist, so läßt sich eine zweite
Lenchterstnfe anbringen. Die vier übrigen
Kerzen brennen ans den Wandleuchtern
zur Seite des Allerheiligsten.

Die als vierten Grund vorgeführten
können wir als richtig nicht anerkennen.
Zum Beweis dafür beziehen wir uns auf

unsere Zeichnungen Beil. 9 Fig. I C und
II C. In I C ist die Linie vom Fußboden
bis zur Kante der Mensa bei lit. a 96 cm,
die von lit. a bis zu dem Schaft der
Monstranz zwischen den zwei Knäufen
1,25 cm, zusammen 2,21 m, in Fig.
II C 96 + 1,28 m, zusammen 2,24 m.
Ein Mann mittlerer Größe kann mit vor-
gestrecktem Arme bei geschlossener Faust
2,05 m weit in die Höhe reichen; er braucht,
vollends mit Hilfe des vorgeneigten Körpers
bei I C einen Fußschemel von Einer Stufe
mit ea. 16 cm, bei II C mit zwei sehr-
niedrigen Stufen. Daß ein solcher noth-
wendig und zulässig sei, gibt auch unser
Gegner zu. („Pastoralblatt für die Diözese
Rottenburg", 1883, S. 104.)

Wir bleiben demgemäß bei der Ansicht,
die beste, den kirchlichen Geboten ent-
sprechendste und auch feierlichste Lage fin-
den Thronns und die Exposition des aller-
heiligsten Sakraments sei die über dem
Tabernakel, dieses Wort in dem Sinne des
Aufbewahrungsorts der hl. Eucharistie ge-
nommen.

7. Der Baldachin. Wo nicht schon
durch die Einrichtung des ganzen Altars
eine Umbella oder ein Ciborium (auch
Tabernakel genannt) errichtet ist, soll ein
eigener Baldachin für die feierliche Expo-
sition des allerheiligsten Sakraments auf
beut Thronus aufgestellt werden. Aber
auch unter einent Ciborium ist ein Bal-
dachin durch ein Verbot nicht ausgeschlos-
sen, er dient im Gegentheil zur größeren
Feierlichkeit der Exposition, kann also auch
unter einem Ciborium überall da ange-
bracht werden, wo dasselbe nicht offen zu
sein braucht, weil das allerheiligste Sakra-
ment tticht von allen Seiten vom Volke
gesehen werden kann. Wir haben daher
in das Ciborium des Altars in Beil. Nr. 9
Fig. I A und I C einen Baldachin einge-
zeichnet. In seiner Gestaltung sind wir
von der Absicht ausgegangen, die gardinen-
artige zöpfische Behandlung desselben,
welche uns aus der Zopfzeit iu einigen
Exemplaren ttoch bekannt ist, zu vermei-
den, dabei aber den Baldachin selbst so zu
halten, daß weder seine Form, noch sein
Gewicht die leichte und schnelle Entfernung
desselben erschwert. Die heute ttoch übliche
Form des bischöflichen Faldistoriums hat
uns dabei vor Augen geschwebt. Der
 
Annotationen