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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 1.1883

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Nr. 12
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Schwarz, Franz Joseph: Mesner oder Meßner?
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15859#0107

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99

auch erlauben, im Sprechsaal über christliche
Kunst die in der Ueberschrift gestellte Frage
zur Debatte zu bringen. Wenn Leute, die
mit der Sprache der Kirche nicht vertraut
sind, wenn Verwaltungsbeamte in Kirchen-
rechnungen, wenn selbst unsere neuesten Ge-
setzbücher den Mesner zum Meßner machen,
so kann man das nicht so übel nehmen; für
solche Kreise liegt die Ableitung von dem
Worte „Messe" viel zu nahe. Priester aber
sollten das nicht thun, sie müssen sich im
Gegentheil angelegen sein lassen, die miß-
bräuchliche Schreibweise auszurotten. Ander-
wärts, besonders im Norden wird, was bei
uns „Mesner" heißt, Küster genannt. Die
Ableitung von Custos liegt da aus der Hand.
Ganz so ist es aber auch bei dem „Mesner",
und es wäre wohl aus ihm nie ein „Meß-
ner" geworden, wenn das Wort „Messe"
nicht unterwegs gewesen wäre. Also, nicht
von diesem Worte, sondern von Mansa, oder
vielmehr von Mansionarius, Wörtern des mit-
telalterlichen Lateins, ist der „Mesner" ab-
zuleiten. Mansa heißt ein Ort, wo man
bleibt oder wohnt, eine Station; daher auch
das französische Wort Maison —Haus; Mansio-
narius ist der Wächter des hl. Hauses. Bei
Gregor M. Lib. 3. Dial. c. 24 u. 25 wird
Mansionarius und custos ilt dieser Bedeutung
abwechselnd gebraucht. Sie gehörten zu den
Klerikern, etwa wie die Ostiarii. »Manusque
suae et filiorum subscriptione corroborans, de-
cem episcopos et octo Abbates, Comites quinque,
Bibliotliecarium, Mansionarium et ostiarium
subscribere fecit.« (Leo Ostiensis Lib. I. Chron.
Casin. bei Du Cange.) Dasselbe läßt stch aus
Anastasius dem Bibliothekar (vita Benedicti II.,
Ioannis V. et Gregorii II.) ersehen. Ihr Amt
betreffend, sagt z. B. das Rontif. Eccl. Re-
mensis : »Feria quinta majoris hebdomadae, id

est in Coena Domini, mane primo, Mansionarii
ordinent omnia, quae sunt necessaria ad conse-
crationem chrismatis.« Auch das Läuten Und
Anzüuden der Kerzen lag ihnen ob: »Fertur,
quod quadam die Mansionarius illius Ecclesiae,
more assueto dum extinxisset cereum unum
vespertino tempore, in crastinum cum surrexis-
set ut sonaret matutinum, illum cereum minime
reperit, sed candeiam aliam in ceroferario, coe-
pitque mirari et interrogatus suum adseclam«
etc. (Chron. Navaliciense apud Murat. bei Du
Cange.) Desgleichen die Sorge für die Re-
liquiarien und die Schlüssel der Kirche; Be-
weisstellen bei Du Cange, welcher mit der
Bemerkung schließt, der Name Mansionarius
fei diesem Kirchendiener gegeben worden, weil
sie eine mit der Kirche verbundene Mansio -
Wohnung gehabt haben. Mansionarium hieß
die Würde oder Pfründe des Mansionarius.
An bedeutenderen Kirchen hatten oft Priester
diese Pfründe inne; in dem tabularium Casau-
riense unterschreibt im Jahr 975 »8carnber-

tus presbyter, Monachus et Mansionarius.« (Du
Cange.) So ist es in Italien heute noch.
Oft hatte er Gehilfen und hieß dann pri-
mus Mansionarius; so im Ordo Romanus. Im
Mittel - Lateinischen findet sich statt Man-
sionarius auch Mesenarius (Mon. Boica I. 36.),
das mit Ausfall des n aus dem üblicheren
Mansionarius entstanden ist.

Auch sprachlich läßt sich Nachweisen, daß
von Mansionarius sich das Wort „Mesner"
ableitet und nicht von »Missa« — Messe.
Schon unser alter „Kirchenschmuck" Jahrg.
1862, 12. Bd. S. 85 hat ausgeführt, daß
besonders die Mundart auf diese gram-
matisch allein richtige Ableitung Hinweise.
„Wir sagen nie Messner oder M e s s -
mer mit dem einem ä gleich gesproche-
nen e; sondern wir haben Helles e, wie in
netzen, setzen, ergetzen u. s. w. Dieses
Helle e ist aber, und darum ist unsere schwä-
bische Mundart so sehr maßgebend, immer
Umlaut des a; der Ausfall des n ist allen
Mundarten, alten und neuen, eigen, somit
haben wir masionarius: wegen des folgenden
i lautet a in Helles e um, und somit haben
wir mesionarius, daraus die urkundliche Form
mesionarius, woraus die Mundart „Mes-
nar, Mesner — machte." Der Unter-
schied des Hellen e von dem wie ä gesproche-
nen kommt in dem Worte „Messe" zur Gel-
tung. Würde sich „Mesner" von missa ab-
leiten, so müßte und würde die Mundart
„Mäßner" statt „Meßner" lauten. Da-
rum fährt der „Kirchenschmuck" fort: „Von
missa kommt das deutsch gewordene Wort
Messe mit ä, weil gebrochenes i in Folge
eines a zu solchem Laut umgeändert wird.
Es kommt auch kein Missinarius in den Ur-
kunden vor, und wenn es vorkäme, so gilt die
Mundart wieder; denn wir müßten Missner
sagen, in missinarius würde folgendes i das
vorherige nicht brechen, sondern erhalten. —
Noch sei bemerkt, daß die Sprachdenkmäler
der drei letzten Jahrhunderte oft Mösner
schreiben, um ja das Helle e recht augen-
scheinlich zu bezeichnen, denn 0 sprechen wir,
da uns Schwaben sein Laut abgeht, ja immer
wie e. Daß wir endlich m in der Mundart
haben, ist lokale Färbung; schoir im sechs-
zehitten Jahrhundert haben die Augsburger
so gesprocheu: Mösmer, was Sender in
seiner Chronik darlegt (1530—40)."

Also der Mesner ist Mansionarius und kein
Meßner, höchstens ein Meßdiener. Darum
sollten wir Einen Sinnes zusammen arbeiten,
um diese falsche Schreibweise auszurotten.

Schw.

Literatur.

Die Baugeschichte der Kirche des hl.
Viktor zu Lauten, nach den Originalrech-
 
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