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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 1
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Schwarz, Franz Joseph: Einige Regeln für Prüfung von Altar-Entwürfen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0009
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5

geht aus einzelnen vorhandenen Exemplaren
der romanischen und gothischen Reliqnien-
schreine und kleineren Reliqniarien her-
vor. Die dem Verfall der Gothik folgende
Zeit hat auch hierin ihre eigenen Wege
eingeschlagen, bis sie endlich bei den zöpfi-
schen, ringsum oder an drei Seiten mit
Glastafeln verschlossenen Reliquienkästen
Mid den oft unwürdig verzierten und anf-
geputzten „Heiligen-Leibern" anlangte. Da
es selten einen Heiligen-Leib gibt, welchem
nicht ein und der andere Theil der Gebeine
fehlt, so half man sich mit einer Nach-
bildung des Fehlenden ans Holz, was sehr
tadelnswerth und durchaus nicht nach-
ahmungswürdig ist, noch mehr, als die
ganze Behandlung, welche die hl. Reliquien
in dieser Zeit überhaupt erfuhren. So
stand mancher Glasschrein und mancher hl.
Leib schlecht und ungenügend geschützt unter
feinem Dache in vielen vom Klostersturm
nicht erreichten Pfarrkirchen, oder wurde
während desselben dorthin geflüchtet. Die
Aufklärung hat sie, wo sie dieselben nicht
ganz zu beseitigen vermochte, gar keiner
Aufmerksamkeit gewürdigt; sie blieben aller-
dings nicht verehrt, aber auch unberührt
ltnb unverletzt stehen. Das hat ihre Au-
thentizität geschützt.

Mit dem Erwachen der Glaubenswärme
stieg auch die Verehrung der Heiligen und
die Vorliebe sür ihre hl. Reliquien. Schon
mancher Pfarrer Land auf Land ab hat
den verlassenen Schrein geöffnet, die hl.
Gebeine durch kundige Hände neu fassen
lassen und in einem neuen schönen Glas-
schrein zur besseren Verehrung ans oder
unter dem Altar oder sonst wo in der
Kirche aufgestellt, vielleicht auch manches
fehlende Gebein mit einer Nachbildung von
Holz ersetzt. Wer es noch besser machte,
hat den Glasschrein beseitigt, einen rings-
um geschlossenen Metallschrein nach alten:
Muster und dem Styl der Kirche ange-
messen fertigen lassen und in ihm die hl.
Reliquien, jede einzelne mit Seide umhüllt,
auf eigene Faust geborgen. Wo das Geld
für einen vergoldeten Metallschrein nicht zu-
reichte, hat man zu einem solchen aus Holz,
übrigens stylisirten, gezierten, schön in
Farbe gefaßten seine Zuflucht genommen,
oder gedenkt es wie in dem besprochenen
Falle zu thun.

Das wäre Alles recht, selbst die Glas-

schreine wollen wir heute nicht tadeln, ob-
wohl sie den hl. Reliquien ungenügenden
Schutz gewähren und von der Sitte der
römischen Kirche abweichen. Aber diese Art,
die Reliquien zu behandeln, ist sehr zu be-
anstanden, weil sie nicht bloß unerlaubt,
sondern der Authentizität derselben gefähr-
lich ist. Es verhält sich damit, wie mit
der Eröffnung des Sepulchrums, oder mit
der Erbrechung des die hl. Reliquien irgend-
welcher Art schützenden Siegels. Nur der
Bischof ist ex ordinaria potestate ein
testis qualificatus und befähigt, authen-
tischer Reliquien Authentizität nach einer
an ihrem beglaubigten Verschluß von ihm
selbst vorgenommenen Veränderung wieder-
um zu beglaubigen, oder einen Andern
hiezu zu delegiren und auf gewissenhafte
Behandlung der hl. Reliquien zu beeidigen,
ebenso mit allen, z. B. bei der Fassung der-
selben zu beschäftigenden Mittelspersonen
zu verfahren. Nicht oder nicht mehr von
berechtigter Seite beglaubigte Reliquien
dürfen streng genommen zur öffentlichen
Verehrung nicht ausgestellt werden. So
kommt es, daß ein gutgemeintes, aber un-
befugtes Verfahren eine Kirche um den
wahren Werth ihres ganzen Neliqnien-
schatzes bringen kann. Daraus folgt:

dl i e m a n d d a r f o h n e E r l a u b n i ß
des Bischofs den Verschluß der
Reliquien a n t a st e u, oder aus
irgend we l ch e r auch noch so guter
Absicht d e r e n S t a n d und Z u stand
verändern. Man bringe also den Fall
der Nothwendigkeit einer solchen Verände-
rung zur Kenntniß des Bischofs, welcher
nach ertheilter Erlaubnis; auch den Weg
der Ausführung bestimmen, insbesondere
auch anordnen wird, ob er in eigener Per-
son oder durch beeidigte Bevollmächtigte
die Erhebung aus dem bisherigen Verschluß,
die Ausfolge in die Hände der mit der
Umhüllung betrauten beeidigten Personen,
die Wiederbeisetzung und den durch bischöf-
liches Siegel beglaubigten Verschluß der
Reliquien vornehmen und das Protokoll über
die regelrechte Ausführung vorgenannter
Akte verfassen und unterzeichnen, schließlich
auch die Urkunde der Authentik ausstellen
will.

6. Die Sorge um das Schicksal konse-
krirter Altäre, zu welchen ein neuer Auf-
satz, oder Aufsatz sammt Antipendium
 
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