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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 2
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Schwarz, Franz Joseph: Monumentale Malerei, [2]: zur Geschichte derselben
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0015

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11

der Märtyrer zu zieren. In welcher Aus-
dehnung dies geschah, erfahren wir aus
dem Briefe des Nilus, eines Schülers des
hl. Chrysostomus. Demselben wurde der
Plan zu einer Kirchenmalerei zur Beur-
theilung vorgelegt, welcher indessen dem
Geschmack des nüchternen Beurtheilers nicht
znsagte. Er tadelt jede Ueberladnng und
gibt an, wie ein Gotteshaus würdig ge-
schmückt werden könne. „Ich schreibe Dir
zur Antwort, daß es etwas Thörichtes
und Kindisches ist, durch die erwähnten
Dinge das Auge der Gläubigen herum-
schweisen zu lassen. Eines festen und männ-
lichen Sinnes würdig aber ist es, daß in
dem Sanktuarium gegen Osten nur Ein
Kreuz aufgerichtet werde; daß der innere
Raum mit Darstellungen aus der Geschickte
des Alten und Neuen Testaments durch
die Hand eines geschickten Malers von
allen Seiten besetzt werde, damit diejenigen,
welche nicht lesen, also auch die hl. Schrift
nickt lesen können, durch die Betrachtung
der Gemälde an die christliche Tugend
derer, welche dem wahren Gott auf die
rechte Weise gedient haben, erinnert und
erweckt werden zur Nacheiferung ihrer großen
Werke." (Augusti Denkwürdigkeiten XII.
S. 194.) Also eine Kirche, deren Wände
von allen Seiten mit Gemälden geziert
sind, ist in den Augen des nüchternen
Mannes eine ganz ernste, würdige, nicht
überladene Kirche. Sein Tadel galt offen-
bar einer exzessiven, läppischen Geschmacks-
verirrung, vor welcher auch jene Zeit
nicht sicher war.

Papst Gregor der Große kommt in
seinen Briefen mehrfach auf den allgemeinen
Gebrauch der bildlichen Darstellungen in
der Kirche zu sprechen. Deßwegen, sagt
er, werden Bilder zu Hilfe gerufen, damit
die, welche nicht lesen können, wenigstens
an den Wänden beschauend lesen, was sie
in geschriebenen Büchern nicht lesen können.
Den Bischof Serenus, welcher im falschen
Eifer solche Malereien zerstört hatte, tadelt
er streng. Weiter berichtet uns vom Occi-
dent der Biograph der Päpste, Anastasius
und seine Fortsetzer, von einer großen Zahl
von Kirchen, welche unter dem Pontifikate
Honorius I., Severinus, Gregor III.,
Leo III., Hadrian III. u. A. malerisch
ausgeschmückt wurden. Dabei wird an
vielen Stellen betont, daß es Gebrauch

gewesen sei, die ganze Kirche zu malen.
Einen schlagenden Beweis liefert endlich der
Bilderstreit. Konstantin V. Copronymus
rief 754 eine Synode nach Konstantinopel,
welche seinen und aller Bilderstürmer An-
sichten den Sieg verschaffen und als das
7. allgemeine Konzil gelten sollte; 338
Bischöfe beugten sich vor des Kaisers Willen,
und belegten die Verfertigung und Verehrung
derBilder mit dem Anathem, mit dem Beisatze,
es dürfe niemand unter dem Vorwand der
Bilder-Vernichtung die Kirche berauben.
Auf Grund dessen glaubte sich der Kaiser
berechtigt, die noch vorhandenen Bilder zu
zerstören. Viele wurden verbrannt, Wand-
gemälde und Mosaiken mit Kalk über-
strichen ; an die Stelle der hl. Bilder traten
Landschafts-, Thier- und Früchtebilder,
Jagdszenen u. dgl. (Hergenröther K.-G. I.
533 f.)

Der Parallelismus alt- und neutesta-
mentlicher Bilder, schon in den Katakomben
beginnend, findet in der Periode, von der
wir reden, eine immer weitere Ausdehnung,
so daß manche mittelalterliche Kirche eine
vollständige, sinnig geordnete Volksbibel
darstellt. So besaß die Hofkapelle Karls
des Großen zu Ingelheim auf der linken
Seite eine Reihe von bildlichen Darstellun-
gen aus dem alten Testament vom Paradies
bis zum salomonischen Tempel, welcher auf
der rechten Seite ebensoviele nenteftament-
liche Bilder von der Botschaft des Engels
bis zur Himmelfahrt gegenüberstanden. Daß
das Karls-Münster in Aachen mit Mosaik-
bildern geschmückt war — in der Kuppel
Christus auf Goldgrund, umgeben von den
24 Aeltesten der Apokalypse — ist nicht
ausfallend; aber eine merkwürdige und ent-
scheidende Thatsache für die Allgemeinheit
der Kirchenbemalnng bleibt, daß Karl der
Große seinen Sendgrafen und den Bischöfen
des Reiches, wie überhaupt allen, welchen
die Aufsicht über die Kirche oblag, wieder-
holt befahl, nicht bloß für die Erhaltung
des Gebäudes, der Dächer, Mauern und
Fußböden, sondern auch der Gemälde Sorge
zu tragen. Voluinu3 itaque, ut missi
nostri per singulos pagos praevidere
studeant, primum de ecclesiis, quomodo
structae aut destructae sint in tectis,
in maceriis, sive in parietibus, sive in
pavimentis nec non in p i c t u r a. Capit.
anni 807. (Neander, Kirchengesch. III.
 
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