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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 2
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Schwarz, Franz Joseph: Monumentale Malerei, [2]: zur Geschichte derselben
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Keppler, Paul Wilhelm von: Die Dartstellung des Heilands am Delberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0017

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der Umfassungswände in bloße, auf's reichste
profilirte Maurerpfeiler das Aeußerste
leisten, wie z. B. der Chor der Stiftskirche
in Aachen, in welchem sich so zu sagen
Fenster an Fenster reiht, und in demselben
Maße die Wandfläche für Wandgemälde
verringert wird. Allein auch in diesen Fällen
hat die dekorative Malerei, ja auch die
figurative an den architektonischen Gliedern
und im Gewölbe noch Raum genug zu
ihrer Entfaltung; überdies sind solche Kirchen
eine Seltenheit. Im klebrigen beweisest
die Thatsachen, daß die gothische Zeit mit
gleicher Vorliebe die monumentale Malerei
gepflegt hat. Wäre kein Beispiel da, als
die Kathedrale von Chartres, im Jahre
1260 als eine der ersten im gothischen
Styl gebauten großräumigen, erhabenen
Kirchen vollendet, so würde es schon genügen,
um die Unhaltbarkeit der Behauptung zu
widerlegen, daß der gothische Styl der
monumentalen Malerei ungünstig fei, ihrer
nicht bedürfe oder sie gar ausschließe.
Denn „sie ist innerlich und äußerlich
von neuntausend bemalten und gemeißelten
Figuren bewohnt". (Didron, „Handbuch
der Malerei vom Berge Athos", S. 6.)
Dabei ist ganz die alle Ordnung einge-
halteu: Darstellung der Geschichte der
Religion in Bildern von der Schöpfung bis
zum Ende der Welt. Kein Wunder also,
wenn die einfacheren gothischen Kirchen
eine Unzahl von Beispielen liefern. Im
Norden beginnend, nennen wir die Katha-
rinenkirche in Lübeck, die Marienkirche in
Wiesmar, die Sakristei der Nikolaikirche
in Jüterbog, die Marienkirche in Kolberg
mit 72 Darstellungen in den Gewölben,
die Marienkirche zu Treptow, die Kirch-
hofkapelle in Mühlhausen in Sachsen, den
Chor des Frankfurter Doms, die Katha-
rinenkirche in Oppenheim, Reste im Straß-
burger Münster; die ganz und zum Theil
auch außen- bemalten Kirchen in Pipping,
Blutenburg und Milbertshofen bei Mün-
chen, Wang bei Moosburg, die Frauen-
kirche in München, die Liebfrauenkapelle
in Würzburg, an Wänden ltnb Pfeilern
bemalt, 1520 übertüncht, im 17. Jahr-
hundert wieder bemalt, jetzt einer Restaura-
tion gewichen, die Schottenkirche in Würz-
burg mit Malereien vom Jahre 1504—8.
Aus der österreichischen Monarchie nennen
wir beispielshalber: die Marienkirche aus

der Burg Karlstein mit Gemälden auf
Goldgrund, die Katharinen- und Heilig-
kreuzkapelle ebendaselbst, die Wenzelkapelle
im Prager Dom, Domkreuzgang in Brireu
1462, die Schloßkapellen zu Nonsberg in
Tyrol uud Neuhaus in Böhmen, Reste iu
Salzburg. Von Baden nennen wir die
Kirche in Burgheim, Amts Lahr; sie ist,
soviel uns bekannt, bis heute durch eine
Querwand abgetheilt; die mit dem Chor
verbundene Hälfte ist dem protestantischen
Gottesdienst überwiesen und modernisirt,
die andere zeigt noch die ursprünglichen
Malereien aus dem 15. und 16. Jahr-
hundert, Szenen aus dem Lebeu Christi.

(Fortsetzung folgt.)

Die Darstellung des Heilands am Oelberg.

Die Oelbergszene bildlich wiederzugeben,
ist schon deßwegen überaus schwer, weil die
bildende Kunst arm ist an Mitteln, vor-
herrschend psychische Vorgänge wiederzu-
geben. Das Eigenthümliche der psychischen
Erregung ist eben die Unruhe, das Flammen,
das Oscilliren; die Kunst aber kann nur
Einen Moment firiren, Einen Ausdruck in's
Menschenantlitz legen und muß die Erscheinung
in Eine Stellung bannen. Wo nun hoch-
erregte Stimmungenund Leidenschaften wenig-
stens im Aenßern sich deutlich abprägen,
nicht mißzuverstehende Züge in Antlitz und
Haltung eingraben, da kann die Kunst durch
glückliche Wiedergabe dieser Züge auch Leiden-
schaften klar zeichnen. Aber wo, wie im
ganzen Leiden des Herrn und vor allem im
psychischen Leiden am Oelberg, Schmerz,
Angst, Qual und Trauer durch Würde und
Tugend beherrscht und gedämpft erscheint, da
mag die Kunst verlegen nach Mitteln richtiger
Nachbildung und wirksamen Ausdrucks fahn-
den. Die Szene am Oelberg i|t auch aus
dem Grund schwerer zu geben, als manche
andere Szene der Passion, weil hier äußere
Zeichen der Qual und des Schmerzes fehlen,
denn der Blutschweiß darf nicht zu drastisch
geschildert werden; auch der wirksame Kontrait
zwischen dem duldenden Heiland und seinen
Peinigern fällt hier weg.

Auf den ältesten Oelbergbildern nun er-
scheint der Heiland niedergeworfen zur Erde,
in der Haltung inbrünstigen Gebetes. Lwine
Haltung und sein Gebet sollen von dem
Seelenkampf Kunde geben, der in seinem
Innern tobt. Auf der Miniatur eines griechi-
schen Manuskripts ans dem xil. Jahrhundert
im Vatikan sehen wir ihn tief niedergebeugt
zur Erde, auf der Höhe eines Hügels, an
 
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