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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 3
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Schwarz, Franz Joseph: Monumentale Malerei, [3]: zur Geschichte derselben
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0023

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19

des Klosters Panagiaphoneromini zu Sala-
mis veranschaulichen. Man ist, erzählt
Didron (S. 6.), wahrhaft erstaunt bei
dem Anblick dieser Figuren, welche von
sechs Fuß an bis zu sechs Zoll herab
groß sind, die sich den Mauern entlang
hinziehen, die sich um die Archivolten
schlingen, die hinaufklimmen in die Wöl-
bungen der Kuppeln, die im Kreise der
Absiden umwandeln, die überall hervor-
lugen, die in alle Längen sich hineinver-
tiefen und zu allen Höhen aufsteigen. Alle
diese Figuren belaufen sich auf die Zahl
3726, wenn man die 196 zusetzt, welche
die anliegende Kapelle verzieren, in der
die Mönche ihr tägliches Offizium ver-
richten. Wir dürfen aber nicht verschweigen,
daß diese Kirche nach einer an der innern
westlichen Mauer angebrachten Inschrift
erst im Jahre 1735 gemalt wurde. Warum
stellen wir sie aber gleichwohl mit unfern
altkirchlichen und mittelalterlichen Malereien
zusammen, wenn wir die Kontinuität des
Gebrauchs, die Kirchen zu malen, von den
ersten Jahrhunderten an in kurzen Um-
rissen verfolgen? Einfach aus denselben
Gründen, aus denen Didron die bei seinem
Besuche in der Malerei noch unvollendete
Kirche des Klosters Esphigmenu mit den
ältesten aus eine und dieselbe Linie stellt.
Die griechische Malerei hat weder in der
Technik, noch in der Erfindungsgabe und
der Disposition der Gemälde irgend welche
Wandlung erfahren, so weit sie zu ver-
folgen ist. Die Gegenstände, die Art, wie,
und die Ausdehnung, in der die Kirchen
bemalt wurden und werden, sind tut 19. Jahr-
hundert dieselben, wie im neunten. Von
der großen Kirche und der Erzengelkapelle
in Jviron sagt Didron (S. 12) ausdrücklich:
„Ueberall Malereien, die einen alt, die
andern neu, diese aus dem 9., jene aus
dem 18. Jahrhundert, Fresken im lieber -
fluß, aber keine Mosaik. Alle diese Malereien
glichen, einige unbedeutende Verschieden-
heiten abgerechnet, auf ein Haar denen,
welche wir anderwärts gesehen hatten."
Das Räthsel löst sich einfach. Der griechische
Maler malt nach einer und derselben Regel:
Erfindung und Idee gehören den Kirchen-
vätern, den Theologen der katholischen
Kirche an und sind uralt überliefert, unan-
tastbar; die technischen Mittel sind von
einem großen Meister beschrieben und an

die Hand gegeben; selbst die Stellung und
Anordnung der Bilder im Einzelnen und
Ganzen — für alle Tiefen und Höhen
der Kirche, für Kuppel, Narther, Tauf-
kapelle, für Kirchen mit Kreuzgewölben —
Alles ist überliefert. Griechenland ist in
diesem Kunstzweig heute noch das lebende
und schaffende neunte und zehnte Jahr-
hundert, die ganze Vergangenheit bis hinauf
zu Konstantin und Justinian, dem Erbauer
der Sophienkirche in Konstantinopel, deren
BildwerkPaulus Silentiarins beschrieben hat.

So ist also neben der Baukunst die
Malerei, und zwar die monumentale Malerei
die Kunst, welche von Anfang an von der
Kirche herangezogen auch am treuesten mit
der Kirche und ihrer Baukunst, nicht als
bloße Dienerin der letztern, sondern als
deren Ergänzung gegangen ist, in Italien
weit über die Renaissance-Zeit hinaus, ja
bis in die Gegenwart herein. Dort lebten
die Männer fort, zahlreich, nicht vereinzelt,
welche, wie Giotto, zugleich Maler, Archi-
tekten und Bildhauer in gleich ausgezeichneter
Weise waren, nicht einseitig gebildet, sondern
mit einem universellen Blick ausgestattet,
deren verschiedene Kunstfertigkeiten sich
schwesterlich und ohne Neid gegenseitig unter-
stützten. In Deutschland war es anders;
da bildete sich eine Art Gegensatz, eine
Einseitigkeit in den Künstlerkreisen aus,
und jeder Kuustzweig wollte souverän sein
oder beanspruchte dazu die Superiorität
über die andern. Die Maler zogen sich
in ihre Werkstätten, später in ihre „Ateliers"
zurück, die Malerei beschränkte sich auf
die Oel- und Tafelmalerei und indem sie
das bisherige große Feld der monumentalen
Malerei mehr und mehr verließ, verlor
sie sich in die Branchen der Landschafts-
malerei, des Genre, Stilllebens und Por-
träts oder der Thiermalerei und wie sie alle
heißen. Dazu kam der Zeitgeist und zerriß
vollends die enge Verbindung, in der bis-
her alle Zweige der bildenden Kunst in
dem höchsten idealen Gebiet, dem der
Religion, mit einander gelebt und gewirkt
hatten. Jedoch ließ sich das natürliche
Bedürfniß nach Farben in den Kirchen
nicht ganz unterdrücken, es liegt ganz in der
Natur begründet, daß auch die spätere
Renaissance- und Rococo-Zeit, freilich in
ihrer Art und mit vollster Zerreißung des
Zusammenhangs zwischen Malerei und
 
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