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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 4
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Festing, F.: Studien über Plastik, [5]: altchristliche Periode, 1. bis 10 Jahrhundert
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Schrod, Konrad: Die Kanontafeln
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0036

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Speise bringt, hierauf den jungen Tobias
bei Raguel, der unter einem Baume sitzt
und die zwei Tafeln der Gastfreundschaft
aneinanderhält, während der Engel, ge-
kleidet wie Tobias, hinter dem Baume zu-
schaut , hierauf folgt: Christus heilt den
Blinden, der wie gewöhnlich als Knabe
erscheint, am Eck, wie er die Brote und
Fische segnet.

Diese Darstellungen laufen also, wie es
meist der Fall ist, in ununterbrochener
Reihenfolge friesartig an den Seitenflächen
hin, intern die einzelnen Gruppen dicht
aneinander, ja ineinander gedrängt sind,
so daß oft eine oder selbst zwei Figuren
der einen Gruppe hinter Figuren der Nach-
bargrnppen zu stehen kommen. Zuweilen
erhalten die Flächen architektonische An-
ordnung und die Gruppen werden durch
Sänlenstellnngen von einander getrennt und
eingerahmt. Eine solche zeigt unter andern
der bekannteste, sehr schöne Sarkophag
des I u n i u s B a s su s in der Peterskirche
vom Jahre 359. Die Vorderseite schmücken
zwei Reihen Szenen aus dem Alten und
Neuen Testament, nämlich Sündenfall,
Opfer Isaaks, Daniel und Hiob, ferner
Christus lehrend, unter dessen Sitze Uranus
mit dem ausgebreiteten Schleier erscheint,
Vorführung Christi vor Pilatus, seine
Vernrtheilung, Gefangennehmnng Petri
und eine unbestimmbare Darstellung. Die
Gruppen der untern Reihen sind durch
ornamentirte Säulen getrennt, die ab-
wechselnd durch Rundbögen mit Mnschel-
aussüllungen und Giebel verbunden sind.
Ans diesen Bögen und Giebeln ruht ein
schmales Gesims, während ans den Säulen
der obern Reihe ein reichgegliedertes Kranz-
gesims aufliegt. Alls den Schmalseiten
sind Traubell lesende und kelternde Genien
dargestellt. (Fortsetzung folgt.)

Die Ranontafeln

sind erst im letzten Drittel des 16. Jahr-
hunderts allgemein in Gebrauch gekommen,
und zwar, wie es scheint, zunächst infolge
der „Instruktion über die Einrichtung mit
Ausstattung der Kirchen", welche der hl.
Karl Borromäus auf Grund eines Be-
schlusses des 3. Mailänder Prov.-Konzils
vom Jahre 1573 heransgegeben hat. Zwar
war diese Instruktion zunächst nur für die

mailändische Kirchenprovinz bestimmt; um
ihres durchaus praktischen Inhaltes willen
fand sie aber sogleich in einem weiten
Umkreis Nachahmung und verdient auch
jetzt noch zu Rache gezogen und — befolgt
zu werden. Von jenem Zeitpunkte an
haben bis in den Anfang des folgenden
Jahrhunderts hinein die Synoden in
Deutschland und Frankreich gleichmäßig
solche Tafeln für die Celebration der hl.
Messe vorgeschrieben. Die Rubriken des
Missals, welche übereinstimmend mit jenen
Synodalverordnnngen nur von Einer Tafel
sprechen, erwähnen dieselbe erst seit der
Revision des Meßbuches unter Clemens VIII.
irm Jahr 1604. Drei Tafeln kennt aber
schon Gavanti's vielberufener Thesaurus,
dessen erste Approbation von 1627 datirt;
gleichwohl waren zu seiner Zeit meist zwei
Tafeln im Gebrauch; neben der eigentli-
chen Sekretentafel eine zweite mit dem
Johannes-Evangelium, oftmals aber auch
nur eine einzige, welche dann den Text
der beiden oben genannten in sich vereinigte.

Der Einführung dieser auf den Altar
zu stellenden Tafeln liegt das praktische
Bedürfniß zu Grunde, dem Eelebranten
volle Sicherheit für die Recitation solcher
Gebete zu bieten, welche er nicht wohl aus
dem Missale ablesen kann. Die Rubriken
(Rubi-, gen. XX.) bezeichnen die von ihnen
vorgeschriebene Tafel als „sogenannte
Sekretentafel (tabella secretarum appel-
lata)", »tabella cum secretis orationi-
bus«, »tabella secretorum Missae« sind
die von den Synoden gebrauchten Namen;
ihren Text bildeten demnach Gebete, welche
der Celebrant still (secrete) zu beten hat.
Dieselbe soll nach dem Konzil von Avignon
vom Jahre 1594 (Hardonin 10, 1850.)
das Gloria, Credo und die Konsekrations-
worte, nach den Konstanzer Statuten vom
Jahre 1609 (Hartzheim 8, 909.) „den
größeren und kleineren Kanon", d. i. die
Konsekrations- und Oblationsgebete ent-
halten; daher mag denn auch unser Name
„Kanontafeln" stammen (sranz. eanons
d’autel, bei Italienern vielfach charta-
gloria).

Ihrem Zweck und textlichen Inhalt ent-
sprechend sind die altern, durch Gesetz vor-
geschriebenen Tafeln und ihre beiden, durch
den Gebrauch sanktionirten jüngeren Ge-
fährtinnen nur für die Feier des hl. Opfers
 
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