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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 4
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Schrod, Konrad: Die Kanontafeln
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0037

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33

vorgesehen; in der bischöflichen Messe tritt
an ihre Stelle der Canon episcopalis.
Auf dem Altäre haben sie außer der hl.
Messe keine Bedeutung; sie sollten darum
auch nur während der Celebration auf
demselben stehen, außer derselben aber um-
gelegt und mit dem Vespertuch verdeckt,
oder aber, wie das Missal, dem sie als
Supplement dienen, gänzlich entfernt sein.
So schreibt das 4. Mailänder Prov.-Konzil
von 1576 die Sekretentafel zur Ausrüstung
des Altars vor ea rationc, ut peracta
Missa non erecta sit, sed depressa sub
tela mappave recondatur. Dieselbe Wei-
sung hat die Synode von Air von 1583
(Hardouin 10, 1567.) fast mit denselben
Worten unter ihre Beschlüsse ausgenommen.
Die neueren Rubrizisten, wie De Herdt,
Falise, Hartmann, finden es zum mindesten
geziemend, daß die Altartaseln nach der
hl. Messe entfernt werden. Bei der Aus-
setzung des hlstn. Sakramentes aber ist durch
einen Entscheid der Riten-Kongregation
vom 20. Dez. 1864 deren gänzliche Ent-
fernung vom Expositionsaltare vorgeschrie-
ben , selbstverständlich nur außer der hl.
Messe, welche etwa an demselben Altäre
celebrirt wird.

Bei diesem Verfahren dürfte sich am
einfachsten erreichen lassen, daß die Kanon-
tafeln den Tabernakel nicht verdecken. Mag
dieser unmittelbar aus der Mensa oder
aus der ihm zum Sockel dienenden Leuchter-
bank sich ausbauen, so bleibt er außer
der Zeit des hl. Opfers ganz frei und
nnverdeckt; nur während der Celebration
würde die Sekretentafel eventuell über ein
Drittel oder auch die halbe Höhe des Taber-
nakels ausragen und diesen allerdings zum
Theil, aber auch wieder nur so lange ver-
decken, als er ohnehin durch den cele-
brirenden Priester verdeckt wird.

Dem Zweck, welchem diese Tafeln dienen
sollen, hat zunächst die Ausstatiung im
Druck durch Deutlichkeit und Vollständig-
keit Rechnung zu tragen. Da dieselben
immerhin in einem Abstande von etwa
70 cm deutlich und lesbar sein müssen,
so darf die Schrift nicht zu klein gegriffen
werden. Um die Lesbarkeit um so sicherer
zu erreichen, will der sel. Karl Borr. die
Tafeln durch einen Fuß, ein Gestell etwas
über der Mensa erhöht und so dem Auge
näher gerückt haben (aliquanto altius

sustineri debet aliquo fulcimento decore
confecto [Instr. supell. 2, 2]). — Die
erforderlichen Gebete müssen sodann voll-
ständig vorgesehen und übersichtlich, in
natürlicher Abfolge geordnet sein. Für
die Seitentaseln ergibt sich der Inhalt von
selbst. Die mittlere Tafel soll enthalten
das Gloria und Credo, wenn möglich mit
ihren Intonationen, das Mnnda cor, die
Gebete zur Oblation und vor der Kommunion,
endlich das klaecat, vor allem aber die
Konsekrationsworte mit ihrer Einleitung
an bevorzugter Stelle.

Eine entsprechende Zierde erhalte der
Text an erster Stelle dadurch, daß er dem
Meßbuch entsprechend als liturgischer Druck
behandelt und in den traditionellen zwei
Farben hergestellt werde. Kräftig gezeichnete
und einheitlich stylisirte Initialen können
dabei ebensowohl zum Schmuck, wie zur
übersichtlichen Theilung des Textes dienen.
Mit größerer Schrift und reicheren, in
Gold und satten Farben gemalten Initialen
mö.gen die Tafeln für den festtäglichen Ge-
brauch ausgestattet sein. — An zweiter
Stelle werde dann an eine mäßige Bilder-
zier gedacht; dieselbe sei passend, nicht
sinnlos, sei nur schmückende Zugabe, welche
sich nicht auf Kosten des Tertes und dessen
Deutlichkeit breit machen darf. Die Kanon-
taseln sollen Textblätter bleiben und nicht
Bilderbogen werden. Kann wohl, um nur
an einem Beispiel unter vielen zu zeigen,
wie der Text nicht behandelt werden soll,
folgendes Verhältniß richtig oder vernünftig
genannt werden? Von der sehr bunt orna-
mentirten, trotz Rahmen noch 62 X 46 cm
— 2852 qcm messenden Papierstäche der
mittleren Tafel eines überaus pretios aus-
gestatteten Exemplars sind dem Text drei
Spalten von je 9 cm Breite und 18 V2 cm
Höhe — 500 qcm, also etwas mehr
als der sechste Theil der ganzen Fläche,
zugewiesen. Bei solcher Disposition können
allerdings nur die unumgänglich nothwen-
digen Gebete Raum finden. Architektoni-
sche Studien mit obligaten Krabben und
Fialen, mit Säulen und Maßwerk, zwischen
dem der liturgische Text in Gestalt von
Marmortafeln mit kaum lesbarer Schrift
eingesetzt erscheint; bunte, styllose Blumen-
gewinde mit turnenden Renaissance-Engeln,
welche Draperien, mit liturgischen Gebeten
bemalt, schwingen; ein Trauergerüst mit
 
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