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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 6
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Detzel, Heinrich: Die kirchliche Glasmalerei, [1]: Geschichte ihrer Technik und ihre heutige künstlerische Behandlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0054

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50

ein Kirchenvorstand auch in diesem Zweige
der kirchlichen Kunst etwas mitsprechen
will — und die Notwendigkeit dieses
Mitsprechens zeigen leider nur zu viele
Arbeiten dieses Genres — er auch die
Technik und künstlerische Behandlung des-
selben kennen muß. Wir wollen ver-
suchen, hierin mit der folgenden Abhand-
lung verhilflich zu sein. Wir geben darum
in Kürze die Geschichte der Glasmalerei,
oder vielmehr die Geschichte ihrer
Technik, denn nur die technischen
Gesichtspunkte sind wichtig für ihren Ent-
wicklungsgang und f i e begründen eigentlich
die Geschichte der Glasmalerei; eine Auf-
zahlung der Glasmaler oder der Gegen-
stände der alten Fenstermalereien hätte für
uns keinen oder höchst geringen praktischen
Werth. Aus dieser Geschichte der Technik
leiten wir dann die Grundsätze ab,
die wir für die heutige kirchliche
Glasmalerei als maßgebend erachten.
Unsere Darstellung versuchen wir so zu
halten, daß auch ein Nichtkenner folgen
kann, wenn er ftndireu und verstehen will.

I.

Geschichte der Technik der G l a s-
m a l e r e i.

Um eine Ucbersicht über den technischen
Entwicklungsgang der Glasmalerei zu er-
langen, können wir am besten drei Perioden
annehmen: die früheste Zeit, in der
als Malfarbe das Schwarzloth angewendet
wird, eine Mittelzeit, die das Kunst-
gelb bringt und die spätere Zeit,
welche mit bunten Schmelzfarben auf das
Glas malt. Eine Jahreszahl zu bestimmen,
in welcher jeweils eine jener technischen
Eigenthümlichkeiten zum Vorscheine kam,
ist nicht möglich, da ihre Anwendung in
einander greift und nach Zeit und Ort
verschieden ist. Nur eine ungefähre Zahlen-
angabe läßt sich machen, und dgrnach
möchte die 1. Periode der Glasmalerei von
1050 bis 1350, die 2. von 1350 bis
bis etwa 1500, die 3. von 1500 bis
etwa 1560 zu bestimmen sein.

1. Periode.

a) Das technische Material
dieser Periode.

Die erste Periode der Glasmalerei
von 1050 bis etwa 1350 umfaßt die
Zeit der reicheren Entwicklung des romani-

schen Styles und der Frühgothik, jener Zeit
in welcher die Mauermassen mehr und
mehr verschwinden und hohe und breite
Fensteröffnungen an deren Stelle treten.
Die Glasmalerei muß in dieser Zeit, be-
sonders mit Beginn der Gothik, bereits eine
bedeutende Anwendung gefunden haben.
Die erste Nachricht von gemalten Fenstern
erhalten wir aus dem Kloster Tegernsee
iu Altbayern, und zwar aus der Stelle
eines Briefes, in welchem Abt Gozbert,
der 983—1001 dem Kloster Vorstand,
einem Grafen Arnold für die gemalten
neuen Fenster feiner Kirche Dank sagt:
»Ecclessiae nostrae, schreibt er, fenestrae
veteribus pannis usque nunc fuerunt
clausae. Vestris felicibus temporibus
auricomus sol primum infulsit basilicae
nostrae pavimenta per discoloria pic-
turarum vitra, cunctorumque inspi-
cientium corda pertentant multiplicia
gaudia, qui inter se mirantur insoliti
operis varietates.« Daß, wie man aus
dieser Stelle folgern will, auch die erste
Stätte der Glasmalerei in Tegernsee
gewesen sei, muß nicht nothwendig an-
genommen werden; auch wäre es nicht
sicher, ob Fenster mit aufgebrannten
Schmelzfarben gemeint seien. Sicher aber
ist, daß Bayern, und zwar im Dome zu
Augsburg, die ältesten Glasgemälde besitzt,
welche den Typus der Schlußzeit des
elften Jahrhunderts tragen.

Das Material des F e n st e r-
v e r f chl u s s e s in unserer Periode war
also Glas, und zwar gefärbtes Glas,
gefärbt aber nicht etwa durch Ausmalung
und Einbrennung von blauen, rothen,
grünen und dgl. Malfarben, sondern
die Farben wurden mit der flüssigen
Glasmasse verbunden, vermischt, also un-
verwüstlich wie das Glas selbst hergestellt.
Weißes, farblos durchscheinendes Glas,
gehörte damals zu den größten Selten-
heiten und Kostbarkeiten, wenn es je in
vollständiger Reinheit und Durchsichtig-
keit herzustellen war; wir finden es erst
im 13. und 14. Jahrhundert, wo dessen
Herstellung zuerst venetianischen Meistern
auf der Insel Murano gelang.

Schon in vorchristlicher Zeit wurden,
wie man aus Plinius weiß, musivische
Wandgemälde nicht bloß aus Marmor und
vergoldeten Platten, sondern auch aus ge-
 
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