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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 7
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Detzel, Heinrich: Die kirchliche Glasmalerei, [2]: Geschichte ihrer Technik und ihre heutige künstlerische Behandlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0064

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los für Gegenstände verwendet, ob sie in
natura so oder andersfarbig sind, es ist
völlig abgesehen von naturalistischen Rück-
sichten. Der Glasmaler fragte sich bloß:
welche Farbe brauche ich an dieser Stelle,
um Harmonie zu bekommen, um dem
ganzen Fenster den Charakter eines Teppichs
zu geben? und diese Farbe wählte er.

Bei all diesen geringen technischen
Mitteln nun aber und bei diesen einfachen
Kunstgriffen, die den Glasmalern unserer
Periode zu Gebote standen, leisteten sie
doch Ausgezeichnetes, stellten Werke her,
die heute noch die Bewunderung der Welt
herausfordern. Diese ihre sarbenglühenden
Teppiche mit dem in der gleichen Fläche ein-
gebetteten Figurenwerk und Laubornament
sind unfern aus Glas ausgeführten modernen
Stafseleibildern ebenso hoch überlegen, wie
das zwar naive aber herrliche Fabrikat der
persischen Teppichwirker den modernen
Blumenleistungen unserer akademisch ge-
bildeten Musterzeichner.

2. Periode der Glasmalerei.

1350—1500.

a) Die Technik dieser Periode.

Einen großen Umschwung in der Kunst
der Glasmalerei bewirkten, zwar nicht
plötzlich und auf einmal an allen Orten,
aber doch nach und nach überall, zwei
wichtige Erfindungen, welche ungefähr
gleichzeitig um die Mitte des 14. Jahr-
hunderts gemacht wurden. Während man
bisher als einzige Schmelzfarbe d. h. als
eine Farbe, die man auf Glas aufmalen
und mit demselben unzertrennlich und un-
zerstörbar durch Einbrennen vereinigen
konnte, nur das Schwarzloth kannte, so
erscheint jetzt neben diesem das sog. Kunst-
gelb (Silbergelb), eine gelbe Malfarbe,
aus Schwefelsilber bestehend, das mit Ocker
zusammengerieben aufgemalt wird. Es
hatte dieses zudem noch die Eigenschaft,
daß es die einzige Farbe ist, die auf
weißes Glas aufgetragen, dieses zwar gelb
färbt, aber vollkommen durchsichtig läßt,
so daß die Brillanz des alten Kathedral-
glaseö, dem es aufgemalt wird, nicht ver-
loren geht.

Eine weitere Erfindung ist das Aus-
schleifen des sog. Ueberfang-
g las es. In den Fenstern aller Perioden
ist nämlich, wie auch heute noch, das rothe

Glas Ueberfangglas, d. h. weißes
Glas mit einem aufgeschmolzenen Häutchen
rother Glasmasse. Man nahm nämlich zuerst
weißes Glas auf die Pfeife, tauchte dieses
in den Tiegel mit der geschmolzenen, roth-
gefärbten Glasmasse und blies dann eine
Scheibe, in späterer Zeit einen Cylinder,
der auf dem Streckherde zu einer Tafel
ausgestreckt wurde. Die gefärbte Masse
geht mit, d. h. sie breitet sich gleichmäßig
über die weiße, dickere Glastafel aus, und
man hat jetzt eine Scheibe, welche durch-
aus die bezügliche Farbe zu haben
scheint, in der That aber nur mit einem
dünnen Ueberzug der Farbe bekleidet
„überfangen" ist. Eine weiße Scheibe in
ihrer ganzen Stärke roth zu färben, wäre
zu schwierig, weil das einzubringende
Metalloxyd, in geringem Verhältniß zu-
gesetzt, die Eigenthümlichkeit hat, sich einer
gleichmäßigen Vertheilung in der Glas-
masse zu widersetzen. Das Ausschleifen
des rothen Ueberfangglases geschah nun
dadurch, daß aus den roth überfangenen
Scheiben das farbige rothe Häutchen stellen-
weise weggenommen wurde, was bewirkte,
daß aus rothem Grunde eine weiße Stelle,
sei es eine Zeichnung u. dgl., erschien.

Von diesen beiden Erfindungen konnte
man nun in der Technik der Glasmalerei
folgenden Gebrauch machen: Während

früher jede Scheibe nur eine einzige Farbe
hatte und man für jeden Theil eines
Fensters geradeso viele Glasstücke brauchte,
als er eben Farben hatte, und auch jedes
einzelne dieser Glasstücke eingebleit werden
mußte, konnte man jetzt einer einzelnen
Scheibe zwei oder mehrere Farben geben.
Man konnte einmal das Kunstgelb dem
weißen Glase eines angrenzenden Theiles
aufmalen z. B. in feinen Linien als Ränder
eines weißen Gewandes, oder weiße Archi-
tektur konnte mit Gold gegliedert werden,
oder es wurde das Haar der Figuren mit
diesem Kunstgelb einer weißen Scheibe des
Kopfes aufgemalt, alles, ohne daß eine
eigene Verbleiung nothwendig wurde. Ferner
konnte das Gelb auf einer blauen Scheibe
aufgetragen werden und so auf blauem
Grunde grüne Gegenstände dargestellt
werden; denn die Vereinigung von Blau
und Gelb gibt Grün. Noch eine dritte
Möglichkeit war gegeben. Der Glasmaler
konnte eine rothe Scheibe (Ueberfangglas!)
 
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