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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 8
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Keppler, Paul Wilhelm von: Die Darstellung der Auferstehung
DOI Artikel:
Schwarz, Franz Joseph: Der Beichtstuhl, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0074

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70

freilich der historischen Richtigkeit und dem
hl. Text Math. 27, 60. Eine wichtige
Frage betrifft die Wächter. Seit dem
13. Jahrhundert sind schlafende Wächter
fast die Regel. Nun haben die Wächter
aber nicht geschlafen, sondern wurden von
den Synedristen bestochen, daß sie aus-
sagten, sie hätten geschlafen. Die darstellende
christliche Kunst hat also hier eigentlich
der Lüge des Synedrinms Unterstützung
geleistet. Wie kam sie zu diesem Jrrthum?
Ohne Zweifel wollte die älteste Kunst die
Wächter nicht schlafend darstellen, sondern
nach Math. 28, 4 halbtodt; ich sage: sie
wollte sie so darstellen, aber die Mangel-
haftigkeit ihres Kunstausdrucks legte in
vielen Füllen eine Verwechslung beider,
ohnedem verwandter Zustände nahe. Der
Kandelaber von St. Paul, Giotto und
Rafael lassen die Wächter unzweifelhaft
durch höhere Macht zu Boden gestürzt
sein; dagegen hat schon Cimabne seine
Soldaten in förmlichen Schlaf gelegt.
Man sollte ernstlich darauf sehen, bei
Darstellung des Ostergeheimnisses, diesen
aus einem Mißverständniß entstandenen
Fehler gründlich zu vermeiden und anstatt
die Soldaten in behaglichem Schlummer
ihre Glieder am Boden dehnen zu lassen,
ihnen die Augen öffnen und Schrecken und
Entsetzen als die Macht anzudenten, welche
sie zu Boden geworfen hat. —

P. Keppler.

Der Beichtstuhl.

Mit einer artistischen Beilage.

Einem mehrfach ausgesprochenen Ver-
langen entsprechend ist der gegenwärtigen
Nummer des „Archivs" eine artistische
Beilage mit dem Entwurf eines Beicht-
stuhls romanischen Styls beigegeben; ein
gleicher im Styl je der Gothik und Re-
naissance wird baldmöglichst folgen. Wir
benützen diese Gelegenheit, um über diesen
Gegenstand der kirchlichen Einrichtung einige
allgemeine Bemerkungen vorauszuschicken.

Der Natur der Sache nach kann der
Beichtstuhl nicht aus einem monumentalen
Material wie die Kirche gebaut, noch auch
als ein dem Kirchengebäude und seiner
Konstruktion inhärirender Theil behandelt
werden. Er ist ein Richterstuhl, in wel-
chem der Beichtvater zur Winters- und

Sommerszeit oft Stunden, ja Tage lang
seines Amtes waltet, und in welchem die
Beichtenden knieen. Er kann also nicht
von Stein sein. Daher kommt es, daß
man in allen alten Kirchen keine bauliche
Spur von ihm findet. Die jetzige Form
des Beichtstuhls ist ziemlich neu. Bis zum
Ende der gothischen Bauperiode genügte
ein transportabler Sitz und ein Knie-
schemel. Der Gebrauch, an bestimmtem
Platze einen eigenen Stuhl mit zwei ihn
flankirenden Knieplätzen für die Beichten-
den zu errichten, mag kaum mehr als 300
Jahre alt sein. Aber auch heute ist er
kein unbeweglicher Bautheil der Kirchen-
mauer, sondern er steht, aus Holz gebaut,
an der Wand, frei und im Nothfall trans-
portabel. Ein oder mehrerer solcher Stühle
müssen in jeder Kirche sein; das ist das
erste, ihn betreffende Kirchengesetz. Wenig-
stens enthält das Visitationsformular
Innozenz' VIII. für die Kirchen von Rom
die Frage: „ob hölzerne Sitze, Beichtstühle
genannt, am rechten Platze allsgestellt und
mit den nöthigen Requisiten ausgestattet
in den Kirchen seien?" Das zweite Gesetz
lautet: sie sollen an einem offenen, sicht-
baren und geeigneten Platze (der Kirche)
ausgestellt sein. (Rit. Rom.) Schon der
hl. Karl Borromäus hat die südliche und
nördliche Schiffwand als den geeignetsten
sichtbaren und zugänglichen Ort bezeichnet.
Diese Aufstellung ist nahezu allgemeiner
Gebrauch geworden. Er verdient es auch,
daß man bei Neubauten in der Anlage
der Schisfbreite die nöthige Rücksicht auf
ihn nimmt, d. h. daß man den Seiten-
gängen noch die für die nördlichen und
südlichen Beichtstühle nöthige Breite zu-
gibt. Das Aussparen von Nischen ist
ein armseliger Nothbehelf; selbst bei der
stärksten Mauerdicke kann eine Nische nicht
die nöthige Tiefe haben; der Platz bleibt
nicht bloß feucht und ungesund, sondern
ein wahres Marterwerkzeug für den Beicht-
vater und die Beichtenden. Ein weiteres
Erfordernis; ist das Gitter, welches den
Priester von dem Beichtkinde trennt. Neuere
Konzilien haben das einzuschärfen für
nöthig erachtet; so das Provinzial-Konzil
von Halifax von 1857. »In ornnibrm
ecclesiis, ubi non existunt, erigantur
sedes confessionales, quibus crates ap-
tentur.« (Collectio Lacens. Conc. recent.
 
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