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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 10
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Detzel, Heinrich: Die kirchliche Glasmalerei, [5]: Geschichte ihrer Technik und ihre heutige künstlerische Behandlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0088

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wirft, wie man zahlreiche solche Fenster
sieht, die „allgemeine Bewunderung" finden.
Eine noch so vollkommene Komposition
macht hier einen disharmonischen Eindruck,
indem die Zeichnung des Musters durch
die unterschiedliche Farbenstrahlung verloren
geht. An der Stelle der LuftPer-
spektive sollte ein ruhiger, würdi-
ger Teppich -Hintergrund ange-
bracht und die verwendeten Fi-
gnren den: ornamentalen Ch arak-
ter des Ganzen möglichst anbe-
quemt werden. Das gilt auch für die
F e n st e r i m R e n a i s s a n c e st y l e. Es
haben hier die gleichen Prinzipien Platz
zu greisen, was die Art der Behandlung
anlangt; anck hier sollte alles Malerische
ü la Staffelei möglichst vermieden, statt
der Luftperspektive sollte ein Teppichhinter-
grund angebracht werden, überhaupt das
ganze Fenster ebenfalls den Charakter eines
Teppichs erhalten. Das wird am besten
gelingen, wenn man in der Dekoration die
italienische Frührenaissance zum Muster
nimmt lind wenn die Zeichnung der Figuren
eine ganz strenge ist, in der Weise, wie
sie der jüngst verstorbene Wiener Professor
Joh. Klein so ausgezeichnet passend für
die Glasmalerei geliefert hat. Gemalte
Fenster einer Kirche im Spätrenaissance-
oder Zopsstyle anssühren zu lassen, halten
wir für durchaus verfehlt. Diese Art der
Glasmalerei aus der Zeit des tiefsten
Verfalles dieser Kunst paßt wohl für
Kabinetsglasmalerei, zur Verwendung für
Korridore in Schlössern und andern Prosan-
gebäuden, aber nicht für Kirchen; hier
sollte unbedingt zu einem ernsteren Style
zurückgegriffen werden. Die italienische
Frührenaissance ist aber in ihrer einfachen,
nicht überladenen Dekoration wie in ihren
Figuren noch würdig und kirchlich. Wir
wollen übrigens die Bemerkung nicht unter-
lassen, daß es wohl der Erwägung werth
ist, ob überhaupt in einer Zopskirche Glas-
gemälde wohl angebracht sind. Sämmtliche
Fenster einer solchen Kirche aber, mit einem
Aufwande von 6—8000 Mark, wie wir
jüngst sahen, mit Glasmalereien im Zops-
style, also gleich Kabinetsglasgemälden mit
allen Mitteln der Oelmalerei auszustatten,
ist denn doch des Guten zu viel. Der
Hauptpunkt der Kirche liegt hier dann
gewöhnlich in den Fenstern statt in den

Altären, und die „allgemeine Freude" über
eine solche neue Zierde wird alsbald durch
den ebenfalls allgemeinen Wunsch nach mehr
Helle und Licht gedämpft. Man sucht in
neuerer Zeit diesem Wunsche allerdings
dadurch zuvorzukommen, daß man die
Malerei in einem Fenster je nur aus
ein Medaillon beschränkt und den obern
und untern Theil durch weiße Gläser er-
setzt; allein solche Fenster gleichen mehr
einem Toilettenspiegel als einem kirchlich
gehaltenen Teppichmuster.

Was die richtige Vertheilung der
Farben bei einem Glasgemälde anlangt,
so ist, um demselben den Charakter eines
Teppichs zu wahren, vor allem daraus
zu setzen, daß nicht 5 u g r 0 ße Flächen
von ein und derselben Farbe Her-
tz e st e l l t w e r d e n , daß vielmehr die Ver-
theilung in einer Weise geschieht, daß keine
das Uebergewicht über die andere erhält.
Die Befolgung dieses Grundsatzes ist aber
nicht möglich, wenn, besonders in kleineren
Kirchen, große Figurenkompositionen oder
so große statuarische Figuren gewählt werden,
daß sie fast das ganze Fenster füllen. Die
Gewänder erscheinen dann gewöhnlich als
die größten Farbenkomplexe unb drängen,
von Ferne gesehen, alles andere in den
Hintergrund, alle übrigen Beigaben er-
scheinen verworren und verschwommen in
ihrer Färbung, und statt eines Farben-
teppichs mit gleich vertheilten Farben sehen
wir einzelne große Klexe von schreiendem
Kolorit.

Es ist aber nicht bloß aus die richtige
Vertheilung der Farben in einem und dem-
selben Fenster zu sehen, sondern auch aus
eine solche bei den einzelnen F e n st e r n
untereinander. Wenn in einem größeren
Chore oder gar in einer ganzen Kirche
sämmtliche Fenster mit Malereien versehen
werden sollen, so hängt von einer richtigen
Harmonie und Farbenstimmung sämmtlicher
Fenster unter einander ungemein viel ab;
je nachdem kann dadurch der Eindruck auch
der Architektur gehoben oder gestört werden.
Diese Vertheilung der Farben unter den
einzelnen Fenstern kann aber nicht bloß
nach dem Gesetze der Symmetrie, sondern
auch nach dem des r h y t h mischen Far-
benwechsels oder der Farbenschie-
bung, wie man es auch nennt, geschehen.
Es besteht darin, daß symmetrisch gestellte
 
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