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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 10
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Detzel, Heinrich: Die kirchliche Glasmalerei, [5]: Geschichte ihrer Technik und ihre heutige künstlerische Behandlung
DOI Artikel:
Schwarz, Franz Joseph: Monumentale Malerei, [6]: Grundregeln derselben
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0089

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85

uub eiuanber entsprechende Stücke der Kom-
position bei der Wiederholung mit veränder-
ten Farben behandelt werden. In dem-
selben Fenster z. B. stehen auf dem einen
Felde die Figuren auf rothem Grunde, in
dem andern auf blauem, oder bei einem
dreitheiligen ist der mittlere Baldachin
vielleicht grün oder blau, während die seitli-
chen roth sind. In dem daneben befindlichen,
oft auch in dem gegenüberliegenden werden
diese Farben dann häufig in umgekehrter
Anordnung verwendet. Eine treffliche An-
schauung haben wir an den oben erwähnten
Fenstern zu Königsfelden, wo in den gegen-
überliegenden Fenstern die Farbenstellung
stets umgekehrt ist. Nehmen wir z. B.
das letzte Paar Fenster der Westseite des
Chores. Während in dem Fenster der
Nordseite der Grund innerhalb der Medail-
lons blau, außerhalb derselben roth ist,
ist das entsprechende Fenster der Südseite
umgekehrt innerhalb der Medaillons roth,
außerhalb derselben blau. An den folgen-
den Fensterpaaren dagegen ist die Farben-
stellung gerade die umgekehrte und so ist
auch in den andern dieser Farbenwechsel
beobachtet. Nur in den vier Fenstern des
Chorabschlusses ist vom Meister das Gesetz
der Symmetrie schärfer betont worden.
Dieser rhythmische Wechsel ist aber nicht
bloß in der Koloristik eingehalten, sondern
zeigt sich auch in den verschiedenartigen
Grundformen der Zeichnung, in den Figuren-
stellungen, in der Verwendung des Raumes
in- und außerhalb der Medaillons u. s. w.
Es wird dadurch eine solche Lebendigkeit
in der Darstellung und ein solcher Reich-
thum in Form und Farbe erzielt, wie ihn
unsere neuere Glasmalerei selbst in ihren
größten szenischen Darstellungen und mit
allen Mitteln der neuen Technik nicht
erreicht. Möchte darum dieses höchst einfache
Mittel von unfern Glasmalern besonders
bei größern Leistungen nicht übersehen wer-
den, möchte überhaupt unsere neuere kirchliche
Glasmalerei wieder bei den so unübertreffli-
chen Mustern der Alten anknüpfen, den
Mosaikfenstern, und nur Werke monumenta-
len Charakters schaffen, wie solche allein
einer Kirche anstehen.

Monumentale Malerei.

(Fortsetzung.)

3) Grundregeln derselben.

Wir nehmen den Faden unserer Dar-
stellung wieder auf, die wir mit S. 40
des „Archivs" 1884 zeitweilig unterbrechen
mußten.

Blicken wir auf den geschichtlichen Theil
derselben zurück, so ergibt sich als Resul-
tat der unumstößliche Satz, daß die christ-
liche Kirche zu keiner Zeit des malerischen
Schmucks ihrer gottesdienstlichen Monn-
mente entbehrte. Fügen wir also nur noch
bei, daß alle halbwegs civilisirten Völker
aller Zeiten und Orte von demselben Ver-
langen beseelt und geleitet waren. Die
Assyrier, Egypter, Etrusker, Griechen und
Römer haben ihre Baudenkmale farbig
dekorirt. Das beweisen alle Ueberreste
bis herab zu den wieder ausgedeckten Ge-
bäuden von Pompeji und Herculanum und
noch von Raphael Vorgefundenen und nach-
gebildeten Dekorationen der Kaiser-Paläste
aus dem palatinischen Hügel. Daraus
folgt die Grundregel:

Nach einem dem Schönheits-
sinn eingepflanzten Naturgesetz
ist die dekorative Malerei un-
zertrennlich mit der Architektur
verbunden; das B e d ü r s u i ß der
letzteren hat jene h erv orgerusen
und bedarf ihrer zur eigenen
E r g ä n z u n g. Oder, wie Owen Jones
in der „Grammatik der Ornamente" sich
allgemeiner ansdrückt: die dekora-
tiven Künste haben ihren U r-
sprung in der Architektur, deren
unzertrennliche Begleiterin sie
auch bleiben sollten.

Die Architektur, sofern sie Kunst und
nicht bloßes Handwerk ist, entspringt dem
Bedürsniß der menschlichen Natur sowohl
nach Schutz gegen die elementaren Kräfte,
als auch nach der Möglichkeit, seine ver-
nünftigen und allgemein menschlichen Fähig-
keiten, die industriellen oder wissenschaftli-
chen Thätigkeiten je nach der Höhe ihrer
Ausbildung auszuüben, den menschlich oder-
christlich sittlichen und religiösen Gesetzen
und den Forderungen des sozialen Lebens
nachzukommen, auch alle diesen Zwecken
dienenden Produkte menschlichen Schaffens
durch Schönheit auszuzeichnen. Thatsächlich
 
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