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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 11
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Schwarz, Franz Joseph: Restauration und malerischer Schmuck der Abteikirche Mehrerau, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0099

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95

Haupt und des aus dem Benediktiuerorden
hervorgegaugenen Ordens der (Zisterzienser
insbesondere, schließlich ans den Titel der
Kirche und auf die besondere Verehrung
der heiligen Jungfrau und Gottesmutter
Maria. Bei der Erfüllung der ersten Pflicht
hielt er sich in der Darstellung des himm-
lischen Jerusalems und des ewigen Rath-
schlusses Gottes in Berufung beziehungs-
weise Wiederherstellung des Menschenge-
schlechtes hauptsächlich an die geheime Offen-
barung des hl. Johannes lind wählte für
sie die Tonnengewölbe des Ober- und
Unterchors nebst der Concha des runden
Chorabschlusses, für die beiden Bilder von
der Vertreibung aus dem Paradiese und
der mit der Gnade des zukünftigen Er-
lösers gewirkten Buße der Stammeltern
die beiden Wandflächen rechts und links
vom Eingang, für die Fortführung des
Erlösungswerks Jesu durch die Apostel die
untern Theile der Wandflächen neben den
Fenstern im Schiff. Die Ostwand des
Chors und das ganze Querschiss dient den
Bildern aus dem Leben der seligsten Jung-
frau. Das Ordensleben und die Regel:
ora et labora, Arbeit und Gebet findet
sich in den untern Bildern des Oberchors.
Szenen aus der Geschichte des hl. Bern-
hard sind in dem Tonnengewölbe des Schiffs
unmittelbar über der Kempferhöhe, Heilige
des Cisterzienser- und Benediktinerordens
in den Mauerpfeilern der Chor- und Schiff-
fenster dargestellt.

Eine Hauptbedingung einer gelungenen
Restauration ist bekanntlich stylgemäße
Harmonie und, soweit es sich dabei um
Farben handelt, die Stimmung der poly-
chromirten Theile des Einbaus und der
Ausstattung zu der Architektur und Ma-
lerei der ganzen Kirche. Die Architektur
ist freilich in dem Münchener sogenannten
romanischen Styl erbaut. Aber diesen im
Einbau nicht nachzuahmen, sondern in
Nachahmung des ächten Styls der spät-
romanischen Periode zu übertreffen, ist ge-
wiß einzig gerechtfertigt. So auch wurde
es bei der Neuherstellung der Altäre (mit
Ausnahme der in den Querschisf-Flügelu
befindlichen aus den fünfziger Jahren,
welche stehen blieben), des Chorgestühls,
der Kanzel, des Faldistoriums des Abts,
sämmtlicher Sedilien, der beiden Orgeln
und des Chorgitters gehalten. Auch diese

sämmtlicheu Einbauten, mit Ausnahme des
Faldistorinmstuhlö und der Sedilien dazu,
sowie des Chorgitters, sind von Meister
Kolb entworfen und gezeichnet. — Kunst-
schreiuer Joseph Bertsch in Dormettingen
hat sie, ausgenommen das in Bregenz ge-
fertigte Chorgestühl, ausgeführt, wie auch
den Abtsstuhl sammt Sedilien nach einem,
Essenwein'schen Zeichnungen nachgebildeten
Muster aus der Stiftspfarrkirche in Ell-
wangeu. Alle diese Arbeiten sind unter
Beirath von Kolb durch Hans Martin
mit demselben Geschick und Fleiß, mit der-
selben Stylkenutniß, reich in Farben und
Gold gefaßt worden, womit er die Kirchen-
dekoration ausgeführt hat. Das Chor-
gitter ist von dem begabten und zeich-
nungsgewandten Architekten I. Cades, jetzt
beim erzbischöflichen Bauamt Freiburg, ent-
worfen und gezeichnet und von einem Bre-
genzer Schlosser Gunz in lobenswertester
Weise ausgeführt.

Um den Plan der Restauration in seinen
Einzelheiten besser verstehen zu können,
müssen wir auf die Geschichte der Kirche
und deren davon bedingte Form und Ge-
stalt noch einen Blick werfen.

1. Geschichtliches.

Mehrerau — Augia Major — ist in
der Geschichte der christlichen Kirche Deutsch-
lands ein alter und ehrwürdiger Ort. Der
hl. Eolumban, durch König Theuderich aus
seinem Kloster Lurovinus und aus ganz
Austrasien vertrieben, landete bier mit sei-
nen Genossen im Jahre 610 an dieser
Stelle des Bodensees, gründete ein Kloster,
stellte das Christenthum wieder her, das
durch seine Schüler und Nachfolger im
apostolischen Amt nach Graubünden, St.
Gallen und ins Allgäu weiter verpflanzt
wurde. Wie allmälig überall, so wich
auch in Mehrerau die Regel Columbans
der des hl. Benediktus. Durch das ganze
frühere und spätere Mittelalter und die
neuere Zeit hindurch verblieb das Kloster
Mehrerau im Besitz des Beuediktinerordens.
Erst der Säkularisation fiel es 1807 zum
Opfer; Bayern führte sie aus, denn Vorarl-
berg war durch den Preßburger Frieden
im Jahre 1805 diesem Laude zugefalleu.
Es geschah mit seltener Schonungslosig-
keit. Noch während des kurz gegönnteil
Aufenthalts der Kouveutualen im Kloster
 
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