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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 11
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Schwarz, Franz Joseph: Beichtstuhl, [2]
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0103

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99

Jahrgangs zu gestalten. Im Uebrigen ist
den Zeichnungen zur Erklärung wenig
mehr beizufügen. Wie ein Blick zeigt, ist
im Aufriß Fig. 1 links von der senkrechten
Halbirungslinie der reichere, rechts der
einfache Entwurf gegeben. Wenn man
will, kann man auch die Rückwand beider
Entwürfe Fig. 1 c, beziehungsweise d ein-
facher geben, indem man die Ausladung
wegläßt und die hintere Wand ganz so
wie die vordere behandelt. Dann fällt der
Tritt Fig. 2 t> ganz weg. Derselbe kann
überhaupt beliebig weggelassen oder auch,
da dies für den Beichtenden bequemer ist,
durch Verlängerung der vorderen Linie bis
zur rechtwinkligen Gestalt vergrößert wer-
den. Ein verständiger Arbeiter wird über-
haupt im Nothsall uoch manche Verein-
fachung sich erlauben dürfen, ohne der
Totalwirkung Eintrag zu thun.

S ck w a r z.

Literatur.

Das „Archiv" hat sich vorgesetzt, nur jene
einschlägige Literatur in seinen Spalten zu be-
sprechen, welche es aus innerster Ueberzeugnng
und ohne Rückhalt bezüglich der leitenden Grund-
sätze wie der praktischen Brauchbarkeit anerken-
nend beurtheilen und empfehlen kann. Mit die-
ser Vorbemerkung weisen wir ans eine neue Er-
scheinung in der Kunstliteratur hin, nämlich auf

W. und G. Auds le y, Mitglieder des Königl.
Instituts der Architektur in England. Die
dekorative Wandmalerei des M it-
telalters. Deutsche Ausgabe von C. Vo-
gel, Prof, und Vorstand der städtischen Ge-
werbeschule in Stuttgart. Paul Reff. Stutt-
gart.

Die Thatsnche, daß die Wandmalerei immer
mehr Anklang findet und daran ist, den Boden
wieder zu gewinnen, den sie im Mittelalter ein-
nahm, ist nicht mehr zu leugnen. Daher auch
die Erscheinung, daß der Kunstliteratur dieses
Zweiges immer neue Werke sich anreihen und
daß sie alle in zum Theil sehr bedeutenden Auf-
lagen bis zu 12 OOO.Exempl. aus deu Bücher-
markt treten. Die Nachfrage muß groß sein,
wenn Verleger das wagen können. Aber leider
sind nach der Erfahrung des Referevten die We-
nigsten der für die Kirche arbeitenden Deko-
rationsmaler unter der Zahl dieser Nachfragen-
den; sie begnügen sich meistens, modern gedächte
romanische und gothische Formen zu imitiren und
ohne eingehendes Studium der Gesetze der monu-
mentalen Malerei und der Farbenharmonie zu
appliziren. So wenigstens ist es in Württem-
berg, anderwärts aber — wenn wir recht unter-
richtet sind — großentheils noch schlechter. Zur
Vermeidung solcher Uebelstände und zur stetig
fortschreitenden bessern Schulung würde es ge-

wiß nicht wenig beitragen, wenn die Auftrag-
geber die Bedingung stellen würden, daß sowohl
bei deni Entwurf, als auch bei der Ausführung
des Plans die setzt hinreichend publizirten und
bekannten Muster des Mittelalters zu Grunde
gelegt iverdeu müssen, sowohl bezüglich der Zeich-
nung siind der Gesetze der Farbe, als auch der
unterschiedlichen Anwendung beider aus die einzel-
nen Bauglieder. Zu den mustergiltigen Werken,
ans welche der Besteller den ausführenden Mei-
ster selbstverständlich nicht zu sklavischer Nach-
ahmung tind unverstandenem Gebrauch verpflich-
ten kann, rechnen wir unbedenklich das obenge-
nannte Werk. An die Spitze der Analyse des-
selben müssen wir allerdings die Bemerkung
setzen, daß es vorherrschend Muster des gothi-
schen Styls, vom romanischen aber nur wenige
gibt, obgleich man nach dein Titel die gleich-
mäßige Berücksichtigung der beiden Stylarten
erwarten dürfte. Die englischen Verfasser, von
denen der eine auch sonst rühmlich bekannt ist,
geben in dem 27 Folio-Seiten umfassenden Text,
welcher niit der 12. (letzten) Lieferung erschienen
ist, eine Einleitung geschichtlichen Inhalts, prak-
tische Anleitung über die Technik der Oelmalerei,
Temperamalerei und Enkaustik (Wachsmalerei),
mit Uebergehung der Freskomalerei, Stereochro-
mie und der neuestens empfohlenen Mineral-
Malerei, indem sie voraussetzen, daß bei den
gewöhnlichen Fällen der Dekoration keine die-
ser Maltechniken zur Anwendung komme. Sie
besprechen ferner den Entwurf des Planes, die
Uebertragung und Ausführung der Zeichnung und
verbreiten sich schließlich über die Prinzipien für
dekorative Entwürfe und deren Bemalung. Der
artistische Theil umfaßt 36 Tafeln in Folio (41,5
und 28,5 cm) in Gold- und Farbendruck. Sehr
praktisch gibt die erste Tafel eine Skala der Farben
und deren Nuance». Die im weitern Verfolg
gegebenen Muster dehnen sich ans auf Sockel
und untere und obere Wandflächen, auf Pfeiler
und Bogen, Gesimse, Bordüren, Bänder, kor-
rektionellc Darstellung von Arkaden, Kreuzblumen,
Plafonds, Dächer und Dachstühle, für größere
Räume lvie für Wandflächen und Glieder von
mäßigen Dimensionen, in einer, zwei und mehr
Farben, auf Hellem, dunklem oder Goldgrund,
in einfacher und reicher Art. Beigegeben sind
Alphabete des 12. und l4. Jahrhunderts, gemalte
Initialen. Die Muster sind keine neuen Erfin
düngen, sondern Originale des Mittelalters, mei-
stens aus England utid Frankreich. Das Werk
liegt in 12 Lieferungen a M. 3. 50 mit muster-
giltiger Ausstattung fertig vor. Von großem '
Nutzen wäre es, wenn dem Klerus in jedem
Kapitel — etwa durch die Kapitelsbibliothek —
stetige Einsicht und Vergleichung dieser muster-
haften Blätter ermöglicht würde. Der oben be-
klagte Mißstand würde keine solche Herrschaft
mehr üben können wie bisher, kein Stümper
oder Anfänger in der Dekorationsmalerei dürfte
es so leicht wagen, seine Skizzen mit der frühe-
ren Zuversicht zur Annahme vorzulegen und
nach seinem Geschmack stylwidrig in Form
und Farbe auszuführen. Nur Eins darf
man dabei nicht vergessen: die Dekorationsmalerei
hat kein ausschließliches Recht in der Kirche, sie
 
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