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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 12
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Schwarz, Franz Joseph: Monumentale Malerei, [8]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0106
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102

im Zusammenhang: „die Konstruktion sollte
verziert, die Verzierung aber nie eigens
konstruirt werden." Die schön formulirte
Antithese kann durch das Adverb „eigens"
mißverständlich werden. Die Verzierung,
auch die ans Blumenornamenten bestehende,
hat auch einen organischen Aufbau, wenn
sie nicht eine willkürliche oder gar sinn-
lose Zusammenstellung verschiedenartiger
Dinge und Formen sein soll. In diesem
Sinne hat sie ihren eigenen Aufbau. Das
aber will die obige These nicht negiren,
sondern nur die Zulässigkeit des Verfah-
rens, Konstruktionstheile, die nicht am Ban
selbst sind, malerisch diesem beizufügen. I
„Was schön ist," setzt er bei, „ist wahr;
was wahr ist, muß nothwendig schön sein."

Die Mauerfläche einer Wand, eines
Gewölbes oder Pfeilers hat keine Per-
spektive. Soll der Charakter des Gebäu-
des und seiner einzelnen Theile nicht voll-
ständig zerstört, die Verhältnisse und das
Ebenmaß derselben nicht aufgehoben wer-
den , so muß auch die Malerei den Cha-
rakter der Fläche behalten. Daraus folgt
die sechste Regel:

Von der Monnmental-Malerei
bleibt Linien- und Luftperspektive
ausgeschlossen, ebenso auch alles
Modelliren und Rundmalen; zu-
lässig und der Architektur ange-
messen ist die Flachmalerei, so-
wohl für die figurativen wie die
dekorativen Parthieen.

Gegen die letztgenannten vier Grund-
regeln hat sich die emanzipirte Stafselei-
Malerei, in die Monnmental-Malerei über-
tragen, am meisten versündigt, wovon die
Kirchen aus der Zeit der deutschen Re-
naissance und des Rococo eine Unzahl von
Beispielen liefern. Da sieht man Plafond-
gemälde in Chor und Schiss, vielleicht noch
ein von Stuckrahme eingefaßtes Wandge-
mälde, alle Architektur aber, Lesinen, Gurt-
und Hauptgesimse, ja sogar Pfeiler kalk-
weiß getüncht; oder, wenn die malerische
Dekoration auch aus die Wandflächen sich
ausdehnt, modellirt gemalte Architektur-
iheile, Schein-Nischen oder -Fenster, Le-
sinen und dergleichen; in den Wand-, be-
sonders aber in den Plafondgemälden eine
zwar formgewandte, aber darum nur um
so verderblicher wirkende, die Höhenver-
hältnisse störende Perspektive, durch welche

die Wand sozusagen weg- und in die Ferne
gerückt wird und Anderes mehr. Daß das
Ebenmaß der Verhältnisse eine Hauptbe-
dingung der Schönheit bildet, ist in diesen
Schöpfungen der dekorativen Kunst ganz
vergessen.

Ebenso nothwendig, wie in den Größen-
verhältnissen , ist das Ebenmaß auch in
der Form und Farbe der malerischen De-
koration.

Zuerst in der Form. Eine Blume
kann naturgetreu nachgebildet werden, und
so alle natürlichen Dinge, ein Gebäude
nicht, denn es ist kein Produkt der Natur,
sondern des menschlichen Geistes. Insofern
hat das ganze Gebäude und jeder seiner
wesentlichen Bantheile eine konventionelle,
eine durch Uebereinkommen gewordene Form,
und das um so mehr, je höher sich der
Bau über die Linie des bloßen Bedürfniß-
baues erhebt, mit andern Worten: es gibt
keinen Bau, jedenfalls keinen über arme
Verhältnisse hinausgehenden oder gar Kunst-
bau, der nicht irgend eine ihm durch Ueber-
einkommen der in einer bestimmten Zeit,
unter bestimmten Bildungseinflüssen leben-
den Generation gegebene Form im Ganzen
und Einzelnen aufweist, oder mit andern
Worten, einen Styl hat. Daher dürfen
auch die zur malerischen Dekoration ver-
wendeten, der Natur entnommenen Gegen-
stände nicht in ihrer naturalistischen Form
dargestellt, sondern nur als Motive zu
Grund gelegt werden, derart, daß sie als
dieser oder jener natürliche Gegenstand in
seinen Hauptumrissen leicht erkennbar, im
klebrigen aber konventionell gestaltet ist.
Dieser Grundsatz ist von allen Kultur-
völkern des Alterthums befolgt worden, so
lange ihre Kunst in der Blüthe stand;
gerieth die Kunst in Verfall, so wurde
er verlassen.

Daraus folgt die Regel: Jede ma-
lert sche Monumental-Dekoration
muß stylisirt sein.

Die volle Schönheit erhalten die For-
men erst durch die Farbe. Auch auf diesem
Gebiet hat jeder Styl seine konventionellen
Gesetze, welche ungestraft nicht verletzt wer-
den. Da hier von der monumentalen Ma-
lerei hauptsächlich mit Bezug aus kirchliche
Bauwerke die Rede ist, so können wir
sagen: die kirchliche Monumentalmalerei
kann sich ans die Grundsätze beschränken,
 
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