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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 2.1884

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Nr. 12
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Schwarz, Franz Joseph: Monumentale Malerei, [8]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15860#0107

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103

welche für Styl und Farbe der Epochen
romanischen, gothischen und Renaissance-
Styls gegolten haben. Mit diesen lassen
sich alle monumentalen Bedürfnisse kirch-
licher Art decken, bei Neubauten mit den
zwei ersten, bei Restaurationen aller
Kirchen späteren Ursprungs in der Re-
naissance- und Rococozeit mit dem Styl
der Früh-Renaissance des 15. Jahrhun-
derts. Wenn wir den Barock-Styl mit
seinen grotesken, oft unnatürlichen, wider-
sinnigen Gebilden einer krankhaft verschro-
benen Phantasie gänzlich ausschließen und
gegen die deutsche Renaissance Mißtrauen
dringend anrathen, so wird das keiner be-
sonder:: Begründung bedürfen. Man kann
es nur im höchsten Maße bedauern, daß
die ans dem Prosangebiete allmählig allein
herrschende Vorliebe für die Renaissance
und einen darnach sich ausbildenden mo-
dernen Styl, ja sogar für Rococo auch
jene zu beeinflußen beginnt, welche in ir-
gend einer Richtung für die Kirche ar-
beiten. Es ist allem Anschein nach zu
fürchten, daß die „Kunstinstitute", diese
Erfindung der modernen Zeit, dieses Ein
slnßes sich am wenigsten erwehren werden.
Man darf ihnen gegenüber, wenn nicht
alle Zeichen trügen, sehr aus der Hut sein.

Dem Vorstehenden zufolge dürfen wir
also die praktische Regel ausstellen: der
für kirchliche Monumente arbei-
tende Maler hat die in der roma-
nischen, gothischen und Früh-Re-
naissance-Epoche für Stylsorm und
Farben geltenden Gesetze gründ-
lich zu studiren, darnach seine
eigene Originalität zu bilden
und seine Kun st schöpf ungen aus-
z u s ü h r e::.

Der Farbensinn, das seine Gefühl für
Farbenharmonie ist zwar ein Talent, das
sich der, welcher es nicht hat, weder
geben, noch durch Studium und Erfah-
rung allein ersetzen kann; aber auch diese
Gabe muß ausgebildet werden. Geschieht
es von den Berufenen aus dem angedeu-
teten Wege, 'so wird auch das Publikum
in demselben Maße von einer beklagens-
werthen Geschmacksrichtung modernen Ur-
sprungs geheilt werden, welche so oft nicht
blos eine regellose, subjektive Beurtheilung,
sondern auch eine Abneigung, in einzelnen
Fällen sogar fanatischen Widerwillen gegen

die monumentale Malerei überhaupt, ins-
besondere aber gerade gegen diejenige er-
zeugt, die sich nicht nach eigener Willkür,
sondern unter dem Einfluß Jahrhuuderte
lang herrschender Kunstschulen bethätigt.
Es liegt demnach in unserem eigenen Inter-
esse, die für die Kirche arbeitenden Künstler
zu zwingen, daß sie sich mit dem Studium
der jetzt so leicht zugänglichen Kunstlitera-
tur abgeben, den Sinn für Form und
Farbe nach den Alten durch immerwähren-
des Schauen und Sich-Einleben bilden
und dann erst eine Arbeit zu unternehmen
sich getrauen. Von Seite des Bauherrn,
also vor Allem der geistlichen Vorstände
der Kirche ist konsequentes und strenges
Handeln und große Vorsicht in der Aus-
wahl der Kräfte nöthig. Denn nur dann
kann man den: endlichen Resultat mit Ruhe
entgegensetzen, während andernfalls das Er-
gebnis der Mühen, Sorgen und Kosten
mehr als zweifelhaft ist. Um darin seiner
Pflicht genügen zu können, ist freilich ei-
genes Wissen und Verständniß nöthig.
Man kann daher den Klerus, ganz beson-
ders auch die Vorstände und Zöglinge
geistlicher Bilduugsaustalten nicht dringend
genug bitten, diese Disziplin, wenn auch
nicht zur Theologie, so doch zu den Gegen-
ständen jener allgemeinen Bildung zu rech-
nen, welche für einen Theologen unerläß-
lich ist.

Schon oben ist davon die Rede gewesen,
daß die Verbrüderung der Architektur und
Malerei eine wesentliche Bedingung der
Kunst, der kirchlichen insbesondere sei, so-
wie, daß die Einheit und Harmonie des
Werkes davon abhänge. Jetzt, nachdem
wir die wesentlichsten Regeln, soweit sie
dem Laien zu wissen nöthig sind, bespro-
chen haben, ist hier noch der Ort, der
dritten Schwesterkunst — der Plastik —
zu gedeuken. Malerei und Plastik waren
im Mittelalter eng verbunden; vereint er-
scheinen sie nicht blos in den Monumenten,
sondern auch aus Altären, Reliquienschrei-
nen und ähnlichen Gebilden, entweder neben
einander, oder durch das Bemalen der
Skulpturen von Holz und Stein. Nach
dem heutigen Stand der archäologischen
Forschungen bezweifelt Niemand mehr die
Thatsache, daß die antike Welt und das
Mittelalter die Figuren in Stein und Holz
polychromirt haben. Daß das keine Ge-
 
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