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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 1
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Schwarz, Franz Joseph: Grammatik der kirchlichen Baukunst, [1]
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Schwarz, Franz Joseph: Restauration und malerischer Schmuck der Abteikirche Mehrerau, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0009

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5

Haupt-Eigenschaft des Baumeisters, das
Verständniß der Profile aber dem Laien,
der die monumentale Schönheit erkennen
und genießen will, ebenso unerläßlich.
(Fortsetzung folgt.)

Restauration und malerischer
Schmuck der Abteikirche Mehrerau.

(Fortsetzung von Nr. 11 Jahrg. 1884.)

Der Endzweck der Menschwerdung Christi
und des Erlösungswerkes ist die Verherr-
lichung Gottes, die Wiederherstellung des
himmlischen Jerusalem und die Seligkeit
der Auserwählten in ihm. Von der Opfer-
stätte führt daher der Weg in den Himmel.
Dieser ist in dem höher liegenden Gewölbe des
Unterchors dargestellt. Das 4., 5., 21.
und 22. Kapitel der Offenbarung des hl.
Apostels Johannes haben dabei als Führer-
gedient. Zur Ausführung dieses Themas
ist das ganze Tonnengewölbe des Unter-
chors in fünf Hauptfelder getheilt. Die
Mitte nimmt ein großes Viereck ein, in
demselben ein Medaillon, innerhalb dessen
ein kleinerer Kreis konzentrisch geschlagen
ist. In diesem kleinen Kreise ist der ewige
Gott auf dem Throne dargestellt. Ein in
der Richtung der Diagonalen des Vierecks
geschlagenes Kreuz mit breiten Balken,
ausgehend von dem kleinen Kreis, symbo-
lisirt wiederum das Wort Gottes, das
Mensch geworden ist durch seine Geburt,
Opfer durch seinen Tod, Löwe durch seine
Auferstehung, Adler durch seine Himmel-
fahrt. Dieser alten Erklärung der ge-
heimnißvollen Thiere in den Gesichten des
Propheten Jesaias folgend hat der Meister
diese Symbole des Wortes Gottes und
zugleich seiner Evangelisten, als der Trä-
ger des geschriebenen Wortes Jesu auf
überlegten Vierecken in diesem Kreuzes-
balken zur Darstellung gebracht. In den
vier durch das Kreuz gebildeten Kreisab-
schnitten sind die sieben Engel, welche um
den Thron Gottes stehen. „Und vom
Throne giengen Blitze und Stimmen und
Donner aus und sieben Lampen brannten
vor dem Throne, welche die sieben Geister
Gottes sind" (Apokalypse 4, 5). Die
Darstellung hält sich ganz an den Text:
jeder der Geister hält eine Lampe mit lo-
dernder Flamme in der Hand, zur Seite
derselben zucken vom Throne Gottes aus-

gehende Blitze, nach unten mit der zuneh-
menden Kreisweite sich erbreiternd.

Unmittelbar an dieses Quadrat schließen
sich rechts und links, also nach Nord und
Süd in der Richtung zum Hauptgesims je
zwei gemalte sphärische Flächen im Tonnen-
gewölbe an, jede durch passende Ornamente
von einander geschieden. Die zwei nächsten
nördlich und südlich vom Mittelqnadrat
zeigen uns die ehrwürdigen Gestalten der
viernndzwanzig Aeltesten, welche nach der
geheimen Offenbarung Kap. 4, 4 rings
um den Thron Gottes und des Lammes
sitzen, mit wollweißen Kleidern angethan
und mit goldenen Kronen auf den Häup-
tern. Im 5. Kap. 14. V. der Apokalypse
erscheinen sie überdies als die Repräsen-
tanten der den ewigen Gott und das Lamm
auf dem Throne anbetenden und lobprei-
senden Schaar aller Engel und Heiligen.
Darum ist ihnen auch als Symbol die
Harfe und die Weihrauchschaale beige-
gebeu.

Unterhalb dieser Darstellung erscheinen
die übrigen Chöre der Heiligen, wie sie
in der Allerheiligen-Litanei aufgezählt sind.
Je durch einen stylifirten Palmenbaum ge-
trennt folgen sich, anfangend ans der Nord-
seite des Unterchors in der Richtung von
Westen nach Osten die Chöre der Patriar-
chen und Propheten, repräsentirt durch die hl.
Johannes den Täufer und Joseph, den Nähr-
vater Christi, der hl. Apostel und Evangeli-
sten, vertreten durch Johannes und Jakobus
den Aeltern, der Märtyrer, vertreten durch
St. Stephanus uud Laurentius, und der
weiblichen Märtyrer in St. Luzia uud St.
Agatha, sodann auf der Südseite von Ost
nach West die Chöre der hl. Bischöfe und
Bekenner, dargestellt durch St. Sylvester
und Martinus, der Kirchenlehrer in den
Bildern St. Augustins und Hieronymus,
der Mönche und Einsiedler in St. Anto-
nius (von Aegypten) und St. Franziskus
Ass., endlich der hl. Jungfrauen in St.
Clara und Agnes.

Noch fehlen die neun Chöre der hl.
Engel, um die Heerscharen des Himmels
vollzählig um deu Thron Gottes versammelt
zu schauen.' Sie sind in der Schildmauer,
dem Abschnitt zwischen dem Triumphbogen
und dem Tonnengewölbe des Unterchors,
halbkreisförmig angeordnet, oben die erste
Hierarchie, und zwar die Throne in der
 
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