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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 1
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Schwarz, Franz Joseph: Restauration und malerischer Schmuck der Abteikirche Mehrerau, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0011

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nung. Innerhalb der das ganze Bild abschlie-
ßenden Bordüre steht, aus alle vier Seiten
vertheilt, die Inschrift: Quae est ida,
quae progreditur, pulchra ut luna, electa
ut sol, quasi aurora consurgens, terribi-
lis ut castrorum acies ordinata, d. h. „Wer
ist die, welche hervorkommt, schön wie der
Mond, auserlesen wie die Sonne, emporstei-
gend wie die Morgenröthe, furchtbar wie ein
geordnetes Schlachtheer. Hohes Lied 6, 9.
An den vier Ecken der Bordüre sind Me-
daillons mit den Inschriften: foederis
arca (Arche des Bundes), domus aurea
(goldenes Haus), stella matutina (Mor-
genstern) , rosa mystica (geheimnisvolle
Rose). Daß und wie außerdem die Quer-
schiffarme und der auf deren Breite ent-
fallende Theil des Längenschiff-Gewölbes
der Verherrlichung der seligsten Jungfrau
Maria gewidmet finb, werden wir weiter
unten hören.

Schon im Oberchor, sich anschließend
an die „Königin aller Heiligen", entfaltet
sich eine lange Reihe von Heiligen, theils
in den Mauerpfeilern zwischen den Fenstern,
alle als statuarische Figuren, tbeils in
derselben Höhe an den östlichen Wänden
des UnterchorS und durch die ganze Kirche
hindurch, fast durchgehends solcher aus dem
Cisterzienserorden, welche von demselben
als Heilige oder Selige verehrt, oder wenig-
stens im Eisterzienserbrevier kommemorirt
werden. Den zwei Hauptbildern in dieser
Reihe, dem hl. Benedikt als primärem
Stifter, und dem hl. Bernhard, diesem
glänzendsten Sterne des Cisterzienserordens,
sind die zwei augenfälligsten Flächen ein-
geräumt, die östlichen Wandflächen des
Unterchors über einem Nebeualtar links,
beziehungsweise der Ehororgel rechts vom
Beschauer. Die malerische Umrahmung
beider Bilder ist einem Altaraufsatz ähnlich,
in dessen Mitte die Hauptfigur, links
der hl. Benedikt, von dem über ihm schwe-
benden hl. Geist erleuchtet, in der linken
Hand das Regelbuch, mit der rechten zeigend
aus deren Ansangs^orte: Ausculta o fili
praecepta magistri, eingeschrieben tu den
Avers der bekannten ovalen Benediktus-
Medaille rechts über ihm, während deren
Revers links zu seinen Häupteu das Beue-
diktuskreuz zeigt. Unter dem Hauptbild
der Benediktiner Wahlspruch: In omnibus
glorikicetur Deus. In den Flügeln sieht

man die Bilder der zwei berühmtesten aus
den Erstlingsjüngern des hl. Patriarchen,
den hl. Maurus, dessen exemplarischer Ge-
horsam verherrlicht ist in der Legende:
vir obediens loquetur victorias „ein
Mann, der gehorsam ist, wird siegreich
reden" (Sprichw. 21, 28), und den hl.
Plazidus mit der Legende: Qm hanc
regulam secuti fuerint, pax super illos
„Friede über jene, welche diese Regel be-
folgen".

Rechts bildet die Hauptfigur der hl.
Bernhard, ausgefaßt in dem Moment, da
er im Dom zu Speyer vor dem Bilde der
seligsten Jungfrau beim Salve Regina
in die Worte ausbricht: »o demens, o
pia, o dulcis virgo Maria«. Er kniet
in der Mitte, im linken Flügel ist die
Himmelskönigin mit dem Kinde, aus einem
Throne sitzend, im rechten ein Engel mit
einem Spruchbande dargestellt, auf welchem
oben genannte Worte geschrieben stehen.
In der Legende unter dem Bilde des hl.
Bernhard: mel et lac sub lingua tua,
„Honig und Milch ist unter deiner Zunge"
ist der Charakter des unter dem Namen
Doctor melifluus bekannten hl. Kirchen-
lehrers ausgedrückt.

Rechts und links von dem oben be-
schriebenen Titelbild der in den Him-
mel ausgenommeueu Mutter Jesu sind
die Bilder der hl. Päpste Eugen III.
und Benedikt XII. aus dem Orden der
Cisterzienser. Sie repräsentireu zugleich
die von Christus, dem Haupte, seiner Kirche
verliehene Unabhängigkeit des christlichen
Lehr-, Priester- und Hirteuamts als den
einen Faktor der Unzerstörbarkeit der
Kirche. Darum sind unter diesen Bildern
in zwei Medaillons zwei weitere angebracht,
das eine darstellend die Erzählung Matth. 17,
23—26 von der Steuerpslicht Jesu und
Petri, oder vielmehr von der Unabhängig-
keit ihres Amts gegenüber weltlicher Sou-
veränität, mit der Inschrift: ergo liberi
sunt filii (also sind die Kinder frei). Das
andere Medaillon veranschaulicht den Aus-
spruch Jesu bei Matth. 23, I I und 20, 26
„Wer von Euch der Größte ist, wird der
Diener aller sein": in dem Bilde der
Fußwaschung mit der Inschrift Servus
servorum Illei, welche zugleich den Titel
des Nachfolgers Petri giebt. Die Seiten-
wände des Chores haben an den Fenster-
 
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