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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 2
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Schwarz, Franz Joseph: Grammatik der kirchlichen Baukunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0020

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16

rauf folgt ein Plättchen (Fig. 7), auf
welchem in Fig. 19 ein umgekehrter Kehl-
leisteu (vergl. Fig. 17), iu Fig. 20 ein
umgekehrter Karnies (Fig. 18) ruht. Dort
ist der Kehlleisteu fast regelrecht aus dem
Viertelstab gebildet, hier der Karnies (antik
Eyma oder Sima genannt) nur schwach
gebogen, in dieser abgeschwächten Form
in der Antike unter dem Namen Lysis,
hier also der umgekehrten Lysis bekannt.
Es folgen iu fortschreitender Verjüngung
ein Stäbchen (antik Astragal genannt), ein
verjüngter Rundstab und ein Plättchen, zu-
letzt der sog. Anlauf, eine Viertelshohlkehle,
im mittelalterlichen Baustyl (Single h n n g
genannt, als letzter liebergang zu der Um-
fassungsmauer. Mit Ausnahme des Plätt-
chens wiederholt sich hier keines der Glie-
der. Aber es gibt Beispiele, wo das
Plättchen und ebenso der Wulst nach und
nach sich zum Rundstab verjüngend dreimal
vorkommt, neue Glieder iu Vierrelstab und
Hohlkehle sich einfügen und der Kehlleisteu
zum Karnies tritt, wie am Bogen des
Titus in Rom, während das letzte Glied,
die Einziehung, aussällt.

Die griechischen Sockelgesimse laden in
der Regel nicht so weit aus, wie die römi-
schen, vermeiden gern die scharfe Schwei-
fung von Kehlleisteu und Karnies, sind
auch häufig weniger gegliedert, z. B. Platte,
Plättchen und eine tiefe, also unten mit
sehr spitzem Winkel gebildete Einziehung;
oder: Platte, umgekehrter Karnies, Plätt-
chen und Einziehung; oder dieselbe Glie-
derung mit umgekehrtem Kehlleisteu statt
des Karnies, oder: die gleiche Bildung mit
einem Rundstab über dem Kehlleisteu be-
reichert u. dgl. Vielleicht versucht es ein
oder der andere unserer Leser, die be-
schriebenen Sockelgesimse, an der Hand der
gegebenen Profil-Elemente und der Figuren
19 und 20 nachzubilden.

Die altchristliche Kunst hat sich im
Wesentlichen an die antiken Formen ange-
schlossen.

Im romanischen Sockelgesims sind der
Wulst, die Hohlkehle, die Schräge, Platte
und Plättchen in kräftiger Bildung mit
und ohne Einziehung die beliebtesten Formen
reicherer Monumente. Die zwei Muster
Fig. 21 und 22 mögen das veranschaulichen.

Fig. 22 ist der leichten Vergleichung
halber hier noch einmal gegeben (s. Fig. 4).

Romanische Sockelgesimse.

Fig. 21. Fig. 22.

Kirche in Roshcim (Elsaß). Stiftskirche Ellivangcn.

Die zwischen der Platte und dem Wulst
Fig. 2^ eingefügten verbindenden Glieder,
durch Schrägen gebildet, kommen schon in
der antiken Baukunst vor. Obgleich nun
beide Stylarten aus denselben Elementen
schöpfen, so wird man doch den Unterschied
beider in der Kombination der Formen
und iu ihrer spezifischen Wirkung nicht
verkennen. Diese geistige Eigenthümlich-
keit ist es eben, was den Styl-Unterschied
begründet.

Im gothischen Sockelgesims treten Karnies
und Kehlleisten iu ihrer reinen Form zurück
und die freiesten Bildungen aus Theileu
des Kreises au ihre Stelle, welche mit der
Fase, Schräge, Platte und dem Plättchen,
die manigfaltigsteu Formationen erzeugen.
S. Fig. 23 und 24.

Gothische Sockelgesimse.

Fig. 21. Fig. 24.

Vom Münster in Ulm.

Es ist hier nicht möglich, alle die ver-
schiedenen Bildungen zu erschöpfen. Es
genüge, einige andere Formen zu beschrei-
ben , z. B. auf dem Mauerfuß (also iu
 
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