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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 2
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Schwarz, Franz Joseph: Restauration und malerischer Schmuck der Abteikirche Mehrerau, [3]: das Schiff
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0023
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19

seinen dreißig Genossen, edlen Jünglingen,
vor den Pforten des durch Sterblichkeit
fast verödeten Klosters Citeaur, wirft sich
dem hl. Abt Stephan zu Füßen und bittet
um Aufnahme. Die Gesinnungen, in
denen sie diesen Schritt thaten, sind in
den Worten ans der Regel des hl. Bene-
dikt ansgedrückt: Inquire pacem et se-
quere eam. „Suche den Frieden und
folge ihm." Sie bilden die Inschrift des
Bildes.

Im dritten Joch der Südseite setzen
sich die Darstellungen in der unteren Reihe
ans der Apostelgeschichte, in der oberen
aus dem Heiligen- und Seligen-Verzeichniß
des Cisterzienserordens fort. Von jenen
zeigt uns das Bild links vom Fenster die
Taufe des Kämerers der Königin Candace
von Aethiopien durch Philippus (Apostel-
gesch. 8, 26—39) und die Erweckung der
Tabitha durch den Apostel Petrus (Apostel-
gesch. 9, 36—42). Dieses Wunder, in

Folge dessen „Viele an den Herrn glaub-
ten", und jene Bekehrung des Aethiopiers
versinnlichen die Ausbreitung des christ-
lichen Glaubens durch das apostolische
Wirken. Ans der Zahl der Cisterzienser-
Heiligen erscheinen der Abt Hugo und
rechts der Mönch Famianus. Im Ge-
wölbe dieser Travee ist die ergreifende
Erzählung von der Bekehrung Hnmbeli-
nens, der Schwester des hl. Bernhard,
im Bilde versinnlicht. Sie kommt, ange-
zogen von dem Ruse ihres Bruders, eines
Tages iit glänzendem Auszug, ihn zu be-
suchen, hält an der Pforte des Klosters
und verlangt, den Bruder zu sehen. Bern-
hard aber, der den Luxus ihres Aufzugs
verabscheut, kann sich nicht entschließen, sie
zu sehen, auch die andern Brüder Humbe-
linens, Bernhards Genossen im Kloster,
wollen sie nicht sprechen. Da bricht sie,
vom Schmerz überwältigt in Thränen ans,
klagend: „Ich weiß, daß ich eine Sünderin
bin; doch ist Jesus nicht für alle, die mir
gleichen, gestorben? Verachtet mein Bruder
mein Fleisch, so möge der Diener Gottes meine
Seele nicht verachten! Er komme und ver-
lange, befehle; ich will gehorchen und thun,
was er mir sagt." Bei diesen Worten
öffnet sich die Thüre des Klosters und
Bernhard zeigt sich mit seinen Brüdern.
Dieser Augenblick ist im Bilde aufgefaßt.
Dem Bilde ist die ckarakteristische Inschrift

beigegeben: Terrenorum amor coeles-
tium impedit felicitatem. „Die Liebe
zum Irdischen schließt die Glückseligkeit in
himmlischen Gütern aus." Hnmbeline —
so erzählt die Geschichte weiter —- wurde
durch den Bruder mit Gott versöhnt, em-
pfieng von ihm die Regel, welche auch die
Mutter beider im Stande der Ehe beob-
achtete, und trat später, nachdem sie von
ihren ehelichen Banden frei war, in ein
Kloster und starb im Rufe der Heiligkeit.

Wenden wir uns zu der gegenüber-
liegenden Travee der Nordseite, so begeg-
nen uns ans der Apostelgeschichte Petrus
im Hause des Kornelius und die Befreiung
des Petrus ans dem Kerker (Apostelgesch.
10, 34 und 12, 9), über denselben der
selige Eisterzienserabt Raymnndns und der
selige Silvanns, Mönch; in der zweiten
Travee die Predigt Pauli in Athen und
die Erscheinung Christi, welche dem Apostel
zu Theil wurde und in welcher er die Be-
rufung empfieng, wie in Jerusalem, so auch
in Rom für Christus zu zeugen. (Apostel-
gesch. 17, 22 und 23, 11.) Darüber die
sei. stigmatisirte Nonne Jda und rechts
die hl. Jnliana von Falconeri. Diese
zweite Travee ist an den Lesinen von den
Statuen der hl. Kirchenlehrer Augustinus
und Hieronymus slankirt. Die letztere
und die des hl. Johannes des Täufers um-
rahmt plastisch die östliche Travee der
Nordseite, deren Gemälde zu beiden Seiten
des Fensters links die Begegnung der hei-
ligen Petrus und Paulus auf ihrem Gang
zum Martertod, rechts die schwebenden
Gestalten der beiden Apostelsürsten dar-
stellen, Segen spendend der Stadt Rom und
dem Erdkreis. Darüber sind die Bilder
des sel. Heinrich, Kardinals, Krenzzngö-
predigers, und des hl. Adalgotns, Bischofs.
In demselben Joch über dem Gesims setzen
sich die Szenen aus dem Leben des hl.
Bernhard, von Osten nach Westen fort-
schreitend, fort. Wir erblicken da, gegen-
über der Kanzel, den hl. Bernhard ans
dem Konzil von Sens, Abälard seiner
Jrrthümer überführend, darunter den
Schristtert: qui fecerit et docuerit, hic
magnus vocabitur in regno coelorum.
„Wer sie thut und lehrt, der wird groß
heißen im Himmelreiche". Matth. 5, 19.
Wie hier die hervorstechende Thätigkeit des
hl. Bernhard, nämlich seine Wachsamkeit
 
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