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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 2
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Ueber die Bedeutung der alten Wandmalereien für die Gegenwart, [1]
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Zur christlichen Symbolik
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Korrespondenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0028

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24

diese gewaschen, studirt und verstanden sind,
geht man zu den übrigen, kittet hier wie-
derum nur die kleinsten Vertiefungen und
Risse aus, und schreitet sofort zu den
größeren und schwierigen Defektstellen vor,
bis alle verkittet und ausgebessert sind.
Einen solchen Stufengang haben wir selbst
einigemale versucht und am Ende fanden
es die Arbeiter selbst nur schwer heraus,
welche Stellen alt, welche neu waren. Erst
dieser Tage fand ein tüchtiger Archäologe,
dem die alten Malereien Italiens und
Deutschlands sehr wohl bekannt und von
ihm durchforscht waren, ein Wandbild für
ganz intakt, und doch waren unter unseren
eigenen Augen manche Stellen darin er-
gänzt und ausgebessert worden, nachdem
nach obiger Angabe war vorangegangen
worden. Von Seite des Künstlers braucht
es vor anderem Interesse an den alten
Meisterwerken, dann wird sich bei ihm die
gehörige Geduld und bald eine befriedigende
Praxis in der Zeichnung wie im Kolorit
und den verschiedenen Charakteren und
Richtungen von selbst ergeben. Was sich
mit einigem Fleiß und geringer Ausdauer
selbst bei Erstlingsversuchen erreichen läßt,
hierüber erlauben wir uns beispielshalber
auf die Kirche von Ter lau in Südtyrol,
bei Bozen, hinzuweisen. Dieser 1380 be-
gonnene Ban wurde im edlen gothischen
Style ansgeführt, außen mit fein gehauenen
Sandsteinqnadern bekleidet und innen von
unten bis oben an allen Wänden und
Gewölben reich bemalt. Um die Mitte
des vorigen Jahrhunderts oder etwas früher
hatte man diese vielen Bilder alle aus-
nahmslos übertüncht, dann an vielen Stellen
Nägel eingeschlagen, um Statuen und
Bildtafeln zu befestigen. (Schluß folgt.)

Zur christlichen Symboltf.

Die Aufstellung der Hähne auf den Thürmen
ist uralt und hat ihre symbolische Bedeutung.
Wilhelmus Durandus, Bischof von Mende (>4.
Jahrh.), schreibt in seinem Rationale divin. offi-
ciorum, daß der Hahn auf den Kirchthürmen das
Symbol der Prediger sei; der Hahn bezeichnet
nämlich durch seinen Ruf die Stunde und weckt
die Schläfer. Aber zuerst ermuntert er sich selbst,
indem er seine Flügel schlägt. Wie sich der
Hahn gegen den Wind dreht, so widerstehen die
Prediger denen, die sich gegen den Herrn em-
pören und machen sie fort und fort auf ihre
Vergehen aufmerksam. Die feststehende Stange,

aus der sich der Hahn dreht, bedeutet das uu-
verdrehbare, feststehende Wort; seine Befestigung
über dem Kreuze zeigt die Grundlage an, auf
der das Wort beruht, welches der Prediger aus-
zulegeu hat. Eine weniger symbolische, aber
hoch poetische Schilderung gibt Walston, ein
englischer Schriftsteller des 10. Jahrhunderts, iii
seiner Lebensbeschreibung des hl. S witin von
dem Hahne'auf dem Thurine der Kirche zu Win-
chester.

Korrespondenz.

H. . . . 17. Okt. 1884.

Wenn man die Grundsätze über den Altar-, in
Speele Tabernakelbau im „Archiv" liest, wird's
einem bei dem Gegensätze von Soll und Ist ganz
ungemüthlich. Noch ungemüthlicher aber war
mir die Entdeckung, daß 7 unter den 8 Altären

unserer.Kirche höchst wahrscheinlich exe-

krirt sind. Vor . . . Jahren verwandelte.

den gothischen Styl in Rokoko. Die Mensa wurde
so überbaut, daß nur ca. Ein Fuß frei blieb. Der
^ alte Altarstein wurde in bauchiger Form umlattet,

[ um Stukkatur anzubringen. Die Höhlung zwischen
Altar und Stukkatur wurde mit einem Brettchen
überdeckt und so die adulterine Mensafläche mit
Cemeut übergosscn. Auch angenommen, daß der
ursprüngliche Altar nicht exekrirt wurde, ist er
insofern unbrauchbar, als man Hostie und Kelch

viel zu weit einwärts pouireu müßte; das.

hat für Portatilia entschieden. Horribel klingt
es, daß ein Pfarrer bei dem Aufbau eines neuen
Altar-Aufsatzes die Zerstörung des Altars nicht
verhinderte; den eigentlichen Altar bildete nun
eine hohle Truhe, in das Altarbrett wurde ein
se lb st fabrizirtes Portatile eingelegt, bei dessen
Wegnähme man in den siustern leeren Raum des
Altars-Jnueru blicken konnte. Nach der Refor-
mation, sagt Jansseu, bauten Fürsten die Kirchen.
Als Theaterliebhaber wollten sie nitcf) in den
Kirchen Theaterwerk, und als Freunde der Oper
sorgten sie dafür, daß das Theaterorchester auch
im Heiligthum seine Nachklänge habe. Ich habe
schon gedacht, daß die unanständige Haltung der
Kirchenbesucher eine Kopie der tanzenden Engel-
figuren sei und daß wahre Andacht durch den
Anblick von Vasen, Arabesken, Draperien, der
Staffage von Pfauen, Kameelen, Turbanen, Kriegs-
fahnen und Kanonen nicht gefördert werde. Die
erste Predigt bei der Weihe der hiesigen ....
Kirche von Seb. Sailer anno 1757 und die Octi-
duums-Predigten bei der Weihe der jetzigen....
Kirche in .... spiegeln den Geist jener Zeit,
lieber die letztgenannten Predigten äußerte der
sel. Bischof Ketteier: „Ach wie hat man damals
das Wort Gottes behandelt" (— auch im Rokoko-
styl)!

Anfrage.

An einem schönen, alten gothischen Kelche siu-
den sich in den sechs Feldern des Knaufes die
Buchstaben st. t>. e. c. v. o. Da es bisher nicht
gelungen ist, sie zu erklären, so ergeht die öffent-
liche Bitte um Aufschluß.

G. (Hannover), 21. Dez. 1884. U.

Stuttgart, Buchüruckerei der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt".
 
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