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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 3
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Schwarz, Franz Joseph: Grammatik der kirchlichen Baukunst, [3]: Haupt- oder Kranzgesims
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Ueber die Bedeutung der alten Wandmalereien für die Gegenwart, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0034

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30

Hauptgesimse der italienischen Früh-Renais-
sance haben mit ihren weit vorspringenden
Hängeplatten, wie überhaupt der Styl im
Allgemeinen, den Vorzug vor denen der
deutschen Renaissance, deren Hängeplatteu
zweckwidrig nur mäßig ausladen; sie sind
plumper und verratheu, dem Charakter der
deutschen Renaissance überhaupt entspre-
chend, oft fremdartige Elemente der Orna-
meutatiou. Ein schönes, von ähnlichen
Fehlern freigebliebenes Beispiel, dem Rath-
hans zu Heilbronn entnommen, gibt Fig. 41.

Fig. 41.

Hauptgcsims vom Rathhaus in Hcilbronn.

Seinem Charakter nach gehört es auch
offenbar nicht der deutschen, sondern der
italienischen Früh-Renaissance an.

(Fortsetzung folgt.)

Heber die Bedeutung der alten
Wandmalereien für die Gegenwart.

(Schluß.)

Vor wenigen Jahren war bereits der sog.
Dekorationsmaler bestimmt, um für viele
Hunderte von Gulden das Ganze in modern-
gothischer Weise zimmerartig zu dekoriren.
Dem Anstürmen von ein paar Kunstfreunden
gelang es aber, die Erlaubniß zu erwirken,
vorher an mehreren Stellen die Wände
zu untersuchen, ob etwa größere Bildcyclen
unter der Tünche verborgen liegen, weil an
ein paar Stellen zufällig die Tünche von

selbst sich losgeschält hatte und interessante
Kompositionen zum Vorschein kamen. Wider
alles Erwarten erwies sich das ganze Innere
prachtvoll bemalt. Mit Ausnahme einzelner
Stellen traten alle Bilder genau kenntlich
und theilweise wohlerhalten wieder hervor.
Jetzt nach vorgenommener Ausbesserung
macht das Ganze einen überwältigenden,
großartigen Eindruck auf Jedermann, auf
den schlichten Dorfbewohner wie den mo-
dernen Künstler und den Archäologen. Die
Terlaner Kirche ist zu Ehren Mariens ge-
weiht und fast alle Bilder beziehen sich
unmittelbar auf die Schutzheilige. Den
Polygonen Chorschluß schmücken in erster
Reihe die 14 Rothhelfer (darunter aus-
nahmsweise : Magnus Abt und Magnus
Diakon von Rom); die zweite Reihe nehmen
die Apostel unter zierlichen Baldachinen
ein und darüber beginnt die Marienge-
schichte: 1) Verkündigung; 2) Heimsuchung;
3) Geburt Christi; 4) Anbetung der
Könige; 5) Flucht nach Aegypten; 6) Rück-
kehr von derselben und Einzug in Nazareth;
7) Stillleben in Nazareth; 8) Auffindung
des Jesusknaben im Tempel. Gerade über
dem Fenster hinter dem Altar ist 9) Chri-
stus die Kelter tretend nach Jsaias: tor-
cular calcavi solus etc. in großartigen
Zügen, und etwas tiefer Maria mit Jo-
hannes Ev. in demüthiger, flehender Stel-
lung angebracht. Die übrigen tieferen
Flächen des Chores nehmen größere Bilder
ein, als: 10) der Tod der hl. Jungfrau;

11) ihr Begräbnis) durch die Apostel und

12) ihre Krönung durch Christus. Dann
schließen sich an: 13) Maria vom hl.
Skapulier oder der Gürtelbruderschaft,
ihren Schutzmantel über die Mitglieder
aus allen Ständen ausbreitend; darunter
segnet 14) St. Nikolaus als Patron gegen
Wassergefahr den Sturm auf dem Meere.
Gegenüber belebt 15) prachtvoll eine hehre
Gestalt der apokalyptischen Madonna das
ganze Feld, und gleichsam als Sockel dieses
Bildes dient 16) die Gestalt des Patriarchen
Jakob mit spielenden Engeln in Verbindung
mit einem noch tiefer stehenden, siguren-
reichen Bilde, das die Verwandtschaft des
Herrn darstellt. 17) Den Triumphbogen
schmückt zu oberst und zwar gegen den
Altar hin die Kreuzigungsgrnppe sammt
den beiden Schächern, umgeben von trauern-
den Engeln. Im Schisse 18) setzen sich die
 
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