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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 4
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Schwarz, Franz Joseph: Grammatik der kirchlichen Baukunst, [4]: Giebelgesimse
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Keppler, Paul Wilhelm von: Die Wandgemälde in Kleincomburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0041

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37

schöne Anlage des Hauptgesimses der ein-
zelnen Gebäudetheile alles gethan zu haben,
was für Abführung des Regenwassers nöthig
ist, soweit es mittelst des Hauptgesimses
überhaupt geschehen kann. Verbindet man
mit demselben die Anlage von Kandeln
rings um die Kirche, um das herabträu-
felnde Regenwasser möglichst rasch von der
Umgebung der Kirche wegzuleiten und sein
Eindringen in das Fundament zu verhin-
dern, so ist das ungleich nützlicher und
zugleich monumentaler, als die modernen
Dachrinnen nebst Ablausröhren von Blech.

(Fortsetzung folgt.)

Oie Wandgemälde in Rlein-
comburg.

In einigen Worten wenigstens soll in
diesen Blättern der vielleicht ältesten Wand-
gemälde gedacht werden, welche unser Land
auszuweisen hat, der 1882 entdeckten, aus
Staatskosten durch Maler Loosen ans
Köln restaurirten Fresken in der romani-
schen Klosterkirche in Kleincomburg. Das
Benediktiner-Nonnenkloster dieses Namens
wurde zu Ehren des hl. Aegidius (3t.
Gilles, daher das Kloster auch St. Gilgen
heißt) durch den Grasen Heinrich von
Rotenburg und den Mainzer Bürger Wig-
nand, der zugleich Mitstister des Klosters
Großcomburg gewesen, im Jahr 1108 er-
baut und blieb in Abhängigkeit von dem
Benediktiner - Mönchskloster Großcomburg
(Stälin, Württembergische Geschichte II.,
700). Die Kirche ist dreischifsig, flach-
gedeckt, hat slachgedecktes Querschiss und
tonnengewölbten Chor mit runder Absis,
die bis zur Chorhöhe aussteigt.

Eben dieser Chor nun hat unter einer
schweren Leichendecke von Tünche Gemälde
bewahrt, welche ihr Styl ins zwölfte Jahr-
hundert weist. Sie sind im restaurirten
Zustand von Photograph S i n n e r in
Tübingen aus 3 vorzüglichen Tafeln pho-
tographisch nachgebildet worden (Preis
3 Mark); ein kurz gefaßter Text, dessen
Verfasser sich nicht nennt, ist beigegeben
und führt in das Verständniß der Dar-
stellungen ein; doch werden wir denselben
in einigen Punkten zu korrigireu haben.

Nicht alle Gemäldereste, die sich fan-
den, konnten ergänzt und wiederhergestellt
werden. Die Seitenwände des Chors

waren zunächst geschmückt mit einer, ca.
4 Meter über dem Boden, in breitem
Band sich hinziehenden legendarischen Dar-
stellung, aus welcher nur noch Reste von
Thierdarstellungen, zwei Pserdeköpse und
der Hinterkörper eines Hirsches, erkennbar
waren; diese historischen Bilder werden
sich also zweifelsohne aus die Legeude des
hl. Aegidius und aus die bekannte Jagd-
episode bezogen haben, bei welcher die
Hirschkuh zur Entdeckung des Einsiedlers
führte, lieber diesem Bilderstreifen er-
scheinen zwischen den Fenstern des Chors
ernste, hoheitsvolle Gestalten, welche Stand-
ort , Kleidung und Rolle oder Buch als
Propheten erkennen läßt.

Das Tonnengewölbe ist der Länge nach
in drei Felder getheilt; die beiden Seiten-
felder füllen die Gestalten der zwölf Apostel
aus; sie haben keine andern Attribute als
Buch oder Rolle; nur Petrus hat den
Schlüssel. Die wichtigsten Bilder aber
enthält das Mittelfeld. Die überaus wür-
dige, glaubens'sichere und gefühlvolle Dar-
stellung der ersten Heilsthatsachen, auf
welchen das ganze Christenthum ruht,
schmückt den Zeuith des Bau's, schreibt
droben die Geheimnisse in Bilderschrift an,
welche in der Kirche, aus dem Altäre fort-
wirken , ihr Fortleben und ihre mystische
Feier finden, und breitet ein farbenpräch-
tiges Firmament aus über dem Throne
Gottes und der Stätte des Opfers.

Drei Bilder sind zu unterscheiden. Das
nächste an der Absis ist die Darstellung
Christi als K e l t e r t r e t e r s, die
sich auch sonst häufig, wie hier, mit dem
Kreuzesbilde kombinirt findet. Den Kel-
tertreter beim Propheten Jsajas (63, 1 ss.
vergl. Apok. 19, 15), der mit geröthetem
Gewand von Bosra kommt und allein
die Kelter tritt, erkennen die Väter in
Christus wieder, welcher deu Druck des
göttlichen Zornes über die Sünde ans
seine Menschheit überleitet und so ihr das
Blut entpreßt werden läßt, das Sühne
ist vor Gott und Erlösungswein für die
Menschheit. Schon Origines deutet diese
typische Beziehung an; bei Augustinus und
Gregorius findet sie sich ausgesührt. Schon
die aus altchristlichen Sarkophagen sich fin-
denden saßähnlichen Tröge, neben welchen
ein Mann mit dem Stampfholze zum Zer-
drücken der Trauben steht, oder in welche
 
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