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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 4
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Keppler, Paul Wilhelm von: Die Wandgemälde in Kleincomburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0043

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39

Tobtenerweckung in sein Erlösungsbild ein-
verweben wollte, die eine Wirkung des
Kreuzestodes und der Auferstehung Jesu
ist, aber nur an Glaubenden und Wollen-
den sich vollzieht, den Ungläubigen im Tode
und Grabe läßt.

Die Couch a ist geschmückt mit einem
hehren Bilde des Heilands in der großen
Mandorla; seine Rechte segnet, die Linke
hält eine Rolle. Die vier Evangelisten-
symbole schließen sich oben und unten an
die Mandorla an, und je zwei Heiligen-
gestalten stehen zu beiden Seiten. Die
Persönlichkeiten sind schwer sestzustellen,
weil die damalige Kunst die spezifischen
Attribute noch nicht hatte, sondern nur
die allgemeine Charakterisirung durch Nim-
bus, Buch oder Rolle itnb durch die Ge-
wänder kannte. Sicher ist nur soviel, daß
der den photogr. Abbildungen beigegebene,
sonst tüchtig gearbeitete wert Unrecht hat,
wenn er in diesen vier Heiligen die großen
Propheten, oder die vier Evangelisten ver-
muthet. Dein steht die Kleidung entschie-
den entgegen; nie erscheinen die Apostel
oder Evangelisten, oder gar die Propheten
in der eigentlich priesterlichen Gewandung:
Albe, Casula, Stola; die eine Figur hat
sogar die bischöfliche Dalmatik, eine an-
dere das Pallium. Nur eine Gestalt, die
erste rechts vom Heiland (vom Beschauer
aus), hat andere Kleidung und bloße
Füße. Wir haben vielmehr hier, an die-
sem Ehrenplatz unmittelbar neben dem
Herrn, die besonderen Heiligen des Ordens
und der Kirche zu suchen, und es ist über
allen Zweifel erhaben, daß die ärmlich ge-
kleidete, barfüßige Gestalt den hl. Aegidius
darstellt, dem Kirche und Kloster geweiht
und der bekanntlich Einsiedler war. Die
von der Mitte aus erste Figur der an-
dern Seite ist ebenso unzweifelhaft der hl.
Benedikt, dessen geistige Töchter das Klo-
ster bewohnten. Bezüglich der beiden an-
dern ist es schwer, eine Vermnthnng zu
wagen; jedenfalls sind sie zwei weitere
Schutzheilige der Kirche und des Klosters.

Nun folgt unter der Concha noch ein
durch ein Fenster entzweigetheilter Bild-
streifen mit 6 Heiligen. Der angezogene
Bericht sagt: „darunter steht eine Reihe
von Heiligen: ein Geistlicher, ein Bischof
und ein Abt, diese zwei mit Heiligenschein,
dann wieder drei Geistliche; der Bischof

ist durch die ihm mit einer Hostie im
Schnabel zufliegende Taube ohne Zwei-
fel als der Bischof, welcher den Gothen-
könig ans der Jagd zur Aegidiushöhle
begleitete, bezeichnet, der (wie Bischof
Hilarius von Arles in Südfrankreich)
durch eine Taube bei der Wahl bezeichnet
worden ist; der Abt neben ihm ist natürlich
der Heilige, welchem die Kirche geweiht ist."

Diese ganze Deutung hat den bei Er-
klärung alter Bildwerke nicht seltenen Feh-
ler viel zu großer Scharfsinnigkeit und
erweist sich in jedem Punkt als nichtig.
Der angebliche Geistliche ist nicht ein Prie-
ster im Unterschied von Bischof und Abt,
denn er trägt das Pallium, und der Abt
ist kein Abt, schon wegen der Insul. Der
Bischof aber — nub von dieser Figur,
als der ganz sicher bestimmbaren, ist bei
Erklärung der ganzen Reihe auszugehen
- ist kein Gothenbischof, sondern der hl.
Papst Gregor d. Gr. Denn die Taube
trägt keine Hostie im Schnabel, wie der
Vers, in selbstmächtiger Bereicherung der
Legende phantasirt, sondern hat als Sym-
bol des hl. Geistes den Nimbus um
ihr Köpfchen, und ist das ganz gewöhn-
liche stehende Attribut des hl. Papstes, der
als Papst durch die höhere Insul von
dem Bischof zu seiner Seite unterschieden
ist. Ist diese Gestalt zweifellos der hl.
Gregor, so liegt es nahe, in der ganzen
Reihe die Kirchenväter dargestellt zu fin-
den, und zwar wohl drei abendländische
(Hieronymus, Gregorius, Angustinus oder
Ambrosius) und drei griechische (Athana-
sius, Basilius und Chrysostomus). Alle
sechs tragen das bischöfliche Gewand und
das Pallium und haben ein Buch in der
Hand, mit Ausnahme von einem (Hie-
ronymus ?), dem dafür die Aktion des Leh-
rens gegeben ist; nur zwei haben die Insul,
St. Gregor nub Ambrosius oder Angnsti-
nus. Als Abschluß zieht sich unter den
Malereien ein Mäanderfries hin, der mit
7 Brustbildern von Engeln (drei anbetende
in priesterlicher Kleidung, vier wachehal-
tende in Kriegsrüstung) geschmückt ist.

Diese Malereien sind ehrwürdige Ver-
treter einer Epoche, aus welcher zwar
viele Miniaturen, aber nicht gerade viele
Freskobilder sich bis ans unsere Zeit er-
halten haben. Zweifellos stammen sie aus
der sog. romanisch-byzantinischen Periode
 
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