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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 5
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Restauration und malerischer Schmuck des Domes zu Eichstätt, [1]
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0055

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51

während das offene Buch auf der Linken
ruht, über welche der aufgeschlagene Man-
tel faltenreich niederfällt und ein grün la-
firtes Unterkleid erscheinen läßt. Diese
beiden Figuren voll idealer Schönheit und
Tiefe im Ausdruck und formvollendet in
allen Theilen zählen wohl zu den besten
plastischen Werken, welche die gute Zeit
der Gothik aufzuweisen hat. Die Predella,
im Mittelfeld eine Goldwand mit gravir-
tem Dessin als Hintergrund für das Me-
tallkruzifix, enthält in den Seitennifchen
zwei neue Relief: Maria Opferung und
Aufopferung Jesu im Tempel, von Stärk
und Lengenfelder gefertigt nach den Ent-
würfen des kunstfertigen Pfarrers Seba-
stian Mutzl aus der Diözese Eichstätt.
Sie find im Charakter des alten Bild-
werks gehalten und gut gearbeitet. Im
gleichen Charakter malte Pfarrer Mutzl
auch die 12 kleinen und 4 großen Pro-
pheten, die in statuarischer Haltung mit
Spruchbändern die 16 Blendnischen der
mensa schmücken, und derselben einen zum
Altarwerk stimmungsvollen Schmuck ver-
leihen. Halbflach auf damascirten Gold-
grund gemalt vorherrschend mit prismati-
schen Farben, die zugleich als Zeichnungs-
mittel dienen, reihen sie sich in der Schat-
tengebung und Stilisirung der mittleren
Periode der Gothik ein.

Die Gesammtpolychromie des Altares
ist äußerst reich gehalten. Bautheile und
Laubwerk erscheineu in Gold, die architek-
tonischen Gliederungen in Farbe. . Die
Fassung ist bis in's Detail mit sorgfältig-
stem Fleiße gearbeitet, und gibt dem Altar-
ganz auffallend die Signatur eines Me-
tallaltares. Ohne Zweifel wird dieser
Altar, in seinem alten Bildwerk so kost-
bar, in seiner Fassung so gelungen, in
seinem idealen Gedankeninhalt eine so be-
redte bildliche Predigt des großen Welt-
erlöfungsopfers, das von den Propheten
vorher verkündet (mensa), im Leiden des
Herrn verwirklicht (Altarflügel) und am
Kreuze vollendet wurde (Kreuzesgruppe),
damit aus ihm die Heiligen des Himmels
geboren werden (Altarschrein), auf dem Ge-
biete der kirchlichen Kunst ein hervorragen-
des Denkmal werden.

(Schluß folgt.)

Literatur.

Kolb, H., Glasmalereien des Mittelalters
und der Renaissance. Stuttgart, Verlag
von K. Wittwer. 2. Heft.

Dem im Frühjahr 1884 ausgegebenen 1. Heft
ist jetzt das zweite gefolgt. Der Zusage, welche
das „Archiv" Jahrgang 1864, S. 56 bei der
ersten Besprechung gegeben hat, kommt es um
so freudiger nach, als das neu erschienene Heft
das erste nach unserem Dafürhalten noch über-
trifft. Begreiflicherweise muß eine Mustersamm-
lnng von Glasmalereien ans einem Zeitraum
von ca. sechs Jahrhunderten eine sehr gute Aus-
wahl treffen; davon hängt der Werth der Samm-
lung wesentlich ab. Der Herausgeber hat
nach dieser Richtung gleich mit den ersten zwei
Tafeln eine glückliche Wahl getroffen: mit Fen-
stern aus dem Chor der St. Cnnibertskirche in
Köln, welche nachweislich im Jahre 1248 dort
eingesetzt wurden. Sie sind technisch und stylistisch
das bedeutendste der aus dem 13. Jahrhundert
noch übrigen Denkmale der Glasmalerei. Blatt 8
gibt ein ganzes Fenster, Blatt 7 drei Bordüren,
je in ca. 1k der natürlichen Größe, also groß
genug, um für die Praxis verwendbare Vorbil-
der zu sein. Das ganze Fenster zeigt in der
Mitte die hl. Katharina von Alexandrien in
ganzer Figur, stehend, in der linken Hand das
Rad, in der rechten die Palme haltend, streng in
der konventionellen Form des romanischen Styls
stylisirt, dabei überaus edel, zart und züchtig.
Das Bild hat grünlichblauen Hintergrund, dessen
Fläche durch eine wellenförmige Bordüre mit
jeder steigenden Welle glücklich eingeengt nnd in
seiner Form lebendiger wird. Dieses Mittelbild
ist von einer zweiten Bordüre umgeben. Von
ben korrespondirenden Bordüren der andern Fen-
ster des Chors der Kirche gibt Taf. 7 noch drei
Muster. Die das Mittclbild umgebenden Bor-
düren, wie auch die der übrigen Fenster sind in
dem blühendsten spätromanischen Typus stylisirt
nnd — wie der Herausgeber mit Recht sagt -
vermöge ihrer musivischen Herstellung ans klei-
nen Glasstücken nnd der brillanten Farbenzusam-
mensetzung von bestrickendem Reiz, von geradezu
edelsteinartiger Wirkung. — In Taf. 9 — 11 fol-
gen gothische Vorbilder ans dem Ende des 13.
bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts. Frnh-
gothisch sind zunächst die Bordüren Taf. 9 Fig. 1
nnd 2 ans dem noch erhaltenen Chor der Bar-
füßerkirche in Eßlingen, dann ein ganzes Fenster
nebst zwei steigenden Bordüren Taf. 10, anfbe-
wahrt in dem bayerischen Nationalmnsenm. Das
Motiv jener Bordüren ist in beiden dasselbe:
Papageien, ans Ranken sitzend; ebenso sind die
Farben die gleichen: blau, roth, grün, gelb, weiß
und schwarz. Aber der Wechsel in den Farben
und Formen ist ebenso reizend, als sinnreich und
sehr instruktiv. Hier sind es Epheu-Ranken, gelb
im Stamm, in Stielen nnd Knollen, mit weißen
Blättern auf tiefrothem Grunde, dort Eichen-
ranken auf dem gleichen Grunde weiß im Stamm
nnd in Zweigen, die Blätter dreigetheilt, die seit-
lichen Theile abwechselnd gelb und grün, der
mittlere im Wechsel von grün und gelb. Hier
sitzen die Vögel je ein Paar rechts nnd links
 
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